Das Märchen von Rotkäppchen: Ein unschuldiges kleines Mädchen, ein großer böser Wolf, eine liebe alte Großmutter und ein tapferer Holzfäller. Wirklich? ALLES GELOGEN! Der Animationsfilm „Die Rotkäppchen-Verschwörung“ enthüllt die ganze Wahrheit. Sarah Böhlau ließ sich überzeugen.
(Hoodwinked)
Märchenkrimi/Animation. USA 2005.
Regie und Drehbuch: Cory Edwards, Todd Edwards, Tony Leech. 80 Minuten. FSK: 0.
Was wirklich geschah
Ein Mädchen im roten Kapuzenmantel und Körbchen betritt das Haus ihrer Großmutter, in deren Bett aber jemand ganz anderes liegt: Ein Wolf hat sich als die alte Dame verkleidet. Doch Rotkäppchen durchschaut den Schwindel, der Wolf springt aus dem Bett, die Oma hüpft gefesselt aus dem Schrank. Die Situation droht zu eskalieren, als auch noch ein bewaffneter Holzfäller durch das Fenster stürzt.
Soweit das Märchen von Rotkäppchen, wie wir es kennen. Für die Polizisten, die zum Tatort gerufen werden und unter anderem wegen „versuchtem Kannibalismus“ und „Schwingen einer Axt ohne gültige Hackgenehmigung“ ermitteln, ist die Sache ebenfalls klar. Aber der herbeigerufene Detektiv Flippers hat so seine Zweifel. Der Reihe nach lässt er die vier Beteiligten ihre Version der Geschichte erzählen. Und siehe da: Nichts ist so, wie es scheint. Das hilflose Mädchen ist Karate-Meisterin, der böse Wolf eigentlich ein gewiefter Sensationsreporter, der Holzfäller ein arbeitsloser Schauspieler und die alte Oma frönt heimlich Extremsportarten. Aber wie hängt alles mit den sich mehrenden Diebstählen von Backrezepten im Märchenwald zusammen?
Was geschah wirklich in Großmutters Hütte?
Das alte Märchen, neu erzählt als Kriminalgeschichte. Vier Versionen desselben Tages, etliche Zusammenhänge und die Lösung ergibt sich durch das Zusammensetzen der einzelnen Puzzleteile. Die drei Macher Cory Edwards, Todd Edwards und Tony Leech orientieren sich offenkundig an Krimiklassikern wie „Die üblichen Verdächtigen“. Da es sich aber um einen Kinderfilm handelt, wird das Ensemble durch putzige sprechende Tiere ergänzt und es wird – zum Glück nur gelegentlich – gesungen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Die Animation ist nicht so gelungen ist wie bei „Shrek“ oder „Findet Nemo“ und wirkt stellenweise sogar richtig billig, aber sonst braucht sich „Die Rotkäppchen-Verschwörung“ nicht zu verstecken. Neben der Komik, die sich durch das Nebeneinanderstellen der verschiedenen Zeugenaussagen und die unfähigen Polizisten ergibt, präsentiert der Film eine nette Auswahl an Anspielungen und Witzen für Erwachsene. Das eine oder andere Genre wird dabei durch den Kakao gezogen. Auch vor der eigenen Branche wird nicht halt gemacht. Mit deutlichem Augenzwinkern die genervte Bemerkung des Wolfs, als er für eine gute Story durch einen kalten Minenschacht waten muss: „Wäre ich doch Filmkritiker geworden!“
Dem Zielpublikum zuliebe wurden die Märchenfiguren etwas umgestylt. Der Wolf trägt ein lässiges Sport-Outfit und Rotkäppchen peppt ihren roten Umhang mit einer Schlagjeans auf.
Prominente als Synchronsprecher gehören mittlerweile zum guten Ton des Animationsfilms – im wahrsten Sinne. Im Original liehen deshalb unter anderem Anne Hathaway, Glenn Close und Jim Belushi den putzigen Waldbewohnern ihre Stimmen. Die deutsche Fassung kann immerhin mit Namen wie Sarah Kuttner, Hans Werner Olm und Smudo aufwarten.
Gut, einige Ideen sind nicht mehr neu. Das hyperaktive Eichhörnchen beispielsweise, das durch Koffein zur überschallschnellen Geheimwaffe wird, sahen wir auch schon in „Ab durch die Hecke“. Außerdem konnte der Film nicht widerstehen, zum schätzungsweise hundertsten Mal in der Filmgeschichte die die Abseil-Szene aus „Mission: Impossible“ zu parodieren.
Alles in allem: Ein von Anfang bis Ende brüllend komischer kleiner Film, dem man kleinere Logiklücken und Gesangseinlagen gern verzeiht.
Fazit: Nicht alles ist neu, nicht alles sieht gut aus. Trotzdem extrem unterhaltsam und uneingeschränkt empfehlenswert. 8 von 10 Punkten.
Bestie und Beute?
Oma führt ein Doppelleben.
Sarah Böhlau, 31. Dezember 2006. Bilder: Kinowelt.
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