Auch zur Zeit der Sandalenschinken versuchte man sich an einer Verfilmung der Sagen vom trojanischen Krieg. In den Cinecittà Studios zu Rom entstand 1960/61 bereits die zweite Produktion zu diesem Thema. In Der Kampf um Troja kämpft Muskelprotz Steve Reeves als Aeneas nicht nur gegen die griechischen Belagerer. Marius Joa setzt seine Rezensionsreihe „Klassische Sagen“ fort.
Der Kampf um Troja (La Guerra Di Troia)
Historienfilm Italien/Frankreich 1961. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 100 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Steve Reeves, Juliette Mayniel, John Drew Barrymore, Hedy Vessel, Warner Bentivegna, Arturo Dominici, Nando Tamberlani, Lidia Alfonsi, Nerio Bernardi, Carlo Tamberlani, Mimmo Palmara u.v.a. Regie: Giorgio Ferroni.
Zweitklassiger Sandalenfilm in drittklassiger DVD-Ausführung
Im zehnten Jahr des trojanischen Krieges. Noch immer ist es den Griechen nicht gelungen, die von hohen Mauern geschützte Stadt Troja zu erobern und die geraubte Helena (Hedy Vessel) zurück zu gewinnen. Doch Trojas größter Krieger Hektor ist im Kampf mit Achill (Arturo Dominici), dem besten Kämpfer der Griechen, gefallen. Als Rache für seinen getöteten Freund Patroklos schleift Achill den Leichnam Hektors hinter seinem Streitwagen her. Trojas alter König Priamos (Carlo Tamberlani) bittet um die Herausgabe von Hektors sterblichen Überresten, um ihm endlich begraben zu können. Dabei wird er von Aeneas (Steve Reeves), dem letzten Helden Trojas, begleitet.
Nachdem Hektors Leichnam wieder nach Troja gebracht wurde, verhandelt Priamos’ Sohn Paris (Warner Bentivegna) mit den Griechen, um eine Waffenruhe zu vereinbaren. Den ihm verhassten Aeneas schickt er ins Hinterland, um heimlich Verstärkung für Troja zu holen. Agamemnon (Nerio Bernardi) und der listige Odysseus (John Drew Barrymore) gewähren den Waffenstillstand unter der Bedingung, dass sie Holz, Schätze und trojanische Geiseln erhalten, darunter ein Mitglied der königlichen Familie. Paris und die durchtriebene Helena bestimmen Prinzessin Kreusa (Juliette Mayniel) als Geisel, da sie von deren Zuneigung zu Aeneas wissen. Heimlich haben sich Kreusa und Aeneas vermählt. Zudem ist das junge Mädchen schwanger.
Als Aeneas mit der Verstärkung aus Phrygien zurückkehrt, kommt es zum erneuten Kampf gegen die Griechen. Den Trojanern gelingt es, ins griechische Lager einzudringen und Aeneas kann Kreusa befreien. Die Griechen fliehen zu den Schiffen und hinterlassen ein großes hölzernes Pferd. Aus Neid und Bosheit wird Aeneas von Paris wegen Befehlsverweigerung in den Kerker geworfen. Das Pferd ziehen die Trojaner in ihre Stadt, in der Annahme die Griechen seien geflohen …
Aeneas, der tapfere Held.
Unter der Flut der Sandalenfilme, die vor allem im Italien der 1960er Jahre gedreht wurden, durfte natürlich eine Verfilmung der Sage vom Trojanischen Krieg nicht fehlen. Wer hat nicht schon von der Geschichte von Helena gehört, der schönsten Frau der Welt. Weil sie vom trojanischen Prinzen Paris „geraubt“ wurde, führten die Griechen zehn Jahre lang Krieg gegen die Stadt Troja. Die Story des Films setzt ziemlich am Ende der Sage ein. Hektor ist bereits tot. Er wurde im Zweikampf von Achill(es) getötet, aus Rache für den Tod von Achills bestem Freund Patroklos. Auf trojanischer Seite ist von den tapferen Helden nur noch der Fürst Aeneas übrig, weil Hektors Bruder Paris ein Feigling ist, der nur aus der Ferne mit Pfeil und Bogen am Kampf teilnimmt.
Weil man Ex-Bodybuilder und Sandalenfilmikone Steve Reeves (1926-2000) für die Hauptrolle zur Verfügung hatte, schnitt man das Drehbuch fast komplett auf seine Rolle als Aeneas zu. Da genügt es auch nicht, dass Aeneas gegen griechische Krieger wie Achill, Diomedes oder Ajax kämpfen muss. Nein, die „wahren“ Bösen lauern im heimischen Troja, nämlich Paris und Helena. Paris gönnt Aeneas dessen Ruhm und Ansehen beim Volk nicht. Der machtgierigen Helena ist der tapfere und beliebte Krieger ebenfalls ein Dorn im Auge und so intrigiert sie gegen ihn. Da gelingt es Paris’ Schwester Kreusa und Aeneas auch nicht lange, ihre Ehe geheim zu halten. Die Adaption wartet mit weiteren merkwürdigen bzw. unsinnigen Änderungen (trojanische Geiseln im Lager der Griechen) auf. Diese wären aber zu verschmerzen, würde der übrige Film überzeugen oder wenigstens durchgehend unterhalten. Fehlanzeige. Aus heutiger Sicht ist die komplette Performance erschreckend unspektakulär. Der Kampf um Troja bietet zwar einige Kampf- und Massenszenen, diese dürften aber heutzutage kaum jemanden vom Hocker reißen. Echte Charaktere gibt es auch kaum, sondern nur sehr flache Figuren, mit wenigen Ausnahmen. Einigermaßen überzeugen können vielleicht Steve Reeves als Sympathieträger Aeneas und John Drew Barrymore (Vater von Drew Barrymore) als pläneschmiedender Odysseus. Bis auf die Amerikaner Reeves und Barrymore sowie die Französin Juliette Mayniel (Circe in Die Odyssee von 1968) spielen hier nur italienische Darsteller, darunter Arturo Dominici als ziemlich verbraucht aussehender Achill.
Die bisweilen pathetisch überzogene Szenerie wird noch durch die altmodische Filmmusik auf die Spitze getrieben, die zu laut und generell völlig unsubtil wirkt. Die Kostüme und Rüstungen wirken ordentlich, die Sets kann man sich auch anschauen. Immerhin wurde ja in den prestigeträchtigen Cinecittà-Studios zu Rom gedreht, wo vorher (Der Untergang von Troja) und nachher (z.B. Ben Hur) große Hollywoodproduktionen entstanden. Der Kampf um Troja ist übrigens der erste von zwei Teilen mit Steve Reeves als Held Aeneas. Die Fortsetzung, die Aeneas Abenteuer und Irrfahrten behandelt, folgte 1962 unter dem Titel Aeneas – Held von Troja.
Grundsätzlich kann man sich, auch als Fan der griechischen Mythologie, den Film schon anschauen, dieser wird allerdings aufgrund der angesprochenen Mängel kaum Wirkung beim Zuschauer hinterlassen. Da helfen selbst ein in Ansätzen sympathischer Hauptdarsteller und ein passables Ende nicht. Es gibt jedoch noch etwas, was die schwache Darbietung des Films unterbieten kann: die vorliegende DVD-Umsetzung, die einfach drittklassig ist. Die DVD muss schon aus einer uralten und verfallenen VHS-Kopie erstellt worden sein, um so ein unscharfes, knisterndes und flimmerndes Bild hinzubekommen. Natürlich kann man von einem 48 Jahre alten Film keine HD-Version erwarten, aber was hier geliefert wird, ist wirklich schwach. Der Ton könnte auch besser sein. Extras gibt es keine, nur die deutsche Tonspur.
Eine Neuauflage der DVD (siehe Bild unten), mit einer zusätzlichen Szene, erschien im Juni 2007. Als Bonusmaterial gibt es hier immerhin Textinformation zum Hauptdarsteller, einen PR-Trailer, eine Bildergalerie und weitere Trailer zu anderen Filmen.
Fazit: Schwache, altmodische Verfilmung des Trojanischen Krieges aus den Zeiten des Sandalenfilms, deren fehlende Qualität nur noch von der drittklassigen DVD-Umsetzung unterboten wird. 2 von 10 Punkten.
DVD-Neuauflage von 2007.
Marius Joa, 15. August 2009. Bilder: Starmedia Home Entertainment/NEW.
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Weitere Filme zum Krieg um Troja …
Der Untergang von Troja (8/10)
Achilles – Der Zorn des Kriegers (5/10)
Aeneas – Held von Troja (4/10)
Troja – Director’s Cut (7/10)
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