Babylon 5 – Die Zusammenkunft

Mit „Babylon 5“ boten die 90er Jahre neben dem Star-Trek-Franchise eine echte Alternative im Bereich Science-Fiction-Unterhaltung. Marius Joa hat sich den Pilotfilm angesehen und schreibt über die Einführung in die unendlichen Weiten des B5-Universums.

(Babylon 5: The Gathering)
TV-Science-Fiction-Film USA 1993. Pilotfilm zur 110tlg. SF-Serie 1994-1998.
Originalkonzept: J. Michael Straczynski. Regie: Richard Compton. 90 Minuten. FSK ab 12.
Mit Michael O’ Hare, Tamlyn Tomita, Jerry Doyle, Mira Furlan, Patricia Tallman, Peter Jurasik, Andreas Katsulas, Johnny Sekka, Blair Baron, John Fleck u.v.a.

Wir schreiben das Jahr 2257. Zehn Jahre nach dem Ende des für die Erde verlustreichen Krieges gegen die hochentwickelten Minbari bemüht sich die Erdallianz um Frieden im Weltall. Zu diesem Zweck wurde die gigantische Raumstation Babylon 5 in neutralem Gebiet im All gebaut, um als Ort der Diplomatie und der Verständigung eine Basis für das friedliche Zusammenleben von 250 000 Lebewesen zu bieten.

Anfang 2257 soll nach den Vertretern der Minbari, der Narn und der Centauri auch der Botschafter der vierten großen Weltraummacht, der Vorlonen auf Babylon 5 eintreffen. Kein Mensch hat bisher einen Vorlonen gesehen und so ist die Neugier groß. Als jedoch der mysteriöse Botschafter Kosh nach dem Andocken die Station betritt, wird er scheinbar leblos aufgefunden. Stationsarzt Dr. Kyle (Johnny Sekka) untersucht den unter einem Druckanzug verborgenen Kosh und kann nichts finden. Die Vorlonen bestehen auf Nichteinmischung und äußerste Geheimhaltung. Als der Arzt keinen Rat mehr weiß und der Zustand des Vorlonen kritisch ist, beschließen Kyle und Lieutenant Commander Takashima (Tamlyn Tomita), die Telepathin Lyta Alexander (Patricia Tallman) damit zu beauftragen, per Gedanken-Scan heraus zu finden, was Kosh kurz vor seinem Zusammenbruch gesehen hat. Lyta weigert sich, mit der Begründung, dass ein solches Vorgehen gegen sämtliche Regelungen des für Telepathen zuständigen PSI-Corps wäre. Doch Kyle und Takashima können Lyta überreden, in den Geist Koshs zu sehen. Der Vorlone wurde vergiftet: von Commander Jeffrey Sinclair (Michael O’ Hare, Bild links), dem Leiter der Station! Doch wie kann das sein, steckte doch Sinclair während des Vorfalls noch kurz im Aufzug fest? Sicherheitschef Garibaldi (Jerry Doyle) ermittelt. Durch eine Intrige des Narn-Botschafters G’ Kar (Andreas Katsulas) entscheidet der diplomatische Rat der Station, dass Sinclair den Vorlonen zur endgültigen Verurteilung ausgeliefert werden soll. Es bleiben nur noch zwölf Stunden um die Unschuld des Commanders zu beweisen.

J. Michael Straczynski, oft nur „JMS“ genannt, Autor für US-Fernsehserien wie „He-Man And The Masters Of The Universe“ oder „Mord ist ihr Hobby“, entwickelte Ende der 80er Jahre das Konzept und erste Drehbücher zu einer geplanten Science-Fiction-Serie namens „Babylon 5“. Die Studiobosse bei Warner waren skeptisch über den Plan für eine Serie, deren Handlungsbogen sich über 5 Staffeln erstrecken sollte und so zusammenhängend wie ein fast endloser Fortsetzungsroman sein sollte. Dennoch gaben sie für den Pilotfilm und später für die ersten Folgen grünes Licht, in der Erwartung eine solch komplexe Space Opera in Serienform werde keine Zuschauer finden. „Babylon 5“ hatte zwar oft nur durchschnittliche Zuschauerzahlen, erschuf sich jedoch eine unvergleichliche Fangemeinde.

Der Pilotfilm, der Anfang 1993 und somit ein Jahr vor dem eigentlich Beginn der Serie, ausgestrahlt wurde, hat im Nachhinein im Vergleich zu den fünf Staffeln ein anderes Feeling. Zwar wurden bereits spätere Storyelemente verwendet, doch unterschied sich der Look doch etwas von dem der Serienstaffeln. So wirkt z.B. Minbari-Botschafterin Delenn (Mira Furlan) in diesem Film noch androgyner, unberechenbarer und strenger. Narn-Botschafter G’Kar, der im Verlauf der Serie zum Freiheitskämpfer und Philosoph wird, ist hier nur ein verschlagener Intrigant, der die Vergiftung Koshs am liebsten seinem Erzfeind Londo Mollari in die Schuhe schieben will. Erster Offizier Sinclairs zum ersten und letzten Mal ist hier die asiatischstämmige Tamlyn Tomita als Laurel Takashima, die glücklicherweise in der Serie ersetzt wurde, wirkt ihr Spiel doch in einigen Szenen etwas aufgesetzt. Etwas sympathischer wirkt da Johnny Sekka als Stationsarzt Dr. Benjamin Kyle, dessen Figur nach dem Vorfall mit dem Vorlonen auf die Erde abkommandiert wird und folglich ebenfalls ersetzt wurde. Ansonsten bietet „Die Zusammenkunft“ mit Commander Sinclair, Sicherheitschef Garibaldi, den Botschaftern Delenn, G’Kar, Londo und Kosh sowie der Telepathin Lyta Alexander, die man allerdings erst später wieder zu Gesicht bekam, schon einige der Hauptcharaktere der späteren Staffeln.

Aufgrund in etwa der gleichen Laufzeit und der Tatsache, dass es sich in beiden Serien um die Vorgänge auf einer Raumstation dreht, wird „Babylon 5“ oft mit „Star Trek: Deep Space Nine“ verglichen. Fans beider Lager stritten bzw. streiten sich gerne darüber, wer das Konzept von wem „geklaut“ hat. Da JMS sein Konzept aber schon Ende der 80er Jahre entwarf, kann man davon ausgehen, dass beide Serien unabhängig voneinander entstanden. Im Gegensatz zu anderen Science-Fiction-Serien wie Star Trek setzte man bei B5 verstärkt auf computergenerierte visuelle Effekte, nicht immer zum eigenen Vorteil, wie man auch in diesem Pilotfilm sieht. In dieser Hinsicht konnte „Babylon 5“ mit den Star-Trek-Folgen seiner Zeit nicht ganz mithalten.

Die Zusammenkunft ist ein ordentlicher und wichtiger Einstieg ins große B5-Universum, wirkt aber insgesamt an einigen Stellen noch nicht ausgereift. Da wäre ist z.B. die teilweise platt-überzogene Musik von Stewart Copeland. In der Serie übernahm dann Christoph(er) Franke, ehemaliges Mitglied der Gruppe Tangerine Dream, die Komposition des Scores. Für jeden Fan und Interessierten dürfte der Pilotfilm aber absolute Pflicht sein, da er den sich über alle fünf Staffeln erstreckenden Handlungskern langsam beginnt.

Fazit: Ordentlicher Pilotfilm zur preisgekrönten und äußerst beliebten Science-Fiction-Serie, der sich von dieser etwas unterscheidet und noch nicht ganz ausgereift wirkt. 6 von 10 Punkten.


Der geheimnisvolle Botschafter der Vorlonen.

Infos zur DVD:

Sprachen: Deutsch (Dolby Surround 2.0), Englisch (Dolby Surround 2.0)
Untertitel: Deutsch. Englisch, Holländisch, Norwegisch, Schwedisch, Finnisch, Tschechisch, Türkisch, Polnisch, Griechisch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch für Hörgeschädigte

Die DVD erschien 2003 mit dem Titelzusatz „Space Center Babylon 5“. Echtes Bonusmaterial gibt es leider keines, nur eine überflüssige Texttafel über Besetzung und Stab. Im November 2005 erschien eine Superbox der Serie, in welcher alle fünf Staffeln, der Pilotfilm und alle weiteren fünf Fernsehfilme enthalten sind. Seit 21. April 2006 gibt es zusätzlich die DVD-Box „Babylon 5 – The Movies“, mit dem Pilotfilm und den fünf TV-Filmen.
Auf dem Cover von „Die Zusammenkunft“ ist übrigens Bruce Boxleitner als Captain Sinclair zu sehen, ein Charakter, der erst in der zweiten Staffel in Erscheinung trat. Der offensichtliche Fehler ist wohl damit zu begründen, dass für das zur gleichen Zeit auf DVD veröffentlichen Prequel Der Erste Schritt das identische Cover verwendet wurde.
Im englischsprachigen Raum gibt es eine Extended Edition von „Die Zusammenkunft (The Gathering)“, die ca. zehn Minuten länger ist als die ursprüngliche Fernsehfassung und neben neuen Szenen auch die effektemäßige Überarbeitung sowie einen neuen Score von Serienkomponist Christopher Franke enthält. Leider ist diese DVD hierzulande noch nicht erschienen.

Infos zum „Babylon 5“-Universum:

„Babylon 5“ besteht aus fünf Staffeln mit jeweils 22 Folgen, insgesamt also 110 Folgen, mit einer Laufzeit von ca. 42 Minuten (PAL-DVD). Neben dem Pilotfilm „Die Zusammenkunft“ und den Serienstaffeln entstanden von 1998 bis 1999 vier Fernsehfilme („Der Erste Schritt“, „Das Tor zur 3. Dimension“, „Der Fluss der Seelen“ und „Waffenbrüder“). 2002 wurde mit Legende der Ranger ein weiterer TV-Film in den USA ausgestrahlt, der eine neue Serie einleiten sollte. Diese Fortführung kam aber wegen schwacher Quoten nie zustande. Waffenbrüder wiederum ist quasi der Pilotfilm der Spin-Off-Serie Crusade (1999), die aber bereits vor dem ersten Sendetermin nach 13 Folgen eingestellt wurde. Ein Kinofilm unter dem Titel „Babylon 5: The Memory Of Shadows“ scheiterte Anfang 2005 im Verhandlungsstatus. Im November 2006 fanden allerdings die Dreharbeiten zu „Babylon 5: The Lost Tales – Voices In The Dark“ statt, einem von zwei oder mehreren TV-Filmen, die erst auf DVD erscheinen sollen, der erste voraussichtlich im Sommer oder Herbst 2007.

Linktipp: www.goldkanal.de

Marius Joa, 25. Januar 2007. Bilder: Warner.


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