Nach vielen Jahren buchte ich ein Ticket zurück nach Narnia und sichtete die sogenannte “Royal Edition” von Die Chroniken von Narnia – Der König von Narnia, jener ersten Kino-Verfilmung der Kinderbuchreihe von C.S. Lewis.
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Die Chroniken von Narnia – Der König von Narnia
(The Chronicles of Narnia – The Lion, the Witch and the Wardrobe)
Royal Edition
Fantasy-Abenteuer USA/Neuseeland 2005. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 144 Minuten (PAL-DVD).
Darsteller: Georgie Henley, Skandar Keynes, William Moseley, Anna Popplewell, Tilda Swinton, James McAvoy, Kiran Shah, Jim Broadbent, Patrick Kake, Shane Rangi u.a. Originalsprecher: Liam Neeson (Aslan), Ray Winstone (Mr. Beaver), Dawn French (Mrs. Beaver), Michael Madsen (Maugrim), Rupert Everett (Mr. Fox) u.a. Nach dem Roman von C.S. Lewis. Drehbuch: Ann Peacock, Andrew Adamson, Christopher Markus und Stephen McFeely. Regie: Andrew Adamson.
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Das magische Land im Schrank
Als die Deutschen im Zweiten Weltkrieg Englands Großstädte mit schweren Luftangriffen bedrohen werden die vier Pevensie-Geschwister Peter (William Moseley), Susan (Anna Popplewell), Edmund (Skandar Keynes) und Lucy (Georgie Henley) von ihrer Mutter (Judy McIntosh) aufs Land geschickt, um im beim älteren Professor Kirke (Jim Broadbent) zu leben. Beim Versteckspiel in dem geräumigen Anwesen des Professors entdeckt Lucy, die jüngste der Geschwister, einen geheimnisvollen Schrank. Darin findet Lucy nicht nur alte Mäntel und Jacken, sondern landet plötzlich in einer verschneiten Landschaft, wo sie bei einer Straßenlaterne auf den Faun Mr. Tumnus (James McAvoy) trifft. Dieser erklärt ihr, dass sie sich in der Welt von Narnia befindet und dass diese seit 100 Jahren unter der Schreckensherrschaft der weißen Hexe (Tilda Swinton) leidet, welche ewigen Winter mit sich bringt. Zurück in ihrer eigenen Welt erzählt Lucy voller Begeisterung den anderen Pevensies von ihrem kuriosen Erlebnis. Doch Peter, Susan und Edmund wollen ihrer kleinen, als fantasievoll bekannten Schwester nicht glauben. Bis alle vier irgendwann in Narnia landen. Dort erfahren die Geschwister von einer Prophezeiung, nach welcher vier Menschenkinder das Land vom Joch der weißen Hexe befreien sollten und mit Aslan (Liam Neeson) der rechtmäßige König Narnias zurückkehren soll…
Clive Staples “C.S.” Lewis (1898-1963) war ein irisch-britischer Literaturwissenschaftler und Autor. Zwischen 1950 und 1956 veröffentlichte er die siebenbändige Kinderbuchreihe Die Chroniken von Narnia. Darin reisen verschiedene Kinder in das titelgebende magische Land, welches nicht nur von Menschen, sondern auch sprechenden Tieren und Fabelwesen bevölkert wird. Die “Chroniken” wurden bereits mehrfach für als Theaterstück, fürs Radio und als TV-Serie adaptiert. 1967 erschien eine zehnteilige Serie, welche den ersten veröffentlichten (nach der Chronologie der Handlung zweiten) Roman Der König von Narnia (OT: The Lion, the Witch and the Wardrobe) verfilmte. 1979 folgte eine britisch-amerikanische Verfilmung des gleichen Romans als zweiteiliger, animierter Fernsehfilm. Die ersten vier Bände der Reihe adaptierte die zwischen 1988 und 1990 veröffentlichte Live-Action-Kinderserie Die Chroniken von Narnia in drei Staffeln, welche auch im deutschen Fernsehen gezeigt wurden. Die erste wirklich aufwändige Verfilmung entstand unter Regie von Andrew Adamson (Shrek) als Co-Produktion von Disney und Walden Media. Gedreht wurde das 180 Millionen Dollar teure Projekt zwischen Juni 2004 und Februar 2005 überwiegend in Neuseeland, aber auch in Tschechien, Slowenien und Polen. Der Casting-Prozess für die Darsteller der vier Pevensie-Geschwister zog sich über mehr als ein Jahr.
Ich selbst erwartete den Film mit großer Vorfreude und hatte (soweit ich mich entsinnen kann) im Vorfeld auch wohl die komplette Buchreihe im englischen Original gelesen. Von daher verfiel ich damals auch nicht in die von den Medien geschürte, überzogene Wahnvorstellung, dass der erste Kinofilm aus Narnia die Klasse von Peter Jacksons Herr der Ringe-Trilogie erreichen könnte. Natürlich haben die beiden Buch- und Filmreihen etwas gemeinsam. C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien (1892-1973), der Schöpfer Mittelerdes, kannten sich sehr gut und inspirierten sich gegenseitig. Außerdem waren die durch Jacksons Ring-Trilogie bekannt gewordenen Firmen Weta Workshop und Weta Digital für Make Up, Requisiten und visuelle Effekte verantwortlich. Das sind aber auch so ziemlich alle Gemeinsamkeiten.
Der König von Narnia richtet sich vor allem durch seine vier Protagonisten ganz klar an Kinder als Hauptzielgruppe. Die mit starken christlichen Motiven (Löwe Aslan als tierischer Jesus) unterfütterte Handlung wirkt recht einfach gestrickt. Beim Kinostart wusste mich der Film von Adamson noch viel mehr abzuholen, obwohl ich auch schon damals überzeugter Atheist war. Gut 15 Jahre später hat die Angelegenheit für mich dann doch einen Großteil ihres Reizes verloren. Positiv überrascht bin ich allerdings von den Effekten, die erstaunlich gut gealtert sind, was man leider nicht von allen effektvollen Blockbustern der letzten 20 Jahre behaupten kann. Leider wirkt der Score von Harry Gregson-Williams für meine Ohren mittlerweile sehr repetitiv und generisch. Die vier Hauptdarsteller Georgie Henley, Skandar Keynes, William Moseley und Anna Popplewell machen ihre Sache ordentlich bis gut. In der Originalfassung werden einige Bewohner Narnias von bekannten Schauspielern gesprochen, allen voran natürlich Liam Neeson als Aslan, aber auch Michael Madsen als Wolf Maugrim und Ray Winstone als Biber. Der ultimative Besetzungscoup gelang aber für die Rolle der Antagonistin. Noch heute fasziniert mich die bedrohliche Präsenz, welche Tilda Swinton der weißen Hexe hier verleiht. Für die schottische Schauspielerin dürfte Der König von Narnia ihre bekannteste Arbeit sein.
Inspiriert durch die “Extended Editions” der Herr der Ringe-Trilogie, die jeweils etwa ein Jahr nach Kinostart in einem schicken 4-DVD-Boxset erschienen, wurde im Dezember 2006 die sogenannte “Royal Edition” des ersten Narnia-Abenteuers in limitierter Auflage, ebenfalls als 4-Disc-Set, auf DVD veröffentlicht. Die versprochenen zusätzlichen 15 Minuten sind es aber nicht geworden, sondern effektiv 7 Minuten, in welchen einige Szenen etwas erweitert werden, was sicherlich das Gesamtbild gut abrundet. Die drei weiteren Discs bieten umfassendes Bonusmaterial, darunter auch die 76minütige Dokumentation C.S. Lewis und der Traum von Narnia.
Der König von Narnia wurde ein großer Kinoerfolg und konnte auch ein paar Filmpreise (darunter einen Oscar für das beste Make Up) gewinnen. Es folgten mit Prinz Kaspian von Narnia (2008) und Die Reise auf der Morgenröte (2010) zwei Fortsetzungen. Die übrigen vier Bände der Buchreihe wurden aber bis heute nicht für die große Leinwand verfilmt. Stattdessen ist seit 2018 eine Serien-Adaption für den Streaminganbieter Netflix geplant.
Fazit: Einfach gestrickte, aber ordentliche und effektvolle Fantasy-Familienunterhaltung. 6 von 10 Punkten.
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Die Pevensies landen in Narnia
Tilda Swinton als weiße Hexe
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Marius Joa, 8. Mai 2021. Bilder: Disney/Walden Media.
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