Bereits mit der ersten Staffel hatte Akte X eine Mystery-Welle losgetreten und viele Fans gewonnen. Mit der zweiten Season wurde vor allem die tiefgreifende Serienmythologie auf dramatische Weise vorangetrieben.
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Akte X: Die unheimlichen Fälle des FBI – Staffel 2 (X-Files: Season 2)
Mysteryserie USA/Kanada 1994/95. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 25 Folgen. Gesamtlänge: ca. 1120 Minuten. TV-Erstausstrahlung: 7. September 1995.
Mit: David Duchovny, Gillian Anderson, Mitch Pileggi, Steven Williams, William B. Davis, Nicholas Lea u.a. Idee: Chris Carter.
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Die Wiedereröffnung
Die X-Akten sind geschlossen, Mulder (David Duchovny) und Scully (Gillian Anderson) wurden anderen Aufgaben zugeordnet. Während die ausgebildete Ärztin Gerichtsmedizin an der FBI-Akademie in Quantico lehrt, wurde Mulder von seinem Vorgesetzten, Assistant Director Skinner (Mitch Pileggi), zu stupiden Überwachungsoperationen verdonnert. Doch auch wenn sein Informant Deep Throat getötet und Beweise für eine große Regierungsverschwörung im Zusammenhang mit der Existenz außerirdischen Lebens vernichtet wurden, so forscht Mulder heimlich weiter. Der junge Agent Alex Krycek (Nicholas Lea) wird ihm als neuer Partner zur Seite gestellt. Als jedoch der traumatisierte Duane Barry (Steve Railsback), der behauptet regelmäßig von Außerirdischen entführt zu werden, Geiseln nimmt und anschließend Scully aus ihrer Wohnung verschleppt, scheint nichts mehr wie zuvor. Mulder startet eine verzweifelte Suchaktion nach seiner Partnerin, in der Hoffnung, dass sie noch am Leben ist.
Im Zirkus
Obwohl das große Network Fox damals seine völlig neuartige Serie Akte X auf dem als Quotengrab geltenden Freitagabend sendete, erreichte die erste Staffel mehr als beachtliche Zuschauerzahlen und machte so die Bestellung einer zweiten Season, für die der Sender die ungewöhnlich hohe Anzahl von 25 Episoden orderte, möglich. Vor allem im noch kleinen, jungen Medium namens Internet hatte sich Chris Carters Mystery-Show eine große Fangemeinde erobert.
Bereits im letzten Drittel von Season eins gab es “Umstände”, die eine Änderung der Dreharbeiten mit Scully-Darstellerin Gillian Anderson erforderten. Anderson, die am 1. Januar 1994 den Ausstattungsmitarbeiter Clyde Klotz geheiratet hatte, war schwanger. Das bedeutete dass die Schauspielerin fortan in langen Mänteln und Nahaufnahmen gefilmt werden musste. Und natürlich, dass die Schwangerschaft auch Auswirkungen auf die Handlung der Serie hatte. Carter wollte vermeiden, seine Hauptdarstellerin durch eine andere zu ersetzen oder aus der Serie zu schreiben. Aber Scully sollte auch kein Alien-Baby zur Welt bringen. So entschied man sich, die Serienmythologie dahingehend zu entwickeln, dass die FBI-Agentin zwischenzeitlich entführt wird. Wenige Wochen nach der Geburt ihrer Tochter Piper Maru am 25. September 1994 nahm Gillian Anderson die Dreharbeiten zu Akte X wieder auf und so fehlt sie effektiv nur in einer Folge der zweiten Staffel. Dass ausgerechnet diese Episode über moderne Vampire (mit dem einfachen Titel 3) die einzig wirklich schwache der ganzen Season ist, spricht dafür, dass trotz der großen Folgenanzahl (25, eine mehr als zuvor) die hohe Qualitätsdichte aufrechterhalten werden konnte.
Während sie in den “Monster-der-Woche”-Episoden auf unerklärliche Vorfälle verschiedenster Art (z.B. einen auf Menschengröße mutierten Wurm) oder abgründige Mordserien stoßen, so sind es jedoch jene Folgen zur Vertiefung der umfassenden Serienmythologie, die Mulder und Scully alles abverlangen. Vor allem Mulder muss besonders viel erdulden. Er droht zeitweise Scully, seine Partnerin auf der Suche nach der Wahrheit, zu verlieren. Im Zweiteiler Die Kolonie (2×16 und 2×17) tritt er nach 22 Jahren wieder auf seine Schwester, wobei die Wiedersehensfreude nicht lange währt. Zum Ende der Season beginnt der FBI-Agent schließlich an seiner “Mission” zu zweifeln. Man kann es ihm nicht verübeln.
Das Ensemble der nicht unwichtigen Nebenfiguren erweitert sich kontinuierlich. Während die Rolle von FBI Assistant Director Walter Skinner (Mitch Pileggi), der im Jahr zuvor nur einmal vorkam, mehr Profil erhält, lernen wir weitere neue Charaktere kennen: Mulders Eltern (Peter Donat, Rebecca Toolan) sowie seinen neuen Informanten “X” (Steven Williams), aber auch den hinterlistigen Jung-Agenten Alex Krychek (Nicholas Lea), dessen wahre Absichten sich früh herauskristallisieren.
Bei aller Wichtigkeit der Mythologie-Episoden die beste Folge der zweiten Sason ist zweifelsohne eine mit Alleinstellungsmerkmal, nämlich Der Zirkus (2×20; Originaltitel: Humbug), aus der Feder von Drehbuchautor Darin Morgan, der in Der Parasit (2×02) übrigens das Wurm-Monster “Flukeman” verkörperte. Bei der Geschichte, in welcher die FBI-Agenten eine gruselige Mordserie in einem Zirkus untersuchen, werden sowohl gängige Freakshow-Klischees (wie Zwergwüchsige, bärtige Ladies, siamesische Zwillinge usw.) auf liebevolle Weise zelebriert als auch das Format der Serie in schräger Manier karikiert.
Anasazi, die 25. und letzte Folge der 2. Staffel der unheimlichen Fälle des FBI schockte mich damals (Anfang Mai 1996, also gut genau 20 Jahren) mit einem der brutalsten Cliffhanger der Fernsehgeschichte. In einer Zeitm in der die allermeisten Haushalte keinen Internetzugang hatten, mussten mein Vater und ich auf die Fortsetzung der dreiteiligen Geschichte bis Ende Oktober des gleichen Jahres warten. Aber das Warten wurde belohnt. Mehr dazu demnächst in der bevorstehenden Kritik zu Staffel 3.
Fazit: Trotz schweren persönlichen Hürden gelingt es Mulder und Scully tiefer in das weitreichende Verschwörungsnetz vorzudringen sowie weitere paranormale Fälle zu untersuchen. Und Akte X schaffte es mit Staffel zwei, sich zu etablieren. 9 von 10 Punkten.
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Assistant Director Skinner
Mulders neuer Partner: Alex Krychek
Scully an der Grenze
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