Elizabeth

In Lissi und der wilde Kaiser ist derzeit die legendäre österreichische Kaiserin Elisabeth im Kino zu sehen. Im Februar wurde Helen Mirren für ihre Darstellung der aktuellen britischen Königin Elizabeth II. mit dem Oscar ausgezeichnet. Noch legendärer als diese beiden Damen dürfte aber Elizabeth I. sein. Im britischen Historiendrama Elizabeth wurde ihr 1998 ein filmisches Denkmal gesetzt. Marius Joa hat sich den Film (im Vorfeld der im Dezember kommenden Fortsetzung) auf DVD angesehen.

Elizabeth
Historiendrama UK 1998. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 118 Minuten (PAL-DVD). Kinostart: 29. Oktober 1998.
Mit: Cate Blanchett, Geoffrey Rush, Christopher Eccleston, Joseph Fiennes, Richard Attenborough, Fanny Ardant, Kathy Burke, Eric Cantona, Vincent Cassel, Daniel Craig, James Frain, Jamie Foreman, Kelly Macdonald, Emily Mortimer, John Gielgud u.v.a.
Regie: Shekhar Kapur. Drehbuch: Michael Hirst.

Starbesetztes Historiendrama

England 1554: König Heinrich VII. ist tot und das Land versinkt im Chaos. Seine Tochter Maria Tudor (Kathy Burke) wird Königin. Dem Glaubenskrieg wird vonseiten der katholischen Kirche mit Verfolgung und Verbrennung der Protestanten als „Ketzer“ versucht entgegenzuwirken. Obwohl Maria todkrank ist, raten die Adeligen ihr, ihre Halbschwester Elizabeth (Cate Blanchett) hinzurichten, da sie die Tochter von Heinrichs Geliebter Anne Boleyn und damit kein legitimes Mitglied der Königsfamilie ist. Doch Maria zögert, das Todesurteil zu unterschreiben und stirbt. Die 25jährige Elizabeth wird Königin. Sir Francis Walsingham (Geoffrey Rush) kehrt aus dem französischen Exil zurück, um ihr als Beschützer zur Seite zu stehen. Adel und Klerus drängen Elizabeth zur Heirat, um ihre Stellung zu stärken und einen Erben zu zeugen. Zu den Bewerbern gehört der Herzog von Anjuc (Vincent Cassel), Bruder des französischen Königs. Elizabeth zögert, weil sie Robert Dudley, den Earl von Leicester (Joseph Fiennes) liebt. Doch Gefahr droht in Gestalt von Maria Stuart, die in Schottland französische Truppen zum Kampf gegen die neue englische Königin rüstet.

Elizabeth und Robert Dudley, das “heimliche” Liebespaar.

1998 gingen zwei Produktionen, die beide im England des 16. Jahrhunderts spielen, in den Kinos und bei der folgenden Oscar-Verleihung 1999 an den Start: die weitesgehend frei erfundene Theater-Biografie Shakespeare In Love, die sieben Oscars gewann (u.a. bester Film und beste Hauptdarstellerin) sowie das Historiendrama Elizabeth, das sich bei sieben Nominierungen mit dem Oscar für das beste Make Up als Trostpreis begnügen musste. Mit Joseph Fiennes und Geoffrey Rush sind sogar zwei Darsteller in beiden Filmen zu sehen.

Das Historiendrama des Inders Shekhar Kapur widmet sich der Zeit von Elizabeths 21. Geburtstag bis zur Niederschlagung der Verschwörung des Herzogs von Norfolk gegen sie, die für den Film einige Jahre vorverlegt wurde. Von Beginn an steht Elizabeths Herrschaft unter keinem guten Stern. Von überall her strömt ihr Verachtung entgegen und nicht wenige wollen ihren Tod. Der Vatikan beteiligt sich sogar direkt an einem Sturzversuch der jungen Monarchin. Mit Hilfe ihrer Berater gelingt es Elizabeth, die Bischöfe davon zu überzeugen, den Protestantismus anzuerkennen. Im Gegenzug verspricht sie, bald zu heiraten. Doch dies gestaltet sich als schwierig, denn eigentlich liebt die Königin ihren Jugendfreund Robert Dudley. Eine Ehe würde sie außerdem abhängig von Frankreich oder Spanien machen. Auch das von starren Konventionen durchzogene Leben einer Königin bereitet der jungen Elizabeth große Probleme. Am Ende des Films überlebt Elizabeth alle Krisen, begründet aber ihren Status als „jungfräuliche Königin“ („Virgin Queen“, so auch der Untertitel des Films im Original). Dies schlägt sich auch in ihrem Kleidungsstil nieder, der fortan prunkvoller, aber gleichzeitig distanzierter und „hässlicher“ wird.

Historisch korrekt ist der Film bei weitem nicht. Die Aufdeckung der von Norfolk angezettelten Verschwörung fand erst 1571 statt, als die Königin bereits 38 und nicht noch in den Zwanzigern war. Maria Stuarts Tante Mary De Guise (Fanny Ardant) starb nicht durch Gift, sondern an einer Krankheit. Doch welcher Film ist schon geschichtlich akkurat. Das sind bestenfalls Dokumentationen, und davon auch nicht alle. Man richte sein Augenmerk bei Elizabeth also besser auf eine passende Dramaturgie und die optische Aufbereitung des 16. Jahrhunderts.

Ein Problem hat man möglicherweise mit dem Film, wenn jegliche Vorkenntnisse fehlen. Denn als Zuschauer wird man direkt in die Geschehnisse „geworfen“, ohne große Erklärung. Dabei kann es gut sein, dass man bei den vielen Namen und Gesichtern etwas durcheinander kommt. Die kurzen Texttafeln zu Beginn des Films helfen da auch nur bedingt. Der Schwerpunkt liegt nicht auf großen Schlachtszenen. Action-Fans werden hier also weniger auf ihre Kosten kommen. Warum man die Intrigen schmiedende Maria Stuart nicht zu Gesicht bekommt, ist etwas merkwürdig.

Die große Stärke von Elizabeth ist, neben den prächtigen Kostümen und Sets, die Starbesetzung, die sich bis in die Nebenrollen zieht. Die damals noch relativ unbekannte Australierin Cate Blanchett in der Titelrolle, ihr Landsmann Geoffrey Rush als Berater Walsingham, Joseph Fiennes als Elizabeths Liebhaber sowie weitere britische Charakterdarsteller geben sich hier die Klinke in die Hand. Mit Vincent Cassel (Die Purpurnen Flüsse) und dem ehemaligen Fußballprofi Eric Cantona sind auch namhafte französische Darsteller vertreten. Für Schauspiel-Legende Sir John Gielgud, der den Papst spielt, war Elizabeth der letzte Spielfilm. Er verstarb am 24. Mai 2000 im Alter von 96 Jahren. Drehbuchautor Michael Hirst erfand übrigens auch die Historienserie The Tudors (2007), die sich mit Herrschaft und Liebeleien von König Heinrich VII. beschäftigt, quasi der Vorgeschichte zu Elizabeth.

Am 20. Dezember 2007 startet übrigens die Fortsetzung Elizabeth – Das Goldene Königreich. England befindet sich im Krieg mit Spanien und erneut soll die englische Königin ermordet werden. Gleichzeitig kommen sich Elizabeth (Cate Blanchett) und der Seemann Sir Walter Raleigh (Clive Owen) näher. Regie führte wieder Shekhar Kapur und das Drehbuch stammt u.a. wieder von Michael Hirst. Man darf gespannt sein, denn der Trailer verspricht ein packendes Historiendrama. 2005 erschienen übrigens im UK zwei TV-Produktionen, die sich ebenfalls mit Königin Elizabeth I. befassen: der Vierteiler The Virgin Queen (mit Anne-Marie Duff in der Titelrolle) sowie der Zweiteiler Elizabeth I, der mit neun Emmys und drei Golden Globes ausgezeichnet wurde und Oscar-Preisträgerin Helen Mirren als Hauptdarstellerin aufbieten kann. Letzterer erscheint am 20. Dezember hierzulande auch auf DVD.

Fazit: Starbesetztes Historiendrama in erlesener Optik, mit dem Schwerpunkt auf Elizabeths frühen Regierungsjahren. 8 von 10 Punkten.


Elizabeth beim Tanz.

Krönungszeremonie.

DVD-Features:

Sprachen: Deutsch, Englisch (jeweils Dolby Surround)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch, Ungarisch.

Bonusmaterial:
Audiokommentar von Regisseur Shekhar Kapur (mit einblendbaren engl. oder dt. UT)
Making Of (25 Min.)
Ein erster Blick auf Elizabeth – Das Goldene Königreich (6 Min.)
Original Kinotrailer
Fotogalerie
24seitiges Booklet mit Informationen zum Film

Die am 25. Oktober 2007 erschiene Book-Edition enthält das o.g. Bonusmaterial, wobei das Booklet fest in das DVD-Case eingebunden ist. Daneben gibt es noch die „einfache“ DVD-Fassung mit anderen Extras, z.B. Interviews mit Darstellern, Regisseur und Produzenten, allerdings ohne Audiokommentar.

Marius Joa, 2. November 2007: Bilder: Universal/PolyGram.


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