Nach einer Comedy-Serie in den 1960ern fand die von Cartoonist Charles Addams erschaffene schwarzhumorige Familie Addams Anfang der 1990er ihren Weg ins Kino, mit Addams Family von Barry Sonnenfeld, inklusive hochkarätiger Besetzung um Anjelica Houston, Raul Julia und Christopher Lloyd.
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Addams Family (The Addams Family):
More Mamushka Extended Cut
Schwarze Komödie USA 1991. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 97 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Anjelica Houston, Raul Julia, Christopher Lloyd, Christina Ricci, Jimmy Workman, Judith Malina, Carel Struycken, Christopher Hart, Dan Hedaya, Dana Ivey, Elizabeth Wilson u.v.a. Nach Charakteren von Charles Addams. Drehbuch: Caroline Thompson und Larry Wilson. Regie: Barry Sonnenfeld.
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Ein verschollener Onkel, Goldmünzen und Mamushka
Mit ihrem morbiden Auftreten und makabren Streichen ist die Addams-Familie – Vater Gomez (Raul Julia), Mutter Morticia (Anjelica Huston), Tochter Wednesday (Christina Ricci), Sohn Pugsley (Jimmy Workman), Morticias Mutter (Judith Malina), der hünenhafte Butler Lurch (Carel Struycken) und das Eiskalte Händchen (Christopher Hart) – in der Stadt vor allem berüchtigt. Gomez trauert um seinen vor 25 Jahrhundert verschwundenen Bruder Fester. Nach einer Séance, welche dessen Geist herbeirufen soll, steht allerdings ein Mann (Christopher Lloyd) vor der Tür, welcher behauptet der verschollene Fester zu sein. Im Schlepptau hat dieser nicht nur Tully Alford (Dan Hedaya), den Familenanwalt und Vermögensverwalter der Addams, sondern auch die Therapeutin Dr. Greta Pinder-Schloss (Elizabeth Wilson). Während sich Gomez über die Rückkehr seines Bruders begeistert zeigt, bleiben andere Familienmitglieder wie Morticia und Wednesday misstrauisch…
Charles Addams (1912-1988) erfand für Cartoons im Magazin The New Yorker in den 1930er Jahren die „Addams Family“, eine makabre Sippe. Zwischen 1964 und 1966 gab es eine Comedy-Serie mit insgesamt 64 Folgen in zwei Staffeln, gefolgt von einer Zeichentrickserie 1973. Nach dem Tod seiner Erfinders fanden die Addams auch ihren Weg auf die große Leinwand. Den ersten Knofilm aus dem Jahre 1991 sah ich erstmals vor ca. 30 Jahren im Fernsehen und bis zur erneuten Sichtung Ende Oktober diesen Jahres kein weiteres Mal. Und dass obwohl die mit nahezu gleicher Besetzung gedrehte Fortsetzung Die Addams Family in verrückter Tradition (1993) dank unzähliger TV-Ausstrahlung in den späten 1990ern und frühen 2000ern zu meinen Lieblingsfilmen zählt.
Die DVD mit dem lediglich etwa zwei Minuten längeren „More Mamushka Extended Cut“ (in welcher die irrwitzige Musical-Sequenz im Gegensatz zur Kinofassung vollständig enthalten ist) nahm ich zum Anlass, Addams Family einer zweiten Sichtung zu unterziehen. Auch wenn sich der Film als halbwegs familientaugliche Horror-Komödie präsentiert und man bei der Story etwas Abstriche machen muss, so fühlte ich mich doch dank der spaßigen Einfälle und des starken Ensembles gut unterhalten.
Addams Family war seinerzeit das Regie-Debüt von Barry Sonnenfeld (Men in Black-Trilogie, Wild Wild West, Pushing Daisies), der zuvor als Kameramann, etwa für die Coen-Brüder (Blood Simple, Arizona Junior, Miller’s Crossing) und Rob Reiner (Big, Harry und Sally, Misery), gearbeitet hatte. Die Produktion des ersten „Addams“-Kinofilms stand unter keinem guten Stern. Das ursprüngliche Studio Orionging während des Drehs in Konkurs und Paramount üernahm. Die Dreharbeiten dauerten länger als geplant und das Budget wuchs von 25 auf 30 Millionen US-Dollar. Kameramann Owen Roizman (1936-2023: The French Connection, Der Exorzist) verließ die Produktion vorzeitig und wurde durch Gale Tattersall (Dr. House) ersetzt, der ebenfalls vorzeitig ausschied, so dass Sonnenfeld kurz vor Drehschluss einspringen musste. Dennoch wurde die erste Leinwand-Adaption der schwarzen Familie ein Erfolg und spielte weltweit 191 Millionen ein, davon allein 113 Millionen in den USA.
Die Geschichte um die wundersame Rückkehr des verschollenen Onkels Fester und die Zweifel darüber, ob er wirklich der echte oder doch nur ein Betrüger ist, sowie das ganze Drumherum hat mich als erfahrenen Zuschauer jetzt nicht wirklich überzeugt, wenngleich sich das alles kurzweilig und turbulent gestaltet. Umso mehr funktionieren die effektvoll ins Szene gesetzten, absurd-komischen Aktionen der finster wirkenden Chaos-Familie und die herrlich überdrehten Figuren. Fans des schwarzen Humors werden hier viel zu lachen haben, vor allem weil sich der Film bisweilen wie eine Achterbahnfahrt durch das schaurige Anwesen der titelgebenden Familie anfühlt.
Dazu konnte Sonnenfeld hier exzellente Schauspieler*innen verpflichten. Raul Julia (1940-1994; Kuss der Spinnenfrau) als leidenschaftlich-aufbrausender Gomez, Anjelica Huston (Hexen hexen [1990]) als genüsslich-düstere Morticia, die damals zehnjährige Christina Ricci (Meerjungfrauen küssen besser) als finstere Wednesday, Christopher Lloyd (Zurück in die Zukunft) als zwielichtig-trotteliger Fester und Carel Struycken (Twin Peaks) als schweigender Butler-Hüne Lurch, um nur einige zu nennen. Dazu kommt herrlicher Dialogwitz und ein tolles Setdesign. Und ehrlich gesagt will ich mir gar nicht vorstellen, dass man an der Mamushka-Szene etwas kürzen könnte.
Nach dem Erfolg des ersten Kinofilms sollte nicht nur der bereits erwähnte zweite folgen, sondern auch eine erneute Zeichentrickserie (1992/93), ein weiteres Sequel mit fast kompletter Neubesetzung (1998), eine weitere Serie (1998/99) sowie zwei Animationsfilme (2019 und 2021) und die Netflix-Serie Wednesday (seit 2022).
Addams Family von Barry Sonnenfeld ist auf DVD und BluRay erhältlich, aktuell Teil des Angebots von Netflix sowie als kostenpflichtiger Stream bei diversen Anbietern verfügbar.
Fazit: Inhaltlich etwas maue, aber herrlich schwarzhumorige und stark gespielte Komödie über die titelgebende, makabre Sippe. 7 von 10 Punkten.
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DVD-Features
Sprachen: Deutsch, Englisch.
Untertitel: Deutsch, Englisch.
Extras:
Einleitung zum „More Mamushja Extended Cut“ von Barry Sonenfeld (1 Min.)
Barry Sonnenfeld über The Addams Family (17 Min.)
Featurette (7 Min.)
US-Kinotrailer
Deutscher Kinotrailer
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Marius Joa, 2. November 2024. Bilder: Capelight/MGM.
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