Frankenstein Junior

Oktober, der Monat für die Horrorfilme. Starten wir den diesjährigen Horroctober mit einem eher nicht so gruseligen Beitrag, nämlich Frankenstein Junior von Parodie-Altmeister Mel Brooks.


Frankenstein Junior (Young Frankenstein)
Horrorkomödie USA 1974. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 101 Minuten (PAL-DVD). Kinostart: 5. September 1975.
Mit: Gene Wilder, Marty Feldman, Peter Boyle, Teri Garr, Cloris Leachman, Kenneth Mars, Madeline Kahn u.a. Nach Motiven des Romans Frankenstein von Mary Wollstonecraft Shelley. Drehbuch: Gene Wilder und Mel Brooks. Regie: Mel Brooks.

 

 

„Give my creation LIIIFEEE!“

Einst brachte Victor Frankenstein mit seinen Versuchen, Totes zu neuem Leben zu erwecken, Schande über die Adelsfamilie Frankenstein. Victors Enkel Frederick Frankenstein (Gene Wilder) ist ein renommierter Hirnforscher in Amerika, der kurz vor der Hochzeit mit seiner Verlobten Elisabeth (Madeline Kahn) steht. Für seine Herkunft hatte Frederick bisher nicht viel übrig, da ereilt ihn die Nachricht vom Testament seines Urgroßvaters, der ihm Schloss Frankenstein und den ganzen Besitz vermacht hat. Frederick reist nach Transsylvanien wo ihn in Person von Igor (Marty Feldman) ein buckliger Gehilfe bereits erwartet. Wenig später trifft Frederick auch die hübsche Laborassistentin Inga (Teri Garr) und Frau Blücher (Cloris Leachman), die eisige Haushälterin von Schloss Frankenstein. Nachdem er die Arbeit seines Großvaters bisher als Humbug abgelehnt hatte verspürt Frederick schon bald selbst den Wunsch, neues Leben zu schaffen. Gemeinsam mit Igor stiehlt er die Leiche eines kürzliche verstorbenen Verbrechers. Dank der Aufzeichnungen seines Großvaters und dessen intaktem Labor gelingt es dem Frankenstein-Enkel die Kreatur (Peter Boyle) zum Leben zu erwecken. Doch die Schöpfung entpuppt sich als unberechenbar und flieht aus dem Schloss. In der anliegenden Gemeinde macht sich sobald Unmut über die erneute Anwesenheit eines Frankensteins breit, was Inspektor Kemp (Kenneth Mars) hellhörig werden lässt…

1974 war vermutlich das erfolgreichste Jahr für Mel Brooks, denn mit Blazing Saddles – Der wilde, wilde Westen und Frankenstein Junior starteten gleich seiner zwei Filme in den amerikanischen Kinos. Letzteres Werk war neben Spaceballs (1987) auch das erste, welches ich vom Ausnahme-Parodisten gesehen habe. Lange Jahre zählte Frankenstein Junior zu meinen Lieblingsfilmen. Doch wie gut ist die Horror-Parodie 48 Jahre nach Erscheinung und gut 25 Jahre nach meiner Erstsichtung?

In seiner langen Karriere hat Brooks (mittlerweile stolze 96 Jahre alt) so ziemlich jedes erdenkliche Genre durch den Kakao gezogen. Nach der oben erwähnten Westernklamotte drehte er mit Frankenstein Junior eine Gruselfilmparodie. Die Idee dazu hatte allerdings Hauptdarsteller Gene Wilder, der auch in Brooks‘ Regiedebüt The Producers – Frühling für Hitler und eben Blazing Saddles als einer der zentralen Akteure mitwirkte. Wilder und Brooks schrieben gemeinsam das Drehbuch. Die Verpflichtung von Peter Boyle als Kreatur und Marty Feldman (Haferbrei macht sexy) als Igor verdanken wir dem glücklichen Umstand, dass beide den gleichen Agenten wie Wilder hatten. Brooks und Produzent Michael Gruskoff wollten den Film eigentlich bei Columbia machen, doch nachdem das Studio nicht bereits war mehr als 1,75 Millionen Budget zu gewähren wechselte man zu Fox. Je nach Quelle kostete die Produktion zwischen 2,3 und 2,8 Millionen. Während des Drehs mussten einige Szenen sehr oft wiederholt werden weil entweder Schauspieler oder Crewmitglieder immer wieder in Gelächter ausbrachen.

Bei der kürzlichen Wiederholungssichtung dauerte es ehrlich gesagt etwas, bis der Film richtig auf mich wirkte. Das mag vielleicht albern klingen aber mit der Erweckung der Kreatur wird die Geschichte humoristisch lebendiger. Brooks und Wilder, der sich die Rolle des Frankenstein-Enkels auf den eigenen Leib schrieb, pendeln hier gekonnt zwischen stilsicherer Rekreation klassischer alter Horrorfilm-Atmosphäre und teils plumpen, aber überaus spaßigen Gags. Mein Favorit war dieses Mal die Szene mit dem von Gene Hackman gespielten blinden Einsiedler. Als inszenatorisches Vorbild diente nicht nur James Whales ikonische erste TonfilmAdaption des Romanes von Mary Wollstonecraft Shelley von 1931, sondern auch dessen Fortsetzungen Frankensteins Braut (1935), Frankensteins Sohn (1939) und Frankenstein kehrt wieder (1942). Wie für Filme aus den 1930ern und 1940 üblich verwendete man den Wipe-Effekt und den Iris-Shot bei Szenenwechseln. Nicht zu vergessen natürlich die Tatsache, dass der Film gegen den zwischenzeitlichen Widerstand des Studios in Schwarzweiß gedreht wurde. Brooks gelang es sogar, die originale Laborkulisse von 1931, die bei dem damaligen Szenenbildner Kenneth Strickfaden noch in der Garage stand, zu verwenden. Strickfaden war schließlich direkt an der Produktion beteiligt und hielt für seine Arbeit eine Nennung in den Credits, was ihm 43 Jahre zuvor verwehrt geblieben war.

Frankenstein Junior steht ud fällt aber auch mit seinem Ensemble. Gene Wilder überzeugt als Frederick Frankenstein (ausgesprochen übrigens „Fronkensteen“) in der Rolle des rationalen Wissenschaftlers, der vom gleichen „Wahnsinn“ wie sein Großvater befallen wird. Die heimlichen Stars des Films sind aber andere. Marty Feldman, Markenzeichen hervortretende Augäpfel, brilliert als Igor (ausgesprochen „Eigor“), der seinen Buckel abwechseln links oder rechts dreht und sich mit seinem gekonnten Timung sowie dem mehrfachen Durchbrechen der vierten Wand als veritabler Szenendieb erweist. Peter Boyle erweckt das Monster dank seiner Statur (und hohen Schuhen), seiner minimalistischen Mimik und dem durchdringenden Brummen perfekt zum Leben. Teri Garr und Madeline Kahn (spielte für Brooks auch in Blazing Saddles, der Hitchock-Parodie Höhenkoller sowie der Monumentalfilmveralberung Die verrückte Geschichte der Welt) haben als naive Assisstentin Inga und Fredericks Verlobter aber auch einige Lacher auf ihrer Seite. Den preußischen Klischee-Polizisten Kemp (nur echt mit ständig klemmender, mechanischer Armprothese und Monokel über der Augenklappe!) gibt Kenneth Mars, der in Frühling für Hitler noch als Nazi zu sehen war. Eisigen teutonischen Charme strahlte Cloris Leachman (Höhenkoller, Die verrückte Geschichte der Welt) als Haushälterin Frau Blücher („Wiiiiieher!“) aus.

Young Frankenstein, wie der Film im Original heißt, wurde ein großer Erfolg an der Kinokasse (86 Millionen Dollar Einspielergebnis) und zählte auch heute noch (zurecht, wie ich finde) zu Mel Brooks‘ besten Werken. 21 Jahre später drehte Mel mit Dracula – Tod aber glücklich ein „companion piece“ zum vorliegenden Werk. 2007 feierte eine Bühnenmusical-Fassung von Frankenstein Junior Premiere am Broadway.

Frankenstein Junior von Mel Brooks ist auf DVD und BluRay erhältlich.

Fazit: Vor allem in der zweiten Hälfte äußerst spaßige und insgesamt sehr stimmungsvolle Frankenstein-Parodie von Altmeister Mel Brooks. 8 von 10 Punkten.


Furchterregend: Frau Blücher!

Schloss Frankenstein

Frederick ist ganz verrückt…
 

…denn seine Kreatur lebt!
Inspektor Kemp

 


Marius Joa, 11. Oktober 2022. Bilder: Fox.

 

 


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