Sieben junge Frauen müssen in Bearkittens, dem zweiten Film der Obsessive Filmmakers Nisan Arikan und Lars Henriks, Sozialstunden ableisten und daher im Wald Müll sammeln. Ein Mordsspaß, oder?
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Bearkittens
Horrorkomödie Deutschland 2018. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 72 Minuten.
Mit: Stefanie Borbe, Hannah Bortz, Lisa Elke Eschenbrenner, Maren Kraus, Sara Mahle, Virginia Roncalli, Lorina Seipp, Kionia Winter, William Schmidt u.a. Drehbuch und Regie: Lars Henriks.
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Wehe wenn sie losgelassen
Sieben junge Frauen müssen wegen mehr oder minder kleiner Vergehen Sozialstunden ableisten: die ambitionierte Schülerin Alicia (Virginia Roncalli), die rebellische Svenja (Hannah Bortz), die beiden wegen Drogenkonsum aufgefallenen besten Freundinnen Xenia (Lisa Elke Eschenbrenner) und Soraya (Lorina Seipp), Projektmanagerin Alex (Sarah Mahle), die narzisstische Janine (Maren Kraus) sowie das naive Model Sophia (Kionia Winter). Gemeinsam mit Betreuerin Petra (Stefanie Borbe) machen sich die Mädchen in den Wald auf, um dort Müll zu sammeln und zu campen. Am nächsten Morgen finden sie eine Leiche…
Sophia ist anhänglich
Für ihren ersten gemeinsamen Film, die Scifi-Comedy Leon muss sterben (2017), hatten die Obsessive Filmmakers Nisan Arikan und Lars Henriks (bürgerlich: Lars Kokemüller) 100 € zur Verfügung. Das Budget zum Nachfolger betrug dann immerhin „schon“ 3.000 €. Gedreht wurde Bearkittens mit Schülerinnen der Bühnenstudios Hamburg, mit welchen Arikan und Henriks die Figuren entwickelten. Die frühere Schauspielschule der beiden Filmemacher fungierte auch als Produktionsfirma. Trotz der finanziellen Begrenzungen liefern die zwanghaften Cineasten hier ein kuriose Indie-Juwel ab, das gekonnt mit diversen Horromotiven spielt und nicht wirklich billig wirkt.
Das Drehbuch nutzt die kurze Laufzeit effektiv aus. Der Ausflug in den Wald bildet die zentrale Geschichte. In zwei weiteren Handlungssträngen widmet man sich zum einen den Hintergrundstories der Frauen, ohne deren Background jedoch komplett auszuleuchten. Außerdem rahmen kurze Ausschnitte aus Einzelverhören die Haupthandlung ein. Die Auslassungen gehören definitiv zu den Stärken des Films. Nisan Arikan (Produktion, Schnitt, Ausstattung, Kostüme) und Lars Henriks (Drehbuch, Regie, Ton) montieren die drei Handlungsebenen in gekonnter Weise zusammen. In den Rückblenden setzt das Duo auf surreale Farbgebung, ähnlich wie in ihrem folgenden Projekt, der Theatersatire Performaniax (2019).
Bearkittens glänzt aber vor allem bei seiner fast ausschließlich weiblichen Besetzung. Egal ob Stefanie Borbe in der Rolle der gutmütigen, aber unfähigen Betreuerin Petra, Hannah Hortz als aggressive Rebellin Svenja, Virginia Roncalli (Die Schauspielschüler) als (verdächtig) ruhige Schülerin Alicia, Lisa Elke Eschenbrenner als prollige Xenia oder Kionia Winter, die hier neben ihrem Part als unreifem Model Sophia auch noch für das Make Up verantwortlich war. Allen Darstellerinnen gelingt es trotz leichter Überzeichnung durchweg authentisch zu sein. Auf große Effekte muss man hier natürlich verzichten. Doch macht das OF-Duo wie schon bei „Leon“ aus dieser Not eine Tugend. Da liegt der Schwerpunkt eben weniger auf Horror, sondern rückt Gesprächsszenen und Figurendynamik in den Mittelpunkt. Quasi Breakfast Club im Blair Witch Project-Setting. Das tut allerdings der schwarzhumorigen Abgründigkeit keinen Abbruch.
Bearkittens ist als Stream bei Amazon Instant Video abrufbar.
Fazit: Schräge, abgründige Horrorkomödie über eine Gruppe junger Frauen und ihren folgenreichen Ausflug in den Wald, welche vor allem vom starken Ensemble profitiert. 8 von 10 Punkten.
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Gemütliches Beisammensein
Im Wald
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Marius Joa, 29. Januar 2021. Bilder: Obsessive Filmmakers/Amazon.
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