Popcorn in die Mikrowelle, auf der Couch bequem gemacht, die Freundin in den Arm geschlossen – und Film genießen. Wer sich The Ring anschaut, kann getrost die ersten zwei Punkte vergessen. Dafür kommt Punkt 3 viel deutlicher zum Tragen. Johannes Michel analysiert den Film, fünf Jahre nach dem Kinostart, neu.
The Ring
Horrorthriller, USA 2002. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 115 Minuten.
Mit: Naomi Watts, Martin Henderson, Brian Cox, David Dorfman, Daveigh Chase, Lindsay Frost u.a. Regie: Gore Verbinski
Schockierendes Horrorkino
Eine kurze Vorbemerkung: Schon 2002 sah ich The Ring im Kino. Das Ergebnis ist unten in den Kommentaren nachzulesen. Aus heute nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen hatte mich der Film damals keineswegs schockiert. Das wirkliche Horrorerlebnis stellte sich erst ein, als ich ihn zum zweiten Mal sah – und zwar alleine zu nächtlicher Stunde. Daher sei allen, die ihn erst einmal oder noch gar nicht gesehen haben empfohlen: Alleine muss zwar nicht sein, aber dunkel sollte es schon sein.
In den Zeitungen häufen sich Todesfälle junger Menschen – merkwürdigerweise kamen alle zur gleichen Zeit ums Leben. Die Journalistin Rachel Keller (Naomi Watts) nimmt sich diesem Phänomen an und stößt sehr bald auf ein Video, das, so sagt es die „Legende“, den Betrachter nach dem Ansehen nur noch sieben Tage am Leben lässt. Rachel steht dieser Geschichte zunächst skeptisch gegenüber. Sie lässt sich aber von ihrer Neugier leiten, treibt eines der Videos auf und sieht es sich an – woraufhin das Unheil seinen Lauf nimmt. Ihr Freund Noah (Martin Henderson) will ihr helfen, ihr eigenes sowie das Leben ihres Sohnes (David Dorfman) zu retten. Dabei kommen sie durch Nachforschungen auf die Spur eines Mädchens, das auf einer kleinen Insel als Unglücksbringer galt und wohl ein schreckliches Ende gefunden haben muss …
Rachel betrachtet das Video.
Wohl selten schafft es ein Horrorfilm, den Zuschauer vor den Fernseher zu fesseln. Noch seltener gelingt es, dass er noch Tage danach eine Art Unwohlsein in dunklen Räumen empfindet und beim Öffnen seines Kleiderschranks darum betet, keine grüne Leiche vorzufinden.
So in etwa hinterlässt The Ring seine Spuren beim Zuschauer. Dafür verantwortlich ist die Bildkomposition von Regisseur Gore Verbinski: Schockeffekte und Bilder, bei denen es selbst dem Horrorfan eiskalt den Rücken hinunter läuft, werden nicht durch übertriebene Soundeffekte angekündigt. Verbinski lässt die Bilder sprechen und bereitet den „armen Menschen“ vor dem Fernseher keineswegs darauf vor, was gleich kommen wird. Die angesprochene grüne Leiche im Schrank wird einfach in einen Dialog eingebettet – ein Zeitpunkt, wo keiner damit rechnen kann und auch zart beseidete (weibliche) Zuschauer keine Gelegenheit erhalten, die Augen zu schließen.
Lange Zeit erscheint die erzählte Geschichte zusammenhanglos. Erst nach und nach ergeben die gezeigten Bilder, die sich meist dunkel und düster präsentieren, einen Sinn. Die Symbole wie Pferde, Brunnen, Leitern usw., die im Todesvideo eingeführt werden, erscheinen, eines nach dem anderen, auch im Film selbst. Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen seines Genres muss der Zuschauer dranbleiben, mitdenken und die Geschichte verfolgen.
Die Grundstory für The Ring stammt aus japanischen Filmschmieden. Dort ist eine ganze Reihe von Filmen unter dem Titel Ringu äußerst erfolgreich gewesen. Klar, dass Hollywood irgendwann einmal hier adaptieren musste. Dennoch gestaltete sich dies schon aufgrund der verschiedenen Kulturkreise keineswegs einfach. Die Produzenten Laurie MacDonald und Walter F. Parkes hatten daher zusammen mit Drehbuchautor Ehren Kruger keine einfache Aufgabe zu bewältigen. Gerade daher muss die Leistung des gesamten Teams gewürdigt werden.
Auch die Schauspieler überzeugen bis in die Nebenrollen. Für Naomi Watts erwies sich The Ring als Karriere-Sprungbrett. Auch der junge David Dorman als Rachels Sohn Aidan und Martin Henderson als ihr Freund liefern mehr als ordentliche Leistungen ab. Brian Cox taucht leider nur in einer Nebenrolle auf, sorgt aber gerade durch diesen kurzen Auftritt für wachsende Beklemmung beim Zuschauer.
Was bleibt? The Ring ist kein typischer Horrorfilm, er könnte viel eher in die Psycho-Kategorie eingeordnet werden. Lobenswert: Die Atmosphäre wird fast vollständig ohne größere Gewalt erzeugt, Blut tropft nur selten ins Bild.
Fazit: Meilenstein des Psycho-Horror-Kinos. 9 von 10 Punkten.
Aidan hat düstere Visionen.
Noah durchforstet das Archiv einer Klinik auf der Suche nach verwertbaren Infos über das Mädchen.
Naomi Watts wurde durch The Ring zum Star.
Johannes Michel, 27. April 2007. Bilder: UIP.
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