Dark Star

Jahre bevor John Carpenter mit Werken wie Halloween oder Die Klapperschlange für Furore sorgte drehte er einen kleinen Science-Fiction-Film als Abschlussarbeit an der Universität. Dark Star feiert dieses Jahr sein 50jähriges Jubiläum.

Dark Star – Finsterer Stern (Dark Star)
Science-Fiction-Satire USA 1974. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 83 Minuten.
Mit: Brian Narelle, Dan O’Bannon, Cal Kuniholm, Dre Pahich u.a. Drehbuch: John Carpenter und Dan O’Bannon. Regie: John Carpenter.



Bombenstimmung im Weltraum

Mitte des 22. Jahrhunderts. Die Menschheit dringt allmählich in die unendlichen Weiten des Weltraums vor, auch um diesen zu kolonisieren. Die Crew des Raumschiffes Dark Star hat die Aufgabe instabile Planeten zu sprengen. Zu diesem Zwecke hat die Dark Star ein ganzes Arsenal intelligener Bomben an Bord. Die Jahre lange Zeit an Bord des Schiffes und einige technische Defekte, welche für den Tod des kommandieren Offiziers Powell und die Zerstörung wichtiger Vorräte gesorgt haben, haben die kleine Besatzung ziemlich mürbe gemacht. Talby (Der Pahich) verlässt seinen Platz in der Beobachtungskuppel kaum noch. Sergeant Pinback (Dan O’Bannon) hat einst ein merkwürdiges Alien als Maskottchen an Bord gebracht. Lieutenant Doolittle (Brian Narelle) und Offizier Boiler (Cal Kuniholm) versuchen das Schiff am Laufen zu halten. Nach der Begegnung mit einem Meteoritensturm kommt es zu einem erneuten, folgenschweren Defekt. Bombe Nr. 20 kündigt die eigene Detonation an, ohne dass jedoch ein Befehl dazu gegeben wurde. Doolittle, Pinback und den anderen bleiben kaum Zeit, eine Katastrophe zu verhindern…

Stell dir vor, du fliegst auf einem Raumschiffs durchs All, fast alles geht schief und die ganze Angelegenheit ist ziemlich öde. Vermutlich mit dieser Grundidee im Kopf gingen Anfang der 1970er die beiden Filmstudenten John Carpenter (geboren 1948) und Dan O’Bannon (1946-2009) an ihre Abschlussarbeit an der University of Southern California. Die ca. 40 Minuten lange Featurette, die 1972 erstmals gezeigt wurde und deren Budget lediglich 6.000 US-Dollar betrug, erweckte die Aufmerksamkeit des Produzenten Jack H. Harris. Dank der von ihm zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel konnte weiteres Material gedreht werden, um Spielfilmlänge zu erreichen. In der 83-Minuten-Version feierte Dark Star vor 50 Jahren, am 30. März 1974, seine Premiere. Der reguläre US-Kinostart im Januar 1975 und ein Re-Relase 1979 brachten keinen großen Erfolg. Erst durch die Vide0-Veröffentlichung in den 1980er Jahren entwickelte die 60.000-Dollar-Produktion allmählich Kultstatus.

Die Crew bei ihrer Arbeit

Das Regiedebüt des damals 26jährigen John Carpenter, der später mit Filmen wie Halloween – die Nacht des Grauens (1978), Die Klapperschlange (1981) und Das Ding aus einer anderen Welt (1982)  auf sich aufmerksam machen sollte, erscheint aus unterschiedlichen Gründen bemerkenswert, Nicht nur dass Carpenter (Regie, Produktion, Musik, Nachsynchronisation) und sein Co-Autor/ Mitstreiter O’Bannon (Ausstattung, Spezialeffekte, Schnitt und Darsteller) ihr Werk beinahe im Alleingang stemmten, sondern auch der effektive Einsatz des auch vor einem halben Jahrhundert schon sehr kleinen Budgets. Vor allem lässt sich Dark Star als Parodie auf Stanley Kubricks bahnbrechendes Raumfahrt-Epos 2001: Odyssee im Weltraum (1968) verstehen, nur eben mit dem Bruchteil des Budgets.

Wichtige Elemente aus 2001 haben hier ihr Gegenstück. Primär natürlich eine künstliche Intelligenz, die sich gegen ihre Programmierung richtet: bei Kubrick der berüchtigte Computer HAL-9000, bei Carpenter die ein folgenschweres Eigenleben entwickelnde Bombe 20. Dazu die Dimensionen der Raumfahrt, wenn die Raumschiff-Crew eigentlich erst seit drei Jahren unterwegs ist, auf der Erde allerdings schon zwanzig Jahre vergangen sind. Klassische Musik darf natürlich auch nicht fehlen, aber statt Richard Strauss und György Ligeti zur epischen Untermalung hören wir hier eine Oper von Rossini und Bossa-Nova-Klänge von James Clarke. Wo bei Kubrick alles gigantisch und übermenschlich wirkt so stolpert die Crew des titelgebenden Raumschiffes hier von einem Schlamassel in den nächsten, was natürlich für Erheiterung beim Publikum sorgt. Doolittle, Pinback und Co bilden natürlich den krassen Gegenentwurf zu den heldenhaften Raumfahrer*innen aus unzähligen anderen Produktionen.

In mancher Hinsicht leistete Dark Star wahre Pionierarbeit. Erstmals wird in einem Film das Wort „Alien“ für ein außerirdisches Wesen benutzt, das in der deutschen Synchronfassung mit „Exot“ übersetzt wurde. Inspiriert durch die berühmte „Star Gate“-Sequenz aus 2001 erfand Dan O’Bannon die visuelle Umsetzung des Hyperraum-Flugs, welche später ein gewisser George Lucas für seine Sternensaga verwenden sollte. Während Carpenter zum Synoym für düstere Genre-Kost im Kino avancierte drückte sein Co-Autor, der hier auch als trotteliger Sergeant Pinback zu sehen ist, dem Sicfi-Horror ebenso seinen Stempel auf. Auf Basis des Außerirdischen hier (einfach ein Wasserball in Erdbeer-Optik mit Füßen, genial!) entwickelte O’Bannon das Konzept für den Kultklassiker Alien: Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (1979) von Ridley Scott. Zwischenzeitlich hatte er an der legendär-gescheiterten Dune-Verfilmung von Alejandro Jodorowsky gearbeitet. Besonders loben muss ich in der deutschen Fassung die dezent gelangweilt klingende Computerstimme des Raumschiffes.

Dark Star von John Carpenter ist auf DVD und BluRay erhältlich sowie derzeit bei mehreren Streamingdiensten Teil des Angebots.

Fazit: Es wurde Licht! John Carpenters und Dan O’Bannons Dark Star ist eine echte Granate unter den absurd-komischen Low-Budget-Scifi-Satiren. 8 von 10 Punkten.



Das Raumschiff
Pinback versucht sich zu entspannen
Das knuddelige Alien



Marius Joa, 26. Mai 2024. Bilder: Mediacs/Tonpool Medien.


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