Im Allgemeinen gibt es gute, mittelmäßige und schlechte Filme. Und es gibt Beowulf. Warum der Streifen mit Christopher Lambert eigentlich in keine Kategorie passt, schreibt Marius Joa.
Actionfilm USA 1999. Regie: Graham Baker. 89 Minuten (PAL-DVD). FSK ab 16.
Mit Christopher Lambert, Oliver Cotton, Rhona Mitra, Götz Otto, Vincent Hammond, Layla Roberts, Brent Jefferson Lowe u.v.a.
Die Lage im Vorposten von Grenzwächter Hrothgar (Oliver Cotton) ist aussichtslos. Von außen belagern Feinde die Burg, die jeden töten, der von dort zu fliehen versucht. Und in der Burg treibt ein grauenvolles Monster sein Unwesen, das nach und nach die Einwohnerzahl reduziert. Da kommt der mysteriöse Held Beowulf (Christopher Lambert), ein sowohl tapferer als auch exzellent ausgerüsteter Kämpfer, gerade recht. Während Hauptmann Roland (Götz Otto) dem Neuankömmling skeptisch gegenüber steht, zeigt sich Hrothgars attraktive Tochter, das wandelnde Dekolleté Kyra (Rhona Mitra) aufgeschlossener. Nachdem eine Vielzahl weiterer Burgbewohner dem Ungeheuer zum Opfer gefallen sind, nimmt Beowulf den Kampf auf. Die beiden Gegner sind sich anscheinend ebenbürtig.
Der ein oder andere wird das vielleicht kennen. Man liest irgendwo, dass ein Film sehr schlecht sein soll. Gerade deshalb will man sich ein eigenes Urteil bilden und sieht sich den betreffenden Streifen an, um dann doch das ein oder andere Gute zu finden. Nicht so bei Beowulf, einer extrem freien Adaption des angelsächsischen Helden-Epos. Es ist unbegreiflich, wie eine solch peinliche Gurke überhaupt die Dreharbeiten geschweige denn die Nachproduktion überdauert hat. Als Kritiker weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.
In der Vorlage spielt die Sage von Beowulf und dem Kampf gegen das Ungetüm Grendel im mittelalterlichen Skandinavien. Wo die „Story“ des Films spielt, darin waren sich anscheinend weder die Produktionsdesigner noch Regisseur Graham Baker einig. Deshalb ist bei den Kulissen, Kostümen und Requisiten auch diese völlig unbeholfene Mischung aus mittelalterlichem sowie postapokalyptischem Design herausgekommen, wobei man über diesen Kritikpunkt sicherlich streiten kann. Für eine mittelalterliche Atmosphäre ist es allerdings wenig sinnvoll, wenn z.B. einige der Charaktere Lederjacken tragen, oder Beowulf mit dem Monster in einer leerstehenden Fabrikhalle kämpft. Besonders nützlich bei der hohen Sterblichkeitsrate ist sicherlich das Krematorium, in dem die Toten in Teflonleichensäcken entsorgt werden. Beowulfs unerschöpfliches Waffenarsenal enthält solch schöne Gerätschaften wie eine doppelläufige Armbrust.
Dass einige Actionfilme keine Story haben, tut der Unterhaltung in der Regel keinen Abbruch, wenn wenigstens der Rest (vor allem die Actionszenen) annehmbar ist. Doch bei diesem Machwerk hier ist wirklich alles schlecht. Die Actionszenen bestehen zum großen Teil daraus, dass Christopher Lambert (oder ein Stuntdouble?) viele Flickflacks und Salti macht. Die größte „Spannung“ wird dadurch erzeugt, dass man das Monster Grendel bis zum Schluss kaum richtig zu Gesicht bekommt. Am Ende steht Beowulf dann aber nicht nur ihm, sondern auch einer mutierten Pornodarstellerin (!) gegenüber. Die visuellen Effekte sind auch bestenfalls auf Fernsehfilm-Niveau. Wie sich neben Christopher Lambert auch der halbwegs bekannte deutsche Schauspieler Götz Otto (James Bond – Der Morgen stirbt nie) in diese Produktion verirren konnte, ist wohl nur mit finanzieller Not zu erklären. Kyra-Darstellerin Rhona Mitras Funktion ist es, getreu ihrer Rolle als ehemaliges Tomb-Raider-Model ihr Dekolleté zur Schau zu stellen. Die verschiedenen Szenen sind ziemlich zusammenhanglos aneinandergereiht. Was dem Werk letztendlich den Todesstoß versetzt, darüber kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Sind es die hirnlosen Dialoge, die man nach einiger Zeit ohne vorherige Kenntnis des Films mitsprechen kann? Oder ist es doch die vollkommen unpassende Musik, die sich aus Technobeats sowie unkoordiniertem Hardrock-Getöse zusammensetzt und dem Film den allerletzten Hauch Spannung und Subtilität nimmt? Zwischenzeitliche Ansätze von potentiell gelungenen Szenen werden jedenfalls im Keim erstickt.
Beowulf ist der perfekte Ausklang für eine lange Party, weil er nicht einfach nur schlecht ist, sondern anscheinend auch noch vollkommen ernst gemeint ist. Es ist schon eine Leistung, sämtliche Bestandteile eines Films so zu verhauen. Generell ist es sicherlich dem „Genuss“ des Machwerks zuträglich, wenn man nicht ganz nüchtern ist. Denn dann können die unfreiwillig komischen Actionszenen, Dialoge und die unvorstellbar dumm-dreiste musikalische Untermalung ihr humoristisches „Potential“ besser entfalten. Denn zu mehr als zum Lachen und Kopfschütteln oder wahlweise die Hände vor den Kopf schlagen ist Beowulf nicht zu gebrauchen.
Fazit: Schlechte Schauspieler, lustlos gestaltete Szenen in einer nicht vorhandenen Story, dürftige Effekte, dümmliche Dialoge sowie eine selten unpassende Filmmusik, die alles noch schlimmer macht. Beowulf ist einer der schlechtesten Filme aller Zeiten. Jedes von Kindern oder Jugendlichen im Garten gefilmte Amateurvideo ist besser als diese peinliche Entschuldigung für Konzept- und Lustlosigkeit. Der Film ist ein Plädoyer dafür, bei einer Bewertungsskala von 1 bis 10 die Wertung 0 einzuführen, was die Vieraugen-Redaktion hiermit getan hat (siehe oben). Eigentlich ist vom Konsum dieser Gurke aus allen erdenklichen Gründen abzuraten, aber wer wirklich einmal einen abgrundtief schlechten Film sehen will, dem sei Beowulf empfohlen. Aber um Gottes Willen nicht kaufen!
Christopher Lambert als „tragischer“ Held.
Info: 2005 erschien mit Beowulf & Grendel eine in Island gedrehte, realistisch-naturalistische Verfilmung des Helden-Epos. Leider lief dieser Film hierzulande nicht im Kino (zur DVD-Kritik).
Am 15. November 2007 startet in den deutschen Kinos eine weitere Adaption. In Robert Zemeckis Beowulf werden reale Schauspieler mit der Motion-Capture-Technologie in animierte Figuren verwandelt. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.
Marius Joa, 7. Mai 2007. Bilder: Kinowelt.
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