Ein verletzter Junge sucht seinen treuen Hund auf einer Müllinsel, wohin ein despotischer Bürgermeister die Vierbeiner verbannt hat. Dieses Abenteuer steht im Zentrum von Isle of Dogs – Ataris Reise, dem zweiten Animationsfilm von Wes Anderson.
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Isle of Dogs – Ataris Reise
Animationsfilm USA, Deutschland 2018. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. 102 Minuten. Kinostart: 10. Mai 2018. Drehbuch und Regie: Wes Anderson.
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Revolution von Hunden
Japan, 20 Jahre in der Zukunft. In der Metropole Megasaki, Präfektur Uni, breitet sich eine gefährliche Hundeseuche rasch aus. Megasakis autoritäter (und katzenliebender) Bürgermeister Kobayashi ordnet daher die Deportierung der Hunde nach Trash Island an, einem als Mülldeponie dienendem Eiland vor der Küste. Ein paar Monate später macht sich der 12jährige Waisenjunge Atari, Bürgermeister Kobayashis Mündel, nach Trash Island auf, um seinen Leibwächterhund und besten Freund Spots zu finden. Nachdem Atari mit einem gestohlenen Flugzeug auf der Müllinsel abstürzt, erhält er Hilfe von den Alpha-Rüden Rex, King, Boss und Duke sowie dem Streuner Chief. Unterdessen kommt die amerikanische Austausch-Schülerin Tracy Walker einer weitreichenden Verschwörung auf die Spur…
Obwohl Wes Anderson (geboren am 1. Mai 1969) zu den eigenwilligsten und kreativsten Filmemachern unserer Zeit gehört muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich bisher von seinen Filmen nur sehr wenige gesehen habe. Nach dem herrlich hemdsärmeligen “Historienabenteuer” Grand Budapest Hotel (2014) stand das nächste Werk des Amerikaners dieses Jahr fest auf meiner Liste. Isle of Dogs verdeutlich einmal mehr, warum ich Animationsfilme bevorzuge, welche überwiegend nicht am Computer entstehen. Mit verschiedenen Techniken, vor allem Stop-Motion-Animation, aber auch Scherenschnitten und vielen Modellbauten, erweckt man hier eine unfassbar detailreiche Welt voller Symmetrie zum Leben, fast wie eine japanische Graphic Novel mit kuriosem Eigenleben. Über 1.000 Puppen wurden für die aufwändige Produktion in den 3 Mills Studios in London angefertigt, welche im Oktober 2016 begann.
Andersons zweiter Trickfilm nach Der fantastische Mr. Fox (2009) bietet vor allem einen mannigfaltigen Querschnitt durch die Kultur Japans, mit vielen visuellen Verweisen. Daneben gelingt es dem Film immer die unerlässliche Balance zwischen ernster, brutaler Parabel (über totalitäre Systeme und die Ausmerzung von Minderheiten), cartooneskem Slapstick und der im Zentrum stehenden Mensch-Vierbeiner-Freundschaft zu wahren. Zwar wartet die Originalfassung von Isle of Dogs mit großen Namen im Voicecast wie Bill Murray, Edward Norton, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, F. Murray Abraham und Tilda Swinton (alle wirkten auch bei Grand Budapest Hotel mit) sowie Scarlett Johansson, Bryan Cranston und Frances McDormand auf, doch die sprachliche Eigenart des Films und die gelungene deutsche Synchronfassung kaschieren den vermeintlichen Mangel gut. Ein nicht zu unterschätzender Teil der Dialoge sind ohnehin auf Japanisch und getreu der Sprachebenen im Film werden sie entweder untertitelt oder von einer Simultandolmetscherin übersetzt.
Eine Sache trübt den überaus positiven Gesamteindruck dann aber schon. Mit der im Original von Greta Gerwig (Frances Ha, Lady Bird) gesprochenen amerikanischen Austausch-Schülerin Tracy, die im Verlauf Geschichte eine maßgebliche Rolle einnimmt, bedient man hier leider wieder das Klischee des sogenannten “White Savior“. Die Verwendung dieser abgedroschenen Trope addiert zum eigentlich positiven Kulturtourismus, den Anderson mit Taiko-Trommlern, Sumo-Ringern, Kabuki-Theater, Kirschblütten und Rauchwolken in Atompilzform über 100 Minuten zelebriert, einen schalen Beigeschmack.
Seit dem 25. Oktober 2018 ist Isle of Dogs auf DVD und BluRay erhältlich.
Fazit: Regisseur Wes Anderson gelingt mit Isle of Dogs ein unglaublich detailreiches Stück Animationskunst über die Freundschaft zwischen Mensch und Hund, aber auch ein Plädoyer für Toleranz und Widerstand gegen totalitäre Herrschaft. 8 von 10 Punkten.
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Die nimmermüde Hundebande
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