Durch Bodyguard von Regisseur Mick Jackson, mit Kevin Costner und Whitney Houston in den Hauptrollen, wurde ich mit 12 Jahren zum großen Fan der amerikanischen Soulsängerin. Doch kann der Film auch dreißig Jahre später noch überzeugen?
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Bodyguard (The Bodyguard)
Drama/Thriller USA 1992. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 129 Minuten. Kinostart: 7. Januar 1993.
Mit: Kevin Costner, Whitney Houston, Gary Kemp, Bill Cobbs, Mike Starr, Christopher Birt, DeVaughn Nixon, Michele Lamar Richards, Thomas Arana, Ralph Waite u.a. Drehbuch: Lawrence Kasdan. Regie: Mick Jackson.
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Popstar und Personenschützer
Frank Farmer (Kevin Costner) gilt als der beste Mann der Personenschutz-Branche. Nach seiner Zeit beim Secret Service hat er eine erfolgreiche Karriere als freischaffender Bodyguard gestartet. Lange bleibt Frank allerdings nicht beim gleichen Klienten. Nach dem erfolgreichen Abschluss eines Auftrags wird Manager Bill Devaney (Bill Cobbs) bei Farmer vorstellig und bittet ihn darum, die sehr erfolgreiche Sängerin Rachel Marron (Whitney Houston) und deren Familie zu beschützen. Widerwillig erklärt sich Frank bereit, Rachel zu treffen und die Situation zu analysieren. Im leicht zugänglichen und frequentierten Anwesen sorgt Farmer für seine Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit für Unmut bei Rachel, ihrem leicht reizbaren Assistentin Sy (Gary Kemp) und dem bisherigen Leibwächter Tony (Mike Starr). Doch als Rachel von einem Stalker erfährt, der ihr immer wieder Drohbriefe schreibt und früher schon einmal in ihr Haus eingebrochen ist, und es bei einem spontanen Auftritt in einem Club zu einem gefährlichen Zwischenfall kommt, aus dem Frank sie rettet, erkennt die Sängerin die Notwendigkeit der Sicherheitsmaßnahmen, auch aus Sorge um ihren achtjährigen Sohn Fletcher (DeVaughn Nixon). Während Frank die Baumaßnahmen am Marron-Anwesen überwacht und Chauffeur Henry (Christopher Birt) zu seiner rechten Hand ausbildet, träumt Rachel, die auch als Schauspielerin tätig ist, von ihrem ersten Oscar. Die bevorstehende Verleihung der Academy Awards wird zur großen Herausforderung für alle Beteiligten…
Arielle, die Meerjungfrau (1989), den ich bei meinem allerersten Kinobesuch im Dezember 1990 sah, wurde gut zwei Jahre später durch Bodyguard (1992) als Lieblingsfilm ersetzt. Bereits im Vorfeld des Kinostarts wurde ich durch die Soundtrack-CD (meine erste eigene Compact Disc) zum großen Fan von Whitney Houston. Eine Leidenschaft, die durch den Kinobesuch kurz nach meinem 12. Geburtstag umso mehr entfacht wurde. Monate später besaß ich den Film auf VHS. In den Folgejahren war Whitneys Musik vor ihrem Schauspieldebüt mein ständiger Begleiter. Mit der Jahrtausendwende und Houstons immer größeren Suchtproblemen, welche schließlich zu ihrem viel zu frühen Tod mit 49 Jahren am 11. Februar 2012 führten, wandte ich mich allmählich musikalisch ganz anderen Künstler*innen zu. Die Rolle als meine Lieblingssängerin übernahmen Björk, Loreena McKennitt, Lisa Gerrard und weitere. 30 Jahre später und vermutlich ein Vierteljahrhundert nach der letzten Sichtung habe ich Bodyguard kürzlich wieder angesehen, das erste Mal in der Originalfassung.
Lawrence Kasdan, bekannt als Autor mehrerer Star Wars-Filme und des ersten Indiana Jones-Abenteuers Jäger des verlorenen Schatzes, hatte das Skript zu Bodyguard bereits während seiner Zeit als Werbetexter Mitte der 1970er geschrieben. Hollywoodstar Steve McQueen (u.a. Bullitt)undSängerin Diana Ross waren für die beiden zentralen Parts vorgesehen, doch zur damaligen Zeit erachtete man es als zu problematisch, ein solches Thema mit zwei Schauspielern unterschiedlicher ethnischer Herkunft umzusetzen. Ende der Siebziger war dann Ryan O’Neal (Love Story) als Bodyguard an der Seite von Ross vorgesehen, doch große Differenzen unter den beiden Akteuren verhinderten die Produktion. Erst gut zehn Jahre später sollte Kasdans Geschichte endlich umgesetzt werden. Kasdan holte Kevin Costner, seit den späten 1980ern ein sehr erfolgreicher Schauspieler, der zudem für sein Regiedebüt Der mit dem Wolf tanzt (1990) jeweils den Oscar als bester Regisseur und für den besten Film gewonnen hatte, als Hauptdarsteller und Produzent mit an Bord. Für die Regie wurde der Brite Mick Jackson (L.A. Story) verpflichtet. Madonna war damals sehr an der weiblichen Hauptrolle interessiert, doch Kasdan, Costner und ihr Co-Produzent Jim Wilson entschieden sich für die damals ebenfalls sehr populäre Whitney Houston.
Als Filmfan mit allerlei Seherfahrung und einem mittlerweile sehr differenzierten Blick auf das Medium schreckt man manchmal ein wenig davor zurück, geliebte Streifen aus der Kindheit oder Jugend nach Ewigkeiten wieder anzusehen, mit der Befürchtung diese einst so vergötterten Werke könnten einer erwachsenen Betrachtungsweise nicht standhalten. Meine Erwartungshaltung vor dem Rewatch von Bodyguard war also eher etwas verhalten. Diesbezüglich hat mich das zwischen Drama und Thriller pendelnde Werk über einen Leibwächter und die Sängerin, welche er zu beschützen versucht, positiv überrascht.
Bodyguard zählt sicherlich nicht zu den Meilensteinen des Kinos aber die ganze negative Presse und die Nominierungen für sieben Goldene Himbeeren (u.a. schlechtester Film sowie schlechtester Hauptdarsteller und schlechtestes Hauptdarstellerin) hat der Film nicht verdient. Kasdan liefert hier eine solide Story ab, die nicht in allen Belangen überzeugt, aber doch vieles richtig macht. Im Mittelpunkt des Marketings stand die kolportierte Liebesgeschichte zwischen Personenschützer und Popstar, welche allerdings keine wirkliche Love Story ist. Frank und Rachel kommen sich näher, verbringen eine gemeinsame Nacht und den Rest des Films damit, ihre schwierige Leibwächter-Klientin-Beziehung wieder in Ordnung zu bringen. Die intime Annäherung ist daher nur eine von mehreren Stationen im Miteinander der beiden Charaktere. Die Frage, wer Rachel denn nun umbringen möchte, wird im Showdown bei der Oscar-Verleihung beantwortet. Die Auflösung macht aber doch relativ wenig Sinn und lässt stark vermuten, dass die Sache mit dem Killer lediglich als reiner Macguffin dient.
Trotz der nicht unbedingt kurzen Laufzeit verschwendet die Inszenierung keine Zeit, kommt immer ziemlich schnell zum Punkt, wie man bereits in der ersten Szene sieht. So präsent die Musik von Rachel Marron/Whitney Houston dank des erfolgreichsten Soundtracks aller Zeiten (über 45 Millionen verkaufter Tonträger weltweit) auch sein mag, so droht die Geschichte zu keiner Zeit durch ausladende musikalische Szenen vernachlässigt oder ausgegrenzt zu werden. Im Gegenteil, die Gesangseinlagen werden sehr gut in die Handlung integriert. Neben der offensichtlichen Anlehnung an Akira Kurosawas Samurai-Film Yojimbo – Der Leibwächter (1961) erweist sich das von Whitney Houston getragene Kostüm während der Queen of the Night-Performance als deutlich von Fritz Langs Metropolis inspiriert. Letzteres Detail war mir vor drei Jahrzehnten natürlich nicht aufgefallen.
Ähnlich wie die Story würde ich die Schauspielleistung der beiden Leading Actors, aber auch des ganzen Ensembles, als solide einstufen. Kevin Costners reduziert-wirkungsvolle Performance als beherrschter Titelheld (mit der gleichen Frisur wie Steve McQueen) könnte man eventuell auch als lustlos wahrnehmen. Whitney Houston bot damals an, im Vorfeld der Dreharbeiten Schauspielunterricht zu nehmen, doch lehnten es die Macher ab. Auch weil sich die Sängerin hier oder minder selbst spielt macht sie auf mich einen authentischen Eindruck. Für Whitney sollte es der Anfang einer eher kurzen, aber durchaus erfolgreichen Zweitkarriere als Schauspielerin werden. Hauptrollen mit musikalischen Darbietungen in Waiting to Exhale (1995) und Rendezvous mit einem Engel (Originaltitel:The Preacher’s Wife: 1996) folgten.
Der bereits erwähnte Soundtrack enthält neben Alan Silvestris Theme from the Bodyguard und weiteren im Film verwendeten Songs anderer Künstler wie Lisa Stansfield und Kenny G sechs von Whitney Houston gesungene Lieder. Drei neuen Songs, den Oscar-nominierten I Have Nothing und Run To You sowie dem rockigen Queen of The Night, stehen drei Cover-Versionen gegenüber: I’m Every Woman von Chaka Khan, die christliche Hymne Jesus Loves Me und natürlich das musikalische Centerpiece I Will Always Love You, dessen Originalversion 1973 von Dolly Parton geschrieben und erstmals aufgenommen wurde. Whitney Houston machte aus Partons universellem Countrysong eine echte Powerballade. Wenn man ein wenig auf den Text hört, lässt sich das Stück eindeutig als Trennungslied erkennen.
Trotz durchwachsener Kritiken wurde Bodyguard zum großen Kassenschlager und spielte mit 411 Millionen Dollar etwa das 16fache seines Budgets von 25 Millionen ein. Kevin Costner wollte ein paar Jahre später eine Fortsetzung mit Prinzessin Diana drehen und hatte ihr bereits den ersten Entwurf eines Drehbuchs geschickt. Mit dem Tod Dianas im August 1997 wurde auch das Sequel begraben.
Bodyguard ist auf DVD und BluRay erhältlich sowie als Stream bei diversen Anbietern verfügbar.
Fazit: Solides Thriller-Drama über die schwierige Beziehung eines Leibwächters zu einer Sängerin, mit Whitney Houston am Höhepunkt ihrer Karriere. 7 von 10 Punkten.
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BluRay Features
Sprachen:
Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Tschechisch
Untertitel:
Deutsch, Englisch, Italienisch (alle für Hörgeschädigte), Chinesisch, Dänisch, Finnisch, Französisch, Niederländisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Schwedisch, Spanisch, Tschechisch
Bonusmaterial:
Remembering The Bodyguard (26 Min.)
Original Kinotrailer
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Marius Joa, 26. März 2023. Bilder: Warner.
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