Das Jahr 2007 verspricht für die Fans eines gewissen magisch begabten Brillenträgers besonders ertragreich zu werden. Der finale siebte Band ist angekündigt und im Sommer startet die Verfilmung des fünften Teils in den Kinos. Grund genug für Sarah Böhlau, einen Blick zurück auf den Auftakt der Filmreihe zu werden.
Harry Potter und der Stein der Weisen (Harry Potter And The Sorcerer’s Stone)
Fantasy, GB/USA 2001, FSK 6, 147 Minuten (PAL-DVD)
Regie: Chris Columbus
Schauspieler: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Robbie Coltrane, Richard Harris, Maggie Smith, Alan Rickman, Ian Hart, John Cleese.
Von verwunschenen Schlössern und Vermarktungsmaschinerien
Es war einmal ein Junge, der hatte keine Eltern mehr. Solange er denken konnte, lebte er bei seiner gemeinen Tante und ihrem jähzornigen Mann. Doch an seinem elften Geburtstag fand er heraus, dass er ein Zauberer war. Und er durfte seine schreckliche Familie verlassen, um auf ein Internat für Zauberschüler zu gehen. Dort lernte er eine zweite, magische Welt kennen, die heimlich neben unserer Welt existiert und in mancher Hinsicht eine Parodie auf sie darstellt. Er fand dort Anerkennung, Freunde und ein Zuhause. Er lernte gutmütige Riesen kennen, fast-kopflose Geister, Wunsch-Spiegel und verzauberte Schachspiele. Es gab Zaubersprüche zu lernen, Geheimnisse zu entschlüsseln und Abenteuer zu bestehen. Aber sein neues Zuhause wurde von einem Bösewicht bedroht, der einst die Zauberwelt versklavt hatte und nun im Dunkeln auf eine Gelegenheit zur Rückkehr lauerte …
Beste Freunde: Harry und Ron.
Es war einmal eine arbeitslose Mutter, die schrieb ein Kinderbuch. Weil sie kein Geld für Kopien hatte, tippte sie die Manuskripte auf einer alten Schreibmaschine ab. Ein Verlag kaufte das Buch und es wurde ein Bestseller. Die Autorin schrieb noch ein zweites Buch und kündigte eine siebenbändige Reihe an. Die Bücher verkauften sich über 300 Millionen Mal und machten die Autorin sehr sehr reich.
Es war einmal eine Gesellschaft, deren Kinder lasen nicht mehr. Da schrieb eine Britin eine Buchreihe über einen Zauberschüler und die Kinder standen morgens vor den Buchhandlungen Schlange, um den neusten Band zu bekommen.
Es war einmal eine Filmgesellschaft, die wollte gerne absahnen. Sie kaufte die Rechte am erfolgreichsten Kinderbuch aller Zeiten. Aber die Autorin weigerte sich, das Mitspracherecht aus der Hand zu geben. Sie zwang die Filmgesellschaft, sich genau an die Buchvorlage zu halten und den Film mit britischen Schauspielern zu besetzen. Darauf hatte der gewünschte Regisseur Stephen Spielberg aber keine Lust und sprang ab. Die Filmgesellschaft engagierte dann Chris Columbus, der auf Familienunterhaltung spezialisiert war („Mrs. Doubtfire“, „Nine Month“) und stellte ihm 125 Millionen Dollar zu Verfügung.
Die Bedingung, sich eng an der Buchvorlage zu orientieren, ist für das erste Buch der Reihe noch am einfachsten umzusetzen: „Harry Potter und der Stein der Weisen“ erwies sich am kindlichsten in der Konzeption, überschaubarsten in der Handlung und ist zudem schlicht der kürzeste Band.
Für den Film hat das zur Folge, dass er der hellste und kindgerechteste ist. Er hat zwar dem erwachsenen Publikum weniger zu bieten als die Folgefilme, kommt damit allerdings dem minderjährigen Publikum auch am meisten entgegen – die späteren Verfilmungen werden immer düsterer und weniger empfehlenswert für jüngere Kinder.
In von der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgten Massencastings rekrutierte sich Chris Columbus seine drei Hauptdarsteller. Das Angebot an bereits bekannten Kinderdarstellern war begrenzt, und so wurde der noch unbekannte Daniel Radcliffe als Titelfigur ausgewählt. Zusammen mit Rupert Grint (Ron) und Emma Watson (Hermine) ergibt sich ein liebenswertes Trio, dem man seine Unerfahrenheit allerdings noch deutlich anmerkt.
Dafür tummeln sich im Lehrerzimmer von Hogwarts große Namen des britischen Films: Richard Harris (Professor Dumbledore), Maggie Smith (Professor McGonagall), Robbie Coltrane (Hagrid) und natürlich Alan Rickman (Professor Snape). Der Beliebtheit des Stoffes ist es zu verdanken, dass man teilweise bis in die kleinsten Nebenrollen noch bekannte Gesichter wieder findet. So ließ sich beispielsweise John Cleese zu einem wunderbaren Kurzauftritt als Griffyndor-Hausgespenst, der Fast-Kopflose Nick, überreden.
Columbus schwelgt in den Möglichkeiten, die die märchenhafte Welt Rowlings und der großzügige Etat bietet. Starke Kontraste, prächtige Kulissen, knallbunte Farben. Szenen wie Harrys erstes Quidditch-Spiel werden mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Für die gelungene Filmmusik entwarf Komponist John Williams das musikalische Leitthema, das auch in den späteren Filmen aufgegriffen wird.
Der Film dient wie das Buch primär der Exposition: Vorstellung der Zauberwelt, Erklärung der Hintergrundgeschichte und Einführung der Charaktere. Leider kann „Harry Potter und der Stein der Weisen“ darüber hinaus nicht viel bieten. Ein Meisterwerk hat Chris Columbus nicht geschaffen. Wohl aber einen passablen Auftakt zu einer wunderbaren Filmreihe, die mit dem Alter ihrer Protagonisten wächst.
Fazit: Schön umgesetzter, aber nicht außergewöhnlicher Film. 7 von 10 Punkten.
Gemein: die Dursleys.
Richard Harris in einer seiner letzten Rollen.
Alan Rickman als undurchsichtiger Snape.
Sarah Böhlau, 03. Februar 2007. Bilder: Warner.
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