In ein paar Tagen kommt der siebte Harry Potter in die Buchhandlungen. Sarah Böhlau warf zur Einstimmung einen Blick auf die neuste Verfilmung Harry Potter und der Orden des Phoenix.
Harry Potter und der Orden des Phönix (Harry Potter and the Order of the Phoenix).
Fantasy-Abenteuer, Großbritannien/USA 2007.
Mit: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Michael Gambon, Gary Oldman, Alan Rickman.
138 Minuten. FSK: ab 12.
„Ein Sturm zieht auf, Harry. So wie letztes Mal.“
Harrys fünftes Schuljahr auf Hogwarts beginnt und steht unter stetig schlechter werdenden Vorzeichen. Nicht genug, dass Harry die Rückkehr des schwarzen Magiers Voldemort mit ansehen (und mit zustande bringen) musste, die Zauberwelt schenkt seiner Geschichte und den Warnungen seines Mentors Albus Dumbledore (Michael Gambon) keinen Glauben. Heimlich hat Dumbledore deswegen seine alte Widerstandsbewegung, den Orden des Phoenix, reaktiviert und im Haus von Harrys Paten Sirius Black (Gary Oldman) einquartiert. Das Zaubereiministerium unter der Leitung des immer paranoider werdenden Ministers Fudge mischt sich indes in die Angelegenheiten von Hogwarts ein. Die Ministeriumsbeauftragte Dolores Umbridge (Imelda Staunton) wird mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet und als neue Lehrerin in der Schule eingesetzt. Immer stärker übernimmt sie die Kontrolle in der Schule und engt die Schüler mit zahllosen Regeln ein. Doch das ist nicht einmal Harrys größtes Problem: Seit der Rückkehr Voldemorts kann er dessen Gedanken hören. Wird er manipuliert?
Wird in die Zange genommen: Harry Potter.
Es wird ernst, Freunde. Damit das auch von Anfang an jeder kapiert, ist der einst goldene Filmtitel metallisch-dunkel geworden. Das Böse ist auf dem Vormarsch in der Zauberwelt, und es ist keines, das in der Realität außerhalb des Harry-Potter-Universums unbekannt wäre. Die Parallele von Lord Voldemort und dem Dritten Reich ist bereits seit dem ersten Band offensichtlich und wird nun massiv ausgebaut. Neu ist allerdings, dass auch das überforderte Zaubereiministerium faschistische Züge entwickelt (“Angst bringt die Menschen dazu, furchtbare Dinge zu tun.”). Das Tribunal, vor dem Harry sich wegen eines widerrechtlich angewendeten Schutzzaubers verantworten muss, sieht aus wie ein spanisches Inquisitionskommando. Und nicht von ungefähr nennt sich auch Dolores Umbrigde “Großinquisitorin” von Hogwarts. Mit Nazimethoden bringt sie die Schule in ihre Gewalt: Unterdrückung der Presseorgane, Kontrolle des Lehrkörpers, Masseninhaftierungen – äh, Nachsitzen, Beschneidung des Rechts auf freie Meinungsäußerungen und Versammlungsfreiheit. Diese Figur ist, sogar stärker noch als Ralph Fiennes Voldemort, absolut böse und völlig ohne Graustufen angelegt. Endlich mal wieder jemand, den man guten Gewissens hassen kann!
“Soon we will all have to make a choice between what is right – and what is easy.” Dumbledores Warnung am Ende des vierten Teils ist Programm. Harry Potter und der Orden des Phoenix ist auch eine Geschichte über Mut, Zusammenhalt und den Widerstand an sich. Während sich die Erwachsenen im Orden des Phoenix gegen Voldemort organisieren, versuchen Harry und seine Freunde in Hogwarts mit ihrer geheimen Trainingsgruppe “Dumbledores Armee” gegen die ungerechte Schulleiterin anzukommen. Und es ist auch eine Geschichte über den Preis, den Widerstand kosten kann und warum er trotzdem bezahlt werden muss.
An einer Stelle erklärt Sirius dem verunsicherten Harry, dass jeder Mensch im Inneren gleichermaßen Gutes und Böses in sich trage. Diese Aussage beißt sich mit der überdeutlichen Schwarz-Weiß-Zeichnung, mit denen Yates die Figuren ausstattet. So erscheinen die Todesser beispielsweise mit schwarzen Rauchwolken, der Orden des Phoenix in weißen Lichtstrahlen. An solchen Stellen wirkt der Film überzeichnet (obwohl es natürlich spektakulär aussieht). Aber da auch der fünfte Film wieder einer ist, in den man die ganz kleinen Harry Potter Fans nicht mitnehmen kann, hätte man dem Zuschauer an der einen oder anderen Stelle etwas mehr eigenes Denken zutrauen können.
Damit zum Hauptproblem von Harry Potter und der Orden des Phoenix: Das Drehbuch. Es wirkt vor allem neben der sorgfältig gesetzten Bildsprache des Films und der hochkarätigen Besetzung ein wenig lieblos und hingeschlampt. Zunächst muss natürlich eingestanden werden, dass eine Vorlage von so epischer Breite nicht einfach in einen einzigen Spielfilm umzuwandeln ist (es sei denn, man heißt Peter Jackson und macht drei davon). Prioritäten mussten gesetzt und Nebenhandlungsstränge abgesägt werden. Beim Feuerkelch funktionierte das noch ganz gut da wurde praktisch alles außer dem Turnier im Handlungszentrum wegrationalisiert. Der Film profitierte davon, auch wenn das Fanherz blutete. Beim Orden des Phoenix jedoch fehlt ganz offensichtlich genau dieser Mut, einzelne Elemente radikal wegzulassen. Die Folge ist, dass vieles in nur ein oder zwei Szenen anerzählt und dann fallengelassen wird: Die Rolle des Hauselfen Kreatcher, die ZAGs (bzw. OWLs), Sirius zunehmende Identifizierung von Harry mit James, die Prophezeiung in der Mysteriumsabteilung, das Zerwürfnis der Weasley Familie etc … Gerne hätte man einige dieser Handlungsstränge etwas stärker vertreten gesehen und dafür andere, schon im Buch eher nervende (z. Bsp. Hagrids Riesen-Halbbruder), gestrichen.
Schade auch, dass sich einige Zusammenhänge nur mit dem Wissen aus der Buchvorlage erkennen lassen. So macht sich Yates beispielsweise nicht die Mühe zu erklären, dass die Dementoren, die Harry im Sommer angreifen, von Umbridge (und nicht von Voldemort) geschickt wurden. Für die eine Textzeile wäre bestimmt noch Zeit gewesen.
Immerhin bekommt dafür die beliebte Szene, in der Fred und George Weasley die Schule verlassen und vorher Rache an Umbridge nehmen, einen prominenten Platz im Film. Im Buch eher als Schelmenstück anzusiedeln, avanciert es hier zum Befreiungsakt: Die gerahmten Vorschriften werden durch Feuerwerkskörper von der Wand gesprengt und die Schüler laufen jubelnd nach draußen.
In den Nebenrollen kann man sich wieder über bekannte Gesichter freuen. Neben großen Namen des britischen Films wie Alan Rickman (Snape), Michael Gambon (Dumbledore), Emma Thompson (Trewlaney) und Ralph Fiennes (Voldemort) kommen im Orden des Phoenix noch Helena Bohnam Carter als geisteskranke Todesserin Belatrix Leststrange und Imelda Staunton als Dolores Umbridge dazu. Das Problem bei einem solchen Staraufgebot ist allerdings, dass man nicht jedem die Leinwandzeit reinräumen kann, die ihm eigentlich zustünde.
Aber genug beschwert: Wie zu erwarten, ist auch der neue Harry Potter wieder ein ästhetisches Festmahl, dessen Bilder in den Bereichen Computeranimation, Setting und Symbolhalt kaum Anlass zur Beschwerde geben können. Yates lässt zudem stärker als seine Vorgänger auch mal die fantastische Landschaft seiner Drehorte für sich sprechen.
Fazit: Bedeutungschwangerer, düsterer Film, dessen tolle Bilder und bekannte Schauspieler das miese Drehbuch halbwegs retten. 6 von 10 Punkten.
Ron, Hermine und Harry.
Regelbruch, wörtlich genommen.
Umbridge, Trelawney und McGonagal.
Sirius Black.
Der, dessen Name nicht genannt wird (Ralph Fiennes).
Sarah Böhlau, 13. Juli 2007. Bilder: Warner.
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