Die Schwester der Königin

Noch bevor im deutschen Fernsehen die Historienserie The Tudors über die Fernsehbildschirme flimmert, startete Die Schwester der Königin, ein Film über die Schwestern Anne und Mary Boleyn. Marius Joa war im Kino.

Die Schwester der Königin (The Other Boleyn Girl)
Historiendrama UK/USA 2008. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 115 Minuten. Deutscher Kinostart: 6. März 2008.
Mit: Natalie Portman, Scarlett Johansson, Eric Bana, Jim Sturgess, Mark Rylance, Kristin Scott Thomas, David Morrissey, Ana Torrent u.v.a. Regie: Justin Chadwick. Drehbuch: Peter Morgan. Nach dem Roman von Philippa Gregory.

Herausragende Natalie Portman

Henry Tudor (Eric Bana), König von England, ist frustriert. Seine Ehefrau Katharina (Ana Torrent) hatte schon wieder eine Totgeburt und noch immer gibt es keinen männlichen Erben. Diese verfahrene Situation im Königshaus will der machtversessene Herzog von Norfolk (Davis Morrissey) nutzen. Seine Schwester Lady Elizabeth (Kristin Scott Thomas) und seinen Schwager Thomas Boleyn (Mark Rylance) weist er an, deren älteste Tochter Anne (Natalie Portman) in das Bett des Königs als Mätresse zu schicken. Falls sie dem König einen Sohn schenke, würde der Einfluss der Familie bei Hofe zunehmen. Durch einen Zufall entdeckt Henry aber auch Mary (Scarlett Johansson), die jüngere Boleyn-Tochter und nimmt sie stattdessen mit an seinen Hof. Anne ist außer sich. Mary wird schwanger und nach schwerer Zeit im Kindbett bringt sie einen Sohn zur Welt. Doch während Mary noch bettlägerig ist, wird Anne an den Hof geschickt, um den König bei Laune zu halten. Nun sieht Anne wieder die Chance, bei Henry zu landen, allerdings will sie nicht nur Mätresse sein.

Die Schriftstellerin Philippa Gregory veröffentlichte 2001 ihren Roman The Other Boleyn Girl, über die beiden Boleyn-Schwestern und ihre Beziehung zum englischen König Heinrich VIII. 2003 wurde das Buch bereits fürs britische Fernsehen adaptiert. Nun wagte sich der 39jährige Brite Justin Chadwick an eine starbesetzte Neuverfilmung. Das Drehbuch schrieb Peter Morgan (Die Queen). An diversen Außen- und Innendrehorten in England wurde vom September bis Dezember 2006 sowie im August und September 2007 gedreht. Für die drei wichtigsten Rollen konnte man mit Natalie Portman (Star Wars I-III), Scarlett Johansson (Lost In Translation, Prestige) und Eric Bana (Troja, München) drei echte Stars engagieren.

Kritik muss man wieder an der deutschen Titelgebung üben, die aber diesmal wohl der Übersetzung des Romans geschuldet ist. Den Originaltitel The Other Boleyn Girl mit Die Schwester der Königin zu „übersetzen“ ist schlicht und einfach falsch. Insgesamt ist aus dem Stoff ein ordentliches Stück Historien-Kino geworden, das aber viel mehr hätte sein können, wenn nicht müssen.

Was immer wieder auffällt und sich durch den ganzen Film zieht, ist die merkwürdige Kameraführung. Der Kniff, hinter einem Pfosten oder einer Säule hervor zu filmen ist und dann dadurch zur nächsten Szene zu überblenden, ist sicherlich ein gutes Stilmittel. Dies aber bei fast jedem Szenenwechsel zu verwenden, ermüdet den Zuschauer irgendwann. Passend zur meist düsteren Grundstimmung sind die Bilder meist in düsteres Licht getaucht, was aber oft dazu führt, dass die Szenen viel zu dunkel sind. Völlig unzeitgemäß treten unsaubere Schnitte auf.

Eine Geschichte wie die von den Boleyn-Schwestern, gespickt mit Liebe, Intrigen, Neid, Sex und Tod, sollte eigentlich auf der Leinwand gewissen Tiefgang verfügen. Dies gelingt hier über weite Strecken kaum. Es scheint bisweilen, als würden die einzelnen Ereignisse nur der Vollständigkeit halber abgehandelt. Erst gegen Ende gewinnt Die Schwester der Königin wirklich an Intensität und Dramatik, was überaus schade ist. Die Story konzentriert sich, vor allem im Vergleich zur thematisch ähnlichen Serie The Tudors (2007), sehr auf Anne und Mary Boleyn, will aber dennoch insgesamt zuviel Handlung in die knapp zwei Stunden Laufzeit packen, was einige vollkommen anorganische Zeitsprünge zur Folge hat. Sex, Schwangerschaft, Geburt, all das in wenigen Minuten.

Was Die Schwester der Königin aber bei weitem noch vorm Scheitern bewahrt sind die beiden Hauptdarstellerinnen Natalie Portman und Scarlett Johansson. Vor allem Natalie Portman versteht es, die Facetten ihrer Figur Anne Boleyn gebührend darzustellen. Die Kostüme wirken prächtig und gut recherchiert. Die Filmmusik von Paul Cantelon drängt sich zwar sehr in den Vordergrund, wirkt aber sehr stimmungsvoll. Eric Bana passt optisch besser in die Rolle des Henry als Jonathan Rhys Meyers (The Tudors).

Trotz einiger Enttäuschung ist aus Die Schwester der Königin noch ein ordentlicher Historienfilm geworden, der aber sein Potential an vielen Stellen nicht annähernd ausschöpft. Ein Regisseur mit mehr Erfahrung hätte aus dem Stoff sicherlich etwas Besseres gemacht. Eine halbe Stunde mehr Laufzeit hätte sicher auch nicht geschadet. Als Vorgeschichte zu Elizabeth sicher noch geeignet.

Fazit: Starbesetztes Historiendrama, das wegen technischer Mängel und fehlender Intensität nicht ganz überzeugen kann. 6 von 10 Punkten.


Anne und Mary Boleyn.

König Henry.
Marius Joa, 9. März 2008. Bilder: Universal.

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