Regisseur Stephen Gaghan bringt mit „Syriana“ einen nachdenklich stimmenden Politthriller oder besser: ein nachdenklich stimmendes Politdrama in die Kinos. Ob er mit diesem schwierigen Stoff beim Publikum punkten kann? Marius Joa und Johannes Michel haben den Film gesehen.
Politdrama USA 2005. Regie: Stephen Gaghan. Nach Robert Baer. 126 Minuten. FSK ab 12.
Mit George Clooney, Matt Damon, Jeffrey Wright, Chris Cooper, Robert Foxworth, Amanda Peet, Mazhar Munir, Alexander Siddig, Tim Blake Nelson, William Hurt, Christopher Plummer u.v.a.
Ausgezeichnet mit einem Golden Globe und einem Oscar.
Der erfahrende CIA-Agent Bob Barnes (George Clooney) fällt nach einem verpatzten Waffendeal in Ägypten bei seinen Vorgesetzten in Ungnade. Bevor er zum Dienst nach Vorschrift im Büro abgeordnet wird, bekommt er noch einen letzten Auftrag: die Liquidierung von Prinz Nasir (Alexander Siddig). Nasir streitet mit seinem Bruder um die Nachfolge in der Herrschaft eines an Ölvorkommen reichen Emirats. Außerdem möchte Nasir die Bohrrechte lieber an die meistbietenden Chinesen und nicht an die Amerikaner vergeben, und mit dem Geld in seinem Land eine Demokratie und Infrastruktur aufzubauen. Zu diesem Zweck hat er den Finanzexperten Bryan Woodman (Matt Damon) als Berater engagiert, der sich nach dem Tod seines Sohnes in seine Arbeit stürzt. Parallel dazu überprüft Anwalt Bennett Holiday (Jeffrey Wright) ob die Fusion der Ölgiganten Connex und Killen gesetzmäßig zustande gekommen ist. Dabei stößt er auf Ungereimtheiten, Bestechung und Betrug. Ein weiterer Subplot handelt von einem jungen Pakistaner (Mazhar Munir), der durch die Fusion der beiden Ölkonzerne arbeitslos wird und in die Kreise von fanatischen Gotteskriegern gerät.
Stephen Gaghan, der für sein Drehbuch zu „Traffic – Die Macht des Kartells“ den Oscar gewann, liefert nun mit seinem Regiedebüt einen komplexen Film über die Machenschaften der US-Ölkonzerne und des Geheimdienstes im Öl-Geschäft im Mittleren Osten. Die Geschichte basiert auf dem Sachbuch „See No Evil“ des ehemaligen CIA-Agenten Robert Baer, dessen Name im Film zu Bob Barnes geändert wurde. Erstaunlich, dass Gaghan überhaupt ein Studio für dieses kritische Machwerk gefunden hat. Doch anscheinend schrecken die großen Hollywood-Produktionsfirmen auch nicht mehr vor politisch-kritischen Filmen zurück. So konnten für einige Rollen namhafte Schauspieler gewonnen werden.
George Clooney setzte seine Gesundheit aufs Spiel, indem er für seine Rolle 15 Kilo zunahm und eine gefährliche Folterszene spielte. Er wurde mit dem Golden Globe als bester Nebendarsteller ausgezeichnet und ist in derselben Kategorie für den Oscar nominiert. Daneben runden Matt Damon, Jeffrey Wright, Chris Cooper, Christopher Plummer und Alexander Siddig die solide Ensemble-Leistung ab.
Um Misssverständnisse vorzubeugen, es handelt sich hier nicht um einen politischen Actionthriller. Vielmehr kommt Syriana ohne große Action-Szenen und übermäßige Spannung aus. Der Schwerpunkt liegt dabei klar auf dem Inhalt.
Zu Beginn kann man den vier parallel laufenden Story noch gut folgen, doch im Laufe des Films wird es etwas undurchsichtiger. Dies ist vielleicht auch die Schwäche des Films, es wird einfach zu wenig erklärt. So bleiben die im Film angedeuteten Machenschaften der US-Konzerne weitesgehend undurchdringlich. Höhepunkt des Films ist ein Monolog, in dem die allumfassende und grundlegende Bedeutung der Korruption für die amerikanische Wirtschaft verdeutlicht wird.
Fazit: So positiv es ist, dass ein Film mit diesem Thema ins Kino kommt, so wenig kann man daraus mitnehmen, außer dass die Verschwörungen und Verstrickungen zu komplex sind, um sie einfach so zu durchdringen bzw. sie in einen Kinofilm zu packen. Alles in allem ist „Syriana“ sehenswert. 7/10.
Die verschwundene Stinger-Rakete war der Auslöser für den CIA-Einsatz im Nahen Osten.
Marius Joa, 26. Februar 2006.
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