State Of Play

Bevor David Yates zum Regisseur der Harry-Potter-Filme (ab Teil 5) auserkoren wurde, drehte er qualitativ hochwertige Fernsehfilme und Miniserien für das britische Fernsehen. Eine dieser Serien war State Of Play, die in Deutschland unter dem Titel Mord auf Seite Eins bei Arte gesendet wurde. Alles in diesem sechsteiligen Polit-Thriller dreht sich um den Mord an der Geliebten eines hochrangigen Politikers. Im Juni 2009 startet in den deutschen Kinos ein Hollywood-Remake. Marius Joa hat sich die Miniserie angesehen.

Mord auf Seite Eins (State Of Play)
6tlg. Miniserie/Polit-Thriller UK 2003. Gesamtlänge: ca. 340 Minuten (PAL-DVD).
Mit: John Simm, David Morrissey, Kelly MacDonald, Polly Walker, James McAvoy, Bill Nighy, Amelia Bullmore, Benedict Wong, Philip Glenister, Andrew Wilson, Marc Warren u.v.a. Idee & Drehbuch: Paul Abbott. Regie: David Yates.

Mehr als nur eine Story

Der Londoner Abgeordnete Stephen Collins (David Morrissey) ist bestürzt als er vom Tod seiner Assistentin Sonia Baker (Shauna Macdonald) erfährt. Cal McCaffrey, Star-Reporter und früher Wahlkampfmanager von Collins, versucht diesen zu trösten, wittert aber auch eine heiße Story. Denn wie sich bald herausstellt war Sonias Tod kein Suizid, sondern Mord. Cameron (Bill Nighy), Chefredakteur der Zeitung „The Herald“ setzt Cal, gemeinsam mit den Journalisten Della (Kelly Macdonald), Helen (Amelia Bullmore), Dan (James MyAvoy) und Pete (Benedict Wong), auf den Fall an. Im Laufe der Zeit kommen immer mehr Details ans Tageslicht. So hatte Collins eine Affäre mit Sonia. Doch nicht nur das erregt Aufsehen und sorgt vor allem beim Abgeordneten für Fassungslosigkeit. Denn Sonia spionierte für eine Lobby-Firma der Öl-Industrie, auch um am Details aus einem streng geheimen Bericht des Energie-Ministeriums zu kommen. Die ganze Sache sorgt auch in Collins Familie für Unruhe. Zu allem Überfluss beginnen Cal und Collins Frau Anne (Polly Walker) eine Affäre.

Die Redaktion von „The Herald“.

Ab Harry Potter und der Orden des Phönix (2007) übernahm der Brite David Yates die Regie bei den Verfilmungen der Zauberlehrling-Saga von J. K. Rowling. Yates drehte auch Teil 6, Harry Potter und der Halbblut-Prinz (im Kino ab 16. Juli 2009) und führt auch bei dem in zwei Filme aufgeteilten siebten Teil Regie. Doch bevor Yates zu solchen Hollywood-Ehren kam, hatte der 1963 geborene Brite keinen einzigen Spielfilm fürs Kino gemacht. Vielmehr drehte er nur TV-Filme und Serienepisoden. Ein Höhepunkt der TV-Werke von Yates bildete die sechsteilige Miniserie State Of Play. Erst im Januar 2008 fand dieses Politdrama seinen Weg ins deutsche Fernsehen und lief in gekürzter Fassung auf dem Sender Arte unter dem Titel Mord Auf Seite Eins. Diese lange Wartezeit lässt sich allerdings kaum erklären, denn State Of Play ist eine herausragende, in fast allen Belangen perfekte Serie.

Die Story der Miniserie ist keine einfach zusammengereimte, reißerische Räuberpistole, sondern vielmehr durch ihr Thema und ihre Komplexität sehr realistisch. Die ganze Geschichte hätte wirklich passieren können und ähnliche Fälle sind es vermutlich. Drehbuchautor David Abbott wurde besonders für seine Darstellung des Redaktionsraums gelobt, obwohl er nie einen echten von innen gesehen hatte. Abbott hatte aber nicht nur dafür ein Gespür, sondern auch wie man eine vielschichtige Geschichte, deren elementare Puzzleteile sich erst nach und nach offenbaren, wirkungsvoll erzählt. Die Story braucht keine großen Actionszenen, um den Zuschauer zu fesseln, denn allein der Inhalt und die gesamte Darbietung halten ihn bei der Stange.

Natürlich glänzt die Miniserie auch mit einer glänzenden Besetzung. John Simm (Life On Mars) als erfolgreicher Journalist, David Morrissey (Die Schwester der Königin) als angeschlagener Politiker, dazu Bill Nighy (Operation Walküre) als Chefredakteur sowie Kelly Macdonald (No Country For Old Men) und James McAvoy (Wanted) als Redakteure. Dazu spielen weitere markante britische TV-Darsteller wie Polly Walker (Rom) als Collins Ehefrau, Philip Glenister (Life On Mars) als Polizeiinspektor und Marc Warren (Hogfather) als affektierter PR-Manager.

Die Darsteller hauchen den organischen Charakteren Abbotts wahrlich Leben ein. Vor allem die mehrfach auf die Probe gestellte Freundschaft zwischen Stephen Collins und Cal sorgt für schauspielerische Höhepunkte. Bill Nighy gefällt hier als zynischer Chefredakteur Cameron Foster, der zwar zwischendurch Probleme von „oben“ bekommt, aber immer Herr der Lage zu sein scheint. Für diesen Part bekam Nighy den BAFTA TV-Award 2004 als bester Darsteller. State Of Play wurde außerdem für Ton und Schnitt ausgezeichnet. Bei den weiteren Nominierungen (beste Dramaserie, David Morrissey als bester Darsteller, beste Kamera und beste Musik) ging man leider leer aus.

Am 18. Juni 2009 startet in den deutschen Kinos unter dem Titel State Of Play – Stand der Dinge das Hollywood-Remake der Serie. Regie führte der Schotte Kevin Macdonald (Der letzte König von Schottland), die Hauptrollen spielen Russell Crowe als Cal, Ben Affleck als Collins, Rachel McAdams als Della und Helen Mirren als Chefredakteurin Cameron. Ob die Story auch als Kinofilm funktionieren kann, bleibt mehr als fraglich. Und State Of Play wäre sicher nicht die erste britische Top-Serie mit überflüssigem US-Remake.

Fazit: Vielschichtige, realistische Miniserie, minimalistisch aber wirkungsvoll inszeniert, mit tollen Darstellern. 9 von 10 Punkten.


Der Politiker und der Reporter: Stephen und Cal.

Della recherchiert im Fall Sonia Baker.

Was weiß der affektierte Dominic Foy?

DVD-Features (UK-Import)

Sprache: Englisch
Untertitel: Englisch

Bonusmaterial

Audiokommentar zu Folge 1 mit Regisseur David Yates und Autor Paul Abbott
Audiokommentar zu Folge 6 mit David Yates, Produzentin Hillary Bevan Jones und Mark Day (Schnitt)

In den leider nicht untertitelten Audiokommentaren erfährt man viele interessante Infos zur Produktion von State Of Play. So dauerten die Dreharbeiten 17 Wochen und Bill Nighy drehte parallel die britische Komödie Tatsächlich…Liebe (2003).

Marius Joa, 4. Juni 2009, Bilder: BBC. 


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