Scoop

Noch Fragen offen über den Tod und das Jenseits? Woody Allens neuer Film „Scoop“ hätte da ein paar Antworten … Sarah Böhlau war im Kino.

Krimi-Komödie, GB/USA 2006. FSK;: Freigegeben ab 6 Jahren. 95 Minuten.
Mit: Woody Allen, Scarlett Johansson, Hugh Jackman, Ian McShane. Regie & Drehbuch: Woody Allen.

Von Sensenmännern und Stadtneurotikern

Ja, es gibt ein Leben nach dem Tod. Zumindest eines, bei dem man auf einer großen schwarzen Barke gen Jenseits geschippert wird.
Und ja, es gibt auch den personifizierten Tod. Komplett im Halloween-Outfit mit schwarzem Kapuzenmantel und Sense, begleitet er die Seelen ins Reich der Toten.
Nein, philosophische Weisheiten braucht man von dem Mann in Schwarz nicht zu erwarten (er ist stumm).
Nein, er ist auch leider nicht bestechlich.
Letzteres muss auch der jüngst dahingeschiedene Joe Strombel (Ian McShane) einsehen. Und das ist höchst ärgerlich, hat doch der Vollblut-Reporter soeben von einer Mitfahr-Seele den Hinweis für eine erstklassige Enthüllungsstory bekommen: Seit Jahren wütet in London ein Serienmörder, der immer eine Tarotkarte beim Opfer liegen lässt und deswegen sehr einfallsreich „Tarotkarten-Killer“ genannt wird. Dieser Killer soll nun niemand Geringerer sein als Peter Lyman (Hugh Jackman), jüngster Spross eines einflussreichen Londoner Adelsgeschlechts.
Dumm nur, dass Joe diese Information auf dem Weg in die Ewigkeit nicht viel nützt. Also seilt er sich vom Totenschiff ab und kehrt als Geist zurück in die Welt der Lebenden.
Er erscheint der Nachwuchsreporterin Sondra Pransky (Scarlett Johansson), die gerade in der Show des zerstreuten Zauberers Sid Waterman (Woody Allen) von der Bühne gezaubert werden soll, und setzt sie auf Lyman an. Sondra nimmt enthusiastisch die Gelegenheit zu ihrer ersten großen Story an und heftet sich an die Fersen des potenziellen Mörders. Als Unterstützung schleift sie den sich heftig sträubenden Waterman mit. Peter Lyman allerdings entpuppt sich als charmanter Junggeselle, und – wie nicht anders zu erwarten – verliebt sich Sondra in das Objekt ihrer journalistischen Begierde.

Woody Allen und Scarlett Johansson.

Bekamen wir noch Anfang des Jahres mit „Match Point“ einen völlig neuen Woody Allen zu sehen, so kehrt der Meister der Neurosen mit „Scoop“ wieder zu seinen Wurzeln zurück.

Zwei chaotische, neurotische und manchmal fast psychotische Charaktere quasseln sich da in einem ungeheuren Tempo von einer unglücklichen Situation in die nächste. Ja, genau so kennen wir das.

Die Chemie mit Allens Filmpartnerin Scarlett Johansson stimmt, das Paar bestreitet den Hauptteil des Films mit gemeinsamen Wortgefechten, z.B.: „Du siehst das Glas immer halbleer, nie halbvoll.“ – „Das stimmt nicht, ich sehe das Glas halbvoll … voll Gift.“. Hugh Jackman und der gelegentlich aus dem Jenseits ausbüchsende Ian McShane werden dabei zu schmückendem Beiwerk degradiert.

Neben Darstellerin Scarlett Johansson gibt es noch einen weiteren gemeinsamen Nenner mit „Match Point“. „Scoop“ spielt ebenfalls in London. Grund genug für Woody Allen, den einen oder anderen England-Witz einzubauen. So spricht er beispielsweise von den britisch-amerikanischen „Sprachbarrieren“ und ist in seinem kleinen Smart vom Linksverkehr mehr als überfordert.

Schwer im Magen liegen wird „Scoop“ sicher niemandem. Der Tod beispielsweise ist eigentlich gar nicht so übel. Die Barke hat starke Ähnlichkeit mit einer Theaterkulisse, was durch die musikalische Untermalung aus „Der Nussknacker“ noch verstärkt wird. Außerdem kann man mit seinen Mitverstorbenen Karten spielen.

Sex- und Mordszenen werden übersprungen, der Film setzt auf Dialoge. Der Zuschauer bekommt dabei die typische Woody Allen-Kost serviert: „Ich nehme kein Gramm zu. Meine Angstneurose ist wie Aerobic.“ oder „Ich wurde im hebräischen Glauben geboren, aber ich bin zum Narzissmus konvertiert.“ Seiner Paraderolle als verschrobener Kauz wird viel Platz eingeräumt.

Auch wenn einige neue Ideen verarbeitet wurden – „Scoop“ reiht sich fast nahtlos die Stadtneurotiker-Filme ein. Er ist gewohnt wortwitzig und liebenswert, so dass man auch die Vorhersehbarkeit des Plots verzeiht. Keiner der absoluten Höhepunkte von Allens vierzigjähriger Filmkarriere, aber mal ehrlich: Match Point wäre auch schwer zu übertreffen.

Fazit: Zum Todlachen. 7 von 10 Punkten.


Woody Allen in seiner gewohnten Rolle.

Scarlett Johanssen und Hugh Jackman.
Sarah Böhlau, 23. November 2006. Bilder: Concorde.


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