Von der möglichen Folgen einer fatalen Rentenpolitik handelte der TV-Dreiteiler 2030 – Aufstand der Alten. Autor und Regisseur Jörg Lühdorff wagt in einer neuen Dokufiction einen Blick in die Zukunft der „Jungen“.
2030 – Aufstand der Jungen
alternativ: 2030 – Ausbeutung der Enkel
TV-Dokufiction-Film Deutschland 2010. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 90 Minuten (PAL-DVD). TV-Erstausstrahlung: 11. Januar 2011. DVD-Start: 14. Januar 2011.
Mit: Lavinia Wilson, Bettina Zimmermann, Barnaby Metschurat, Ralph Herforth, Kathrin von Steinburg u.a. Drehbuch und Regie: Jörg Lühdorff.
Das Erbe der Sozialpolitik
November 2030 in Berlin. Schwere soziale Unruhen erschüttern die Hauptstadt. Der Auslöser war wohl der Tod des 30jährigen Tim Burdenski (Barnaby Metschurat), der als eines der „Millenniumskinder“ Star einer Fernseh-Dokureihe des ZDF war. Doch Sophie Schäfer (Lavinia Wilson), ebenfalls Millenniumskind und enge Freundin von Tim, glaubt nicht, dass er tot ist. Mit der Journalistin Lena Bach (Bettina Zimmermann) macht sich Sophie auf die Suche nach ihm und entdeckt soziale Missstände.
Sophie glaubt, dass Tim lebt
2007 sendete das ZDF mit 2030 – Aufstand der Alten einen Dreiteiler von Autor und Regisseur Jörg Lühdorff (Die Jahrhundertlawine), der sich mit der düsteren Zukunft der Rentner in Deutschland befasst. Der Mord an einem politisch aktiven Rentner brachte die Journalistin Lena Bach auf die Spur einer weitreichenden Verschwörung. Vier Jahre später zeigte das ZDF nun einen Fernsehfilm, der sich mit der Zukunft junger Menschen im Jahr 2030 befasst. Wieder im Gewand einer Dokufiction ermittelt Lena Bach im mysteriösen Todesfall des 30jährigen Tim, der als eines der am 1. Januar 2000 geborenen Millenniumskinder Star einer ZDF-Dokureihe war. Sophie Schäfer, eine langjährige Freundin Tims, zweifelt an dessen Tod. Die Kamera begleitet die Nachforschungen der beiden Frauen.
Schon seit längerem ist klar, dass für viele jetzt noch berufstätige Menschen in Deutschland die gesetzliche Rente bei weitem nicht ausreichen wird, um im Alter davon leben zu können. Diese Problematik wurde im Dokufiction-Dreiteiler 2030 – Aufstand der Alten (2007) folgendermaßen thematisiert: wer nicht mindestens 25 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt hat, bekommt eine pauschale Einheitsrente, die zum Leben nicht reicht. Die alten Menschen siechen folglich in ghettoähnlichen Zuständen dahin, können sich kaum medizinische Versorgung leisten oder müssen die dadurch entstandene finanzielle Last auf ihre Kinder und Enkelkinder „abwälzen“. Genau diese weitere Problematik von Altersarmut in der Zukunft behandelt 2030 – Aufstand der Jungen, auch unter dem treffenderen Alternativtitel Ausbeutung der Enkel bekannt.
Der Fernsehfilm zeigt anhand zweier junger Menschen aus sozial unterschiedlichsten Lebenssituationen, die aber einst mit den gleichen Bedingungen erwachsen wurden. Auf der einen Seite Sophie Schäfer, die durch ihre erfolgreiche Karriere bereits in jungen Jahren eine führende Position bei einem großen Unternehmen ausfüllt. Und auf der anderen Seite ist Tim Burdenski, wie Sophie ebenfalls 30 und ehemals Star der ZDF-Serie „Milenniumskinder“. Nachdem er seinen Job verloren hat, scheint er in verbrecherische Kreise abgerutscht zu sein, die Polizei sucht ihn wegen Computerdelikten im Zusammenhang mit dem zentralen Bundesdatenserver, auf dem sämtliche Bürgerdaten erfasst sind und von zuständigen Stellen abgerufen werden. Auf der Suche nach ihm geraten Lena und Sophie in die marodesten Viertel Berlins und entdecken eine Parallelgesellschaft von Sozial Schwachen und Benachteiligten, die sich gegenseitig unterstützen, ohne Hilfe des Staates.
Ging es beim Aufstand der Alten noch bisweilen zu reißerisch zu und verlor der Dreiteiler vor allem durch das unrealistische Happy End an Glaubwürdigkeit, so macht die Fortsetzung diese Fehler nicht. Die Auswirkungen der immer stärker werdenden Altersarmut werde in den nächsten Jahrzehnten zweifelsohne auf die junge Generation, vor allem die der Enkel übergreifen. Doch nicht nur dieses problematische „Erbe“, sondern auch steigende Gesundheitskosten werden viele Menschen in den Ruin treiben. Regisseur und Drehbuchautor Lühdorff entwickelt in den etwa 90 Minuten ein trostloses, aber durchaus glaubwürdiges Bild unserer Zukunft. Den hoch technisierten Glasbauten großer Konzerne und wohlhabender Bürger stehen die völlig heruntergekommenen Behausungen der Armen gegenüber. Vielleicht hätte man dem Thema ein wenig mehr Zeit widmen können, aber am Ende ist alles sowohl abgerundet als auch mit einem offenen Schluss versehen. In der realistischen Zukunftsvision, sei es nun als Dokufiction oder als rein fiktionale Produktion, könnte einheimische Science-Fiction im deutschen Fernsehen Fuß fassen.
Trotz inhaltlicher Glaubwürdigkeit hat 2030 – Aufstand der Jungen ein Problem und das heißt Bettina Zimmermann. Nahm man im Vorgänger der Schauspielerin die Rolle der ZDF-Journalistin Lena Bach noch einigermaßen ab, so wirkt Zimmermann hier irgendwie deplatziert und in ihrer Mimik als hätte sie eine Gesichtslähmung. Lena Bachs Outfit sieht aus als wäre sie eine Heldin aus einem stilisierten Science-Fiction-/Actionfilm und nicht die seriöse Journalistin einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Glücklicherweise tritt Bettinas Zimmermanns Rolle im Film sehr in den Hintergrund. Hauptfigur ist Sophie, überzeugend gespielt von Lavinia Wilson. Die übrigen Darsteller haben etwas weniger Entfaltungsmöglichkeiten, da sie entweder nur kleinere Rollen haben und/oder hauptsächlich in Rückblenden/Video-Ausschnitten (vor allem Barnaby Metschurat als Tim Burdenski) zu sehen sind.
Fazit: Gelungene, recht authentische Zukunftsvision mit einer deplatziert wirkenden Bettina Zimmermann. 7 von 10 Punkten.
Lena Bach in neuem Look
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DVD-Features
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: keine
Bonusmaterial: Fehlanzeige.
Marius Joa, 23. März 2011. Bilder: ZDF/Universum Film.
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