Aus den tiefen Untiefen der letzten “SchLeFaZ”-Staffel kommt Ator – Der Unbesiegbare, die filmische Kellerwohnung des grottigen (!) Billig-Barbaren-Fantasy-Booms aus Italien.
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Ator – Der Unbesiegbare (Ator 2 – L’invincibile Orion)
Abenteuerfilm Italien 1984. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 82 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Miles O’Keeffe, Lisa Foster, Charles Borromel, Kiro Wehara alias Chen Wong, David Brandon alias David Cain Haughton u.a. Regie: Joe D’Amato alias David Hills.
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In grottiger Vorzeit
In grauer Vorzeit. Der weise Akronnos (Charles Borromel) entdeckt die Kernenergie. Damit seine neue, möglicherweise verheerende Erfindung nicht in falsche Hände gerät, schickt er Tochter Mila (Lisa Foster), um Ator zu finden. Ator (Miles O’Keeffe), einst Schüler von Akronnos, gilt as unbesiegbarer Kämpfer für die gute Sache. Doch auch der böse und skrupellose Zoran (David Brandon), ebenfalls ein Akronnos-Alumni, erfährt von dem “Strahlenden” und nimmt seinen Lehrmeister in dessen eigener Burg als Geisel. Mila hat unterdessen Ator und dessen Kampfgefährten Thong (Kiro Wehara) gefunden. Gemeinsam macht sich das Trio auf den gefährlichen Weg zurück, um Akronnos zu befreien und die finsteren Pläne Zorans zu vereiteln…
Mit Zoran ist nicht zu spaßen
Früher, als die Billigkopien (heutzutage nennt man das “Mockbuster”) erfolgreicher Blockbuster und Genrefilme noch aus dem Land von Berlusconi und Bunga-Bunga kamen, sorgte die US-Produktion Conan der Barbar (1982) von John Milius mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle für eine (Schock-)Welle billiger Barbarenfilme auf der Apennin-Halbinsel. Den Höhepunkt lieferte vermutlich Luigi Cozzi alias Lewis Coates mit den beiden Herkules-Filmen von 1983 und 1985, in welchen Lou “Hulk” Ferrigno die Hauptrolle spielte und die sich freilich auch auf die Sandalenfilme der späten 1950er/frühen 1960er bezogen. Den Tiefpunkt des Genres hat Regisseur Joe D’Amato, auch bekannt für Kannibalen-Horror sowie Hardcore- und Softerotikfilme, zu verantworten. Denn sein Beitrag Ator – Der Unbesiegbare (der zweite Teil einer Quadrologie) ist eine unvorstellbar uninspirierte Aneinanderreihung lebloser Szenenschnipsel ohne Logik und nur von einem äußerst groben “Handlungskonstrukt” zusammengehalten. Aber Hauptdarsteller Miles O’Keeffe (Camelot – Der Fluch des Goldenen Schwertes, Tarzan – Herr des Urwalds) hatte noch ein bisschen Restvertrag vom Vorgänger Ator – Herr des Feuers übrig und so dreht man mal eben für zwei Wochen, ohne sich um so etwas Nebensächliches wie ein Skript zu kümmern.
Die “Geschichte” (wollen wir das fragmentarische Etwas gnädigerweise mal so nennen) bedient sich diverser Versatzstücke, die mit der Wurschtigkeit eines Analog-Parmaschinkens abgefrühstückt werden. Oberstes Prinzip: Zeit schinden. “Ator 2” dauert nur etwa 80 Minuten, aber maximal zwei Drittel davon passiert wirklich irgendetwas. Das erspart dem Zuschauer auch die Qual, den ersten Teil überhaupt ansehen zu müssen, denn dieser wird in einer längeren Rückblende mal schnell ganz anders nacherzählt. Hier bekommt man auch eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie das Adjektiv “grottig” seine übertragene Bedeutung erhielt. Denn vermutlich jede dritte Szene wurde in der gleichen (!) Höhle gedreht, egal ob in Ators Heimstätte, Akronnos Labor oder ein vermeintlich wüstes Gemetzel unter Höhlenmenschen, das von Maestro D’Amato wahrscheinlich als Hommage an irgendeinen richtig guten Film gedacht war.
Leider hält sich die unfreiwillige Komik in Grenzen, auch wenn es schon ziemlich hirnverbrannt ist, was einem hier vorgesetzt wird. Da wird zu Beginn der Held Ator als der stärkste und beste von allen angepriesen. Er ist nicht nur sehr stark und macht Bodybuilding mit riesigen Felsbrocken, sondern auch in diversen Wissenschaften mehr als bewandert. Mit einem Holzhammer von der Größe, bei welcher Donnergott Thor passen würde, wird also dem Zuschauer eingebläut, dass Ator einfach der perfekte Tausendsassa ist. Das sich der muskelbepackte und optisch an He-Man erinnernde Heros aber von einer Gruppe Dorfbewohner überlisten lässt und die halbe Filmlänge über gefesselt bleibt, ohne auch nur einen müden Befreiungsversuch zu unternehmen, lässt sich nicht mehr als kleiner Anschlussfehler abtun. So schaut Ator einfach nur versteinert zu, als die Dorfbewohner massakriert und seine Mitgefangenen nacheinander einem Schlangengott geopfert werden. Das große Ungetüm darf Ator freilich dann kaltmachen, wobei Darsteller Miles O’Keeffe einfach mit einem riesigen Stoffwurm (?) ringt, der etwa so beweglich ist wie der Riesentintenfisch in Ed Woods Die Rache des Würgers.
Ator – Der Unbesiegbare ist auch ein beispielloses Sammelsurium abgedroschenster Dialoge. Zur Höchstform läuft hier Bösewicht Zoran, der aussieht als hätten die Masken-/Kostümbildner Outfits und Make Up von Dschingis Khan und Freddie Mercury vermischt, auf (“Der weise Akronnos hat mich gelehrt, dass der Unterschied zwischen Güte und Dummheit nur ganz ganz gering ist.”). Im großen Showdown wird nocheinmal alles aufgeboten, was das kärgliche Budget hergab. Mit einem Hängegleiter überfliegt der unbesiegbare Barbaren-Supermann Schloss Hohenschwangau in Bayern und bombadiert Zorans Schergen mit vorsinnflutlichen Handgranaten. Passend zur plumpen Machart werden die Zuschauerohren noch von Carlo Rustichellis Score aus der Synthie-Mottenkiste vergewaltigt, der teilweise verdächtig nach der Titelmelodie des ZDF-Dauerbrenners Das Traumschiff klingt. Manche Filme muss man einfach gesehen haben. Ator – Der Unbesiegbare gehört nicht dazu.
Fazit: Ator, Btor und Ctor stehen vor dem Drehtor. Dieser mäßige Wortwitz ist vermutlich besser als der ganze Film. 1 von 10 Punkten.
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Ator und Mila in der Gewalt von Zoran
“Grottige” Momente
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Marius Joa, 6. Januar 2017. Bilder: e-m-s.
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