Vier Geschwister, ein verfallenes Haus und eine unheimliche Präsenz im Dachboden, das sind die Zutaten von Das Geheimnis von Marrowbone, dem Regiedebüt des Spaniers Sergio G. Sánchez, welches im Rahmen des diesjährigen Horroctobers rezensiert wird.
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Das Geheimnis von Marrowbone (Marrowbone/El Secreto de Marrowbone)
Mystery/Horror Spanien 2017. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 106 Minuten (PAL-DVD).
Mit: George MacKay, Mia Goth, Charlie Heaton, Matthew Stagg, Anya Taylor-Joy, Kyle Soller u.a. Drehbuch und Regie: Sergio G. Sánchez.
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Der Geist im Dachboden
1968. Rose (Nicola Harrison) flieht mit ihren Kindern Jack (George MacKay), Jane (Mia Goth), Billy (Charlie Heaton) und dem kleinen Sam (Matthew Stagg) vor ihrem Ehemann, einem gewalttätigen Verbrecher, von England in die USA. Im ländlichen Bundesstaat Maine beziehen die Fünf Marrowbone, den alten, teils verfallenen Wohnsitz von Roses Familie. Kurze Zeit später erkrankt die Mutter schwer. Bevor sie stirbt nimmt Rose Jack, dem ältesten Sohn, das Versprechen ab, ihren Tod bis zu seiner Volljährigkeit geheim zu halten. So soll er die Familie zusammenhalten und eine Trennung der Kinder durch die Behörden verhindern. Während er für seine Geschwister sorgt verliebt sich Jack in die junge Bibliothekarin Allie (Anya Taylor-Joy). Als Anwalt Tom Porter (Kyle Soller) die Familie aufsucht, weil er die Unterschrift von Rose für ein Dokument benötigt, droht der Schwindel aufzufliegen. Und da wäre noch der Geist, welcher im Dachboden des Hauses sein Unwesen treibt…
Seit der Jahrtausendwende hat das spanischsprachige Dark-Fantasy/Horror-Kino immer wieder starke Filme hervorgebracht, wie etwa The Others (2001) von Alejando Amenábar, Das Waisenhaus (2007) sowie Sieben Minuten nach Mitternacht (2016) von Juan Antonio Bayona und natürlich das Oscar-prämierte Drama Pans Labyrinth (2006) vom Mexikaner Guillermo del Toro. Sergio G. Sánchez, Drehbuchautor von Das Waisenhaus, gab mit dem in seiner Heimat Asturien auf Englisch gedrehten Das Geheimnis von Marrowbone, einer Mischung aus Familiendrama und Haunted-House-Horror, sein Debüt als Regisseur.
Mit am wichtigsten bei einem solchen Setting ist natürlich das von übersinnlichen Mächten heimgesuchte Haus. Das titelgebende Anwesen wirkt auf den ersten Blick ganz unspektakulär und so gar nicht furchterregend. Doch dank wirkungsvoller Kamerafahrten durch das verwinkelte und von Baumängeln gezeichnete Heim wird mit einfachen Mitteln eine unheimliche Atmosphäre erzeugt. Hinzu kommt, dass die vier Geschwister wissen, dass es in ihrem Haus spukt und sich damit irgendwie arrangieren müssen. Sánchez geht es allerdings nicht um plumpe Schockeffekte. Der „Horror“ ergibt sich aus der Familiengeschichte, die vom Drehbuch sukzessive herausgearbeitet wird. Hier erschien mir die an sich gelungene Geschichte allerdings insgesamt ein wenig zu vorhersehbar und nicht unbedingt so neuartig, dass man als genre-erfahrener Zuschauer komplett davon überrascht wird.
Neben der leisen, aber effektiven Inszenierung punktet das Geheimnis von Marrowbone in Person von George MacKay (11.22.63 – Der Anschlag, 1917), Mia Goth (Suspiria [2018], Emma. [2020]), Charlie Heaton (Stranger Things), Anya Taylor-Joy (Split, Emma. [2020]) und Matthew Stagg (Bodyguard [Serie]) mit einem starken Ensemble junger Darsteller. Taylor-Joy und Heaton waren später gemeinsam in der ungeliebten Comicverfilmung The New Mutants (2020) von Josh Boone zu sehen.
Das Geheimnis von Marrowbone ist seit dem 24. Oktober 2018 auf DVD und BluRay erhältlich sowie mittlerweile auch bei einigen Streaminganbietern abrufbar.
Fazit: Ohne unnötige Schockeffekte funktionierendes, atmosphärisches Horror-Drama um eine traumatisierte Familie und ihr unheimliches Zuhause. 7 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 28. Oktober 2021. Bilder: Universum Film.
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