Nach einem ausschweifenden Abstecher in die Abgründe des Sandalenfilms kehrt Marius Joa wieder zu seiner Rezensionsreihe zu Klassischen Sagen zurück, mit einer Hollywood-Verfilmung der bekannten Argonautensage: Jason und die Argonauten. Wichtiger Bestandteil der Produktion: die Stop-Motion-Effekte von Ray Harryhausen.
Jason und die Argonauten (Jason And The Argonauts)
Abenteuerfilm USA/UK 1963. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 100 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Todd Armstrong, Nancy Kovack, Gary Raymond, Laurence Naismith, Niall MacGinnis, Honor Blackman, John Cairney, Nigel Green, Douglas Wilmer, Jack Gwillim u.a. Regie: Don Chaffey. Nach Apollonios Rhodios.
Starke Tricktechnik, schwaches Drehbuch
Der machthungrige Pelias (Douglas Wilmer) erobert das griechische Königreich Thessalien und stürzt seinen Bruder vom Thron. Als Pelias versucht, dessen Erben zu eliminieren, wird ihm geweissagt, dass ein Mann mit nur einer Sandale seine Herrschaft beenden werde. 20 Jahre später trifft Pelias auf diesen Mann, den jungen Jason (Todd Armstrong), Sohn des ermordeten Bruders. Mit einer List gelingt es Pelias seinen Neffen vorerst los zu werden. Jason soll das Goldene Vlies aus Kolchis holen. Nach Wettbewerben in diversen Disziplinen stellt Jason eine Mannschaft aus den stärksten Männern Griechenlands zusammen. Das Schiff namens Argo zur langen Fahrt nach Kolchis, am anderen Ende der Welt, hat der erfahrene Argos (Laurence Naismith) gebaut. Auch Pelias’ Sohn Akastos (Gary Raymond) nimmt an der Fahrt der Argonauten teil. Schon bald haben die Reisenden mit Schwierigkeiten zu kämpfen, doch die Göttermutter Hera (Honor Blackman) ist ihnen wohl gesonnen und hilft, wo sie kann. In Kolchis bekommen die Argonauten Unterstützung von der Seherin Medea (Nancy Kovack).
Die Göttin Hera hilft Jason
Ray Harryhausen (geboren 1920) ist der Experte schlechthin für Stop-Motion-Tricktechnik. Bis zu Kampf der Titanen (1981) war der Amerikaner für die Effekte von diversen Abenteuer- und Fantasyfilmen verantwortlich und erschuf diverse Kreaturen und Monster, die in die Filmgeschichte eingingen. So auch bei Jason und die Argonauten. Hier erschuf Harryhausen den Bronzeriesen Talos, die siebenköpfige Hydra und sieben Skelette zum Leben. Auch wenn die Tricktechnik aus heutiger Sicht etwas angestaubt wirkt, so sind die Monster im Film immer noch beeindruckend, vor allem der Riese Talos und die Skelette. Den Kampf von Jason und seinen Gefährten mit den Gerippen zu bewerkstelligen dauerte vier Monate.
Auch sonst sieht die Produktion aus den 1960ern dank des damals üppigen Budgets von einer Million Dollar gut aus, was die Kulissen und Locations betrifft. Doch leider kann der Rest des Films nicht mit der gelungenen Optik mithalten. Jason und die Argonauten ist über weite Strecken ziemlich langweilig, obwohl vergleichsweise viel passiert. Richtig spannend wird es nur zum großen Finale. Bis auf Niall MacGinnis (Der Untergang von Troja) als Göttervater Zeus und Honor Blackman (bekannt aus Goldfinger) als Hera sind hier kaum Schauspieler von internationalem Format. Jack Gwillim wirkt als König Aietes von Kolchis sogar eher unfreiwillig komisch. Gleiches gilt für die „Zipfelmützenhelme“ (!) seiner Soldaten. Angenehme Randnotiz: der griechische Held Herakles heißt hier auch wirklich Herakles!
Das Hauptproblem des Films liegt im Drehbuch von Beverley Cross (Kampf der Titanen, 1981) und Jan Read. Zwar ist es nachvollziehbar, dass für einen Spielfilm diverse Elemente und Charaktere herausgekürzt oder vereinfach wurden, aber über weite Strecken ist die Story einfach ohne Linie, zu sprunghaft und teilweise hanebüchen. So wird die tödliche verwundete Medea einfach durch Auflegen des goldenen Vlieses geheilt und ein begnadeter Schwimmer unter den Argonauten stirbt mal eben kurz beim Tauchgang. Nächstes Problem: Jason und die Argonauten hat kein richtiges Ende. Denn Jasons Kampf um sein Königreich fehlt, weil der Film nach 100 Minuten mit Anspielung auf eine Fortsetzung aufhört, die nie gedreht wurde. Bezeichnenderweise besteht die Filmmusik von Bernard Herrman (Psycho) aus äußerst monotonem Getrommel und Getröte, wie man es leider aus Sandalenfilmen kennt.
Für Altmeister Harryhausen ist Jason und die Argonauten sein bester Film. Dies mag aus tricktechnischer Sicht auch zutreffen, aber inhaltlich ist z.B. Kampf der Titanen (1981) besser. Im Jahr 2000 veröffentlichte die Fernsehfilmschmiede Hallmark mit Jason und der Kampf um das goldene Vlies einen TV-Zweiteiler zu den Abenteuern von Jason und seinen Argonauten, der auf Computereffekte setzte.
Fazit: Tolle Tricktechnik, die jedoch nicht über die gravierenden inhaltlichen Schwächen und die langweilige Inszenierung hinwegtäuschen kann. 4 von 10 Punkten.
Jason kämpft gegen die Skelette
Die Götter schauen Menschen-TV
Bronzeriese Talos
DVD-Features
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch (alle Dolby Digital 2.0 Mono)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Arabisch, Dänisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Hindi, Isländisch, Italienisch, Niederländisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Schwedisch, Spanisch, Türkisch, Tschechisch, Ungarisch
Bonusmaterial
Kinotrailer
Filmografien Ray Harryhausen und Charles H. Schneer (Texttafeln)
Interview mit Ray Harryhausen (12 Min.)
Die Harryhausen Chronik (58 Min.)
Marius Joa, 30. Dezember 2010. Bilder: Columbia Pictures/Sony Pictures.
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