Die letzte Legion

Was geschah wirklich mit Romulus Augustulus, dem letzten römischen Kaiser? Der Historienfilm Die letzte Legion präsentiert eine originelle Antwort und dreht dabei mit soviel Genuss an den historischen Fakten, dass er eigentlich nur noch als Fantasyfilm durchgehen kann.

Die letzte Legion (Last Legion).
Historienfilm, Frankreich/GB/USA u.a. 2007. Regie: Doug Lefler. „Drehbuch“: Jez & Tom Butterworth.
Mit: Colin Firth, Ben Kingsley, Aishwarya Rai, Thomas Sangster. Verleih: Tobis. 110 Minuten.

Wie es wirklich war…

Rom, im Jahre 476: Das römische Weltreich zerfällt und Scharen von bösen Ostgoten lauern vor den Toren Roms. Auftritt: Der gebrochene Held. Der römische Krieger Aurelius (Colin Firth) hat die Nase vom Kämpfen gründlich voll, als er mit seinen verbliebenen Männern (Auftritt: Die loyalen Kampfgefährten) wieder in die Hauptstadt kommt. In einem letzten Versuch, dem alten Reich noch einmal zur Blüte zu verhelfen, setzt gerade Feldherr … seinen kleinen Sohn Romulus (Thomas Sangster) auf den Kaiserthron.
Auftritt: Der aufgeweckte Junge.
Romulus ist über seine Mutter der letzte männliche Nachfahre Julius Caesars und damit auch Erbe von dessen verschollenem Zauberschwert. Ganz schön große Verantwortung. Gott sei Dank ist er nicht alleine: Auftritt: Der weise Magier. Als Lehrmeister steht dem jungen Kaiser der geheimnisvolle Priester Ambrosinus (Ben Kingsley) zur Seite. Der unwillige Aurelius wird derweil als Beschützer des Knaben vereidigt.
Auftritt: Der grausame Barbarenfürst.
Als die Ostgoten unter der Führung von Fürst Odoacer (Peter Mullan) die Stadt einnehmen, den Untergang des Reiches besiegeln, die kaiserlichen Eltern töten und den jungen Kaiser auf eine Inselfestung in den Vorruhestand schicken, bleibt die ganze Rettungsmission an Aurelius und seinen Leuten hängen. Auftritt: Die schöne Kriegerin. Unterstützt werden sie dabei von der oströmischen Kampfmaschine Mira (Aishwarya Rai). Auftritt: Das Zauberschwert. Romulus hat inzwischen festgestellt, dass das legendäre Schwert seines Vorfahren ausgerechnet im Keller seines Gefängnisses verstaubt und es an sich genommen.
Nach geglückter Rettung machen sich Soldaten, Kriegerin, Priester und Kaiser auf den Weg nach Großbritannien, wo sich die letzte kaisertreue römische Legion aufhalten soll. Auftritt: Der grausame Barbarenfürst II. Dort allerdings tyrannisiert ein böser Sachsenfürst das Volk.

Freunde historisch akkurater Filme sollten sich von diesem Film lieber fern halten. Schon allein dem Herzschrittmacher zuliebe (wer noch keinen hat, braucht hinterher einen). Denn wie bereits gesagt, Die letzte Legion dehnt die geschichtlichen Fakten nicht nur, sondern reißt sie komplett auseinander, trampelt auf den Fetzen herum, zermalt den Rest in winzig kleine Körner und setzt diese dann zu seinem völlig neuen, knalligbunten Mosaik zusammen. Das wäre nicht allzu schlimm, bei anderen Filmen (Gladiator) ging diese Rechnung auch auf, weil das Ergebnis als Film für sich funktioniert. Die letzte Legion allerdings ist einfach grottenschlecht. Immerhin: Es ist auf alle Fälle eine Leistung von Regisseur Doug Lefler (Dragonheart: The Beginning) und den Drehbuchautoren, sämtliche Klischees so gründlich zu bedienen, dass ein Film viel zu schlecht ist, um nicht schon wieder irgendwie gut zu sein.

Ein paar positive Aspekte gibt es trotzdem. Nette Landschaftsaufnahmen, beispielsweise von der Inselfestung im Mittelmeer und natürlich Colin Firth, der sich in der Rolle des desillusionierten Soldaten gut macht. Das, glaube ich, wars auch schon.

Den obligatorischen Part des weisen Mentors und Heldentrainers übernimmt Ben Kingley. Eigentlich keine so schlechte Idee, nur markiert leider gerade die Rolle des Ambrosinus den Punkt, wo der Film vom selbstanspruchlosen Popcornkino ins Lächerliche abgleitet. Im Ernst: Ambrosinus sieht aus wie Gandalf, der versehentlich im Solarium eingeschlafen ist. Er trägt sein weißes Prophetenoutfit gerne mit tiefem Ausschnitt, damit jeder die streng geheime Brandbarbe auf seiner weißhaarigen Brust sehen kann, die seine eigentlich auch steng geheime Identität enthüllt. Das Drehbuch reserviert für ihn innovative Textzeilen wie „Für das, was du meinem Volk angetan hast, schmorst du in der Hölle!“. Ach, Ben Kingley. Er war in Schindlers Liste, Ghandi und Anne Frank. Wie hat er sich nur in diesen Film verirrt?

Wenn man ensprechend vorgewarnt ist – was ich hiermit tue – kann man durchaus seinen Spaß haben. Dank des zu ca. 90% (kein Witz!) aus anderen Filmen geklauten Drehbuchs kann man wirklich jede Textzeile vorhersagen. Sollte man auch, das erhöht den unfreiwilligen Spaßfaktor dieses Films beträchtlich.

Am Ende verknüpft der Film übrigens verdammt unverschämt und trotzdem irgendwie originell die historischen Fakten vom Untergang einer Weltmacht mit dem Mythos um den Aufstieg einer anderen Weltmacht. Wer es wissen will: Armes tyrannisiertes Britannien! Du brauchst dringend einen Führer, der dein Volk unter sich vereint und zum Sieg führt. Am besten einen mit königlichem Blut. Wie gut, dass Romulus später sein Zauberschwert (von dessen verwitterter lateinischer Inschrift am Schluss nur noch die Buchstaben E..S.. CALIBUR lesbar sind) und seinen Magierfreund Ambrosinus (dessen echter Name Merlin ist) an seinen Sohn Artus weitervererbt. Klingt verdächtig nach dem Anfang einer ziemlich bekannten Legende …

Fazit: In unserer Reihe „Filme, die die Welt nicht braucht“ präsentierten wir heute Die letzte Legion. 2 von 10 Punkten.


Tapfer: Aurelius (Colin Firth).

Gebräunt: Ambrosinus (Ben Kingley).

Kampferprobt: Mira (Aishwarya Rai).
Sarah Böhlau, 19.02.08. Bilder: Tobis.

 


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