Müssen Comicverfilmungen immer knallbunt und platt sein? „V wie Vendetta“ beweist, dass dem nicht so ist. Marius Joa über die filmische Verarbeitung von fiktiver Zukunftvision und Zeitgeschichte.
SF-Thriller USA/Deutschland 2005. Regie: James McTeigue. Nach Comics von Alan Moore & David Lloyd. Musik: Dario Marianelli. 132 Minuten. FSK ab 16.
Mit Natalie Portman, Hugo Weaving, Stephen Rea, Stephen Fry, Rupert Graves, John Hurt, Tim Pigott-Smith, Sinéad Cusack, Natasha Wightman u.v.a.
In einer alternativen Zeitlinie ist Groß-Britannien keine parlamentarische Monarchie, sondern eine totalitäre faschistische Diktatur unter dem Großkanzler Adam Sutler (John Hurt). Als die junge Evey Hammond (Natalie Portman) in den dunklen Straßen von London von Schergen der Geheimpolizei überfallen wird, rettet sie ein geheimnisvoller maskierter Mann namens V (Hugo Weaving). V ist ein Untergrundkämpfer, der das unmenschliche Regime durch Anschläge stürzen will und seinen persönlichen Rachefeldzug gestartet hat. Sein Endziel ist die Sprengung des Parlamentsgebäudes genau in jener Nacht, in der über 400 Jahre zuvor der berühmte Guy Fawkes dasselbe versucht hat und gescheitert ist. Natürlich bleiben Vs Aktivitäten nicht unbeantwortet. Chief Inspector Finch (Stephen Rea) wird auf den Fall angesetzt und stößt dabei auf die Vertuschung einer unfassbaren Tat in Zusammenhang mit dem Aufstieg Sutlers zum britischen Großkanzler …
Gestatten, mein Name ist V.
Die medienscheuen Wachowski-Brüder („Matrix„-Trilogie) adaptierten die von Alan Moore geschriebene Comic-Reihe aus den 80er Jahren und waren auch als Produzenten tätig. Den Regiestuhl überließen sie dem australischen Neuling James McTeigue. Der Film entstand hauptsächlich in den Filmstudios Potsdam-Babelsberg, nur ein paar Außendrehs fanden in London statt.
Vom visuellen Stil her erinnert der Film auch ein wenig an die Matrix-Filme. Inhaltlich steht er jedoch mehr in der Tradition bekannter dystopischer Zukunftsvisionen wie 1984 . Wenn Kanzler Sutler auf einer Großleinwand die Anweisungen an seine Untergeben brüllt, so verkörpert er eine deutliche Anspielung auf den „Großen Bruder“ bzw. den „Führer“.
Generell ist die Botschaft hinter der Geschichte sehr plakativ und eher einfach gehalten. Inwieweit das gut ist oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Ich persönlich halte es für eine der Stärken des Films. „V wie Vendetta“ verbindet Themen wie Gleichschaltung der Medien, Verfolgung und Folter politisch Andersdenkender sowie menschenverachtende Experimente mit dem klassischen Bild des maskierten Rächers zu einer sehr gelungenen Mischung aus Politdrama und Comicverfilmung. Die Entscheidung, ob Gewalt als Mittel gegen Unterdrückung und Verfolgung legitim ist, bleibt jedem Zuschauer selbst überlassen.
Schauspielerisch ist einiges geboten. Natalie Portman, die sich für eine Folterszene im Film eine Glatze rasieren ließ, überzeugt vor allem durch ihre Darstellung der emotionalen Seite von Evey. Hugo Weaving ist zwar als V ständig hinter der Maske, schafft es aber seinem Charakter eine gewisse Präsenz zu verleihen. Beängstigend gut ist die Performance von John Hurt als Adam Sutler, der zwar nicht oft zu sehen ist, aber seinem realen Vorbild sehr nahekommt.
Etwas verwirrend mögen für manchen die nicht wenigen Rückblenden sein, die ohne erkennbaren Übergang auftreten. Außerdem ist die Darstellung gegen Ende vielleicht ein wenig zu unspektakulär.
Fazit: Plakative, aber sehr gute Mischung aus Comicfilm und politischer Zukunftsvision. 8/10.
Noch mit Lockenpracht: Evey (Natalie Portman).
Der Führer auf großer Leinwand: Sutler (John Hurt).
Marius Joa, 24. März 2006.
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