Kampf um Atlantis

Nach einer ganzen Reihe von Sandalenfilmen hat Redakteur Marius Joa erst einmal genug von diesem Genre. Mit Kampf um Atlantis wird die Rezensionsreihe beendet.

Kampf um Atlantis (Il conquistatore di Atlantide)
Abenteuer/Science-Fiction Italien/Ägypten 1965. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 88 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Kirk Morris, Luciana Gilli, Piero Lulli, Hélène Chanel, Andrea Scotti, Mahmoud El-Sabbaa u.v.a. Regie: Alfonso Brescia.

Trashiges Sandalen-Sci-Fi-Abenteuer

Nach einem Feldzug gegen die Parther erleidet der übermenschliche Held Herakles (Kirk Morris) Schiffbruch. An einem Wüstenstrand in Ägypten findet ihn Prinzessin Virna (Luciana Gilli), die Tochter von Scheich Assur (Mahmoud El-Sabbaa). Assur wiederum liegt mit dem Fürsten Khar (Andrea Scotti) im Clinch. Beide beschuldigen sich gegenseitig, immer wieder geheimnisvolle Raubzüge zu begehen. Doch bald wird klar, dass jemand anderes für die Untaten verantwortlich ist. Virna wird von mysteriösen „Geistern“ verschleppt. Herakles und Khar eilen zu ihrer Rettung. In der verborgenen Stadt Atlantis werden sie zu Gefangenen der Königin Ming (Hélène Chanel) und des teuflischen Magiers Ramir (Piero Lulli).

Als Kampf um Atlantis 1965 in die italienischen Kinos kam, befand sich das Genre des Sandalenfilms bereits in den letzten Zügen. Ungewöhnlich ist die Location des Films, der überwiegend in Ägypten gedreht wurde. Dabei bedient sich die Produktion neben den fast obligatorischen Sandalenfilm-Zutaten überraschenderweise diverser Science-Fiction-Elemente. Auch dadurch und wegen der gehörigen Portion unfreiwilliger Komik ist Kampf um Atlantis zumindest für Trash-Fans recht unterhaltsam.

Prinzessin Virna findet Herakles.

Wie viele andere Sandalen-Streifen geht es hier um das sagenumwobene Atlantis, oder was die Drehbuchautoren davon übrig gelassen haben. In Atlantis im Film regiert eine Königin, die alle paar tausend Jahre ausgewechselt wird. Die junge Wüstenprinzessin Virna soll nun den Thron erben. Dank eines Gehirnwäsche-Tisches, den der fiese grünbärtige Magier Ramir erfunden hat, lässt sich jeder gefügig machen. Doch die Krone der Schöpfungen Ramirs sind seine Truppe prähistorischer „Roboter“, bei welchen es sich um wieder erweckte und in Gold gegossene Tote handelt, die in türkis-blauen Strampelanzügen mit drüber gezogenem Tanga-Slip (!) gekleidet sind. Diese Proto-Ninjas sind auch für die geheimnisvollen Überfälle verantwortlich. In ihren Kampfanzügen sehen sie fast wie erwachsene Teletubbies aus.

Auch sonst ist Atlantis hier technologisch sehr weit entwickelt. Die roten Augen von chinesisch anmutenden Wandverzierungen sind Kameras mit denen die Atlantis-Oberen über einen Bildschirm alles in ihrer Stadt im Blick haben. Auch die grünen und weißen Haare der Palastwachen-Amazonen. Türkis, blau, grün, gold, Hauptsache alles ist bunt. Nicht zu vergessen ist natürlich die extrem praktische Strahlenkanone in Form einer goldenen Echse.

Die erste Hälfte des Films ist dank einer behäbigen Inszenierung auch relativ langweilig. Hier begegnet einem auch der erste grobe Logikfehler. Obwohl der Held gerade von den Folgen des Schiffbruchs genesen ist, so marschiert er munter ohne Wasser (!) und mit freiem Oberkörper tagelang durch die Wüste. Außerdem wird er einige Zeit später von einem Pfeil in die Brust getroffen und bleibt bewusstlos liegen, wobei die Gegner es nicht als notwendig erachten, den Getroffenen weiter zu beachten („Um den kümmern wir uns später“). Wer noch genauer hinsieht, wird sicherlich noch das ein oder andere weitere Plothole entdecken. Diese sorgen mit den grellbunten Kostümen und einer chronischen Humor-Resistenz für den nicht zu unterschätzenden Unterwaltungswert dieses Machwerks.

Das bisschen Story, das sich zwischen den öde gefilmten Kloppereien noch findet, ist zu vernachlässigen. Stattdessen sollte man sich zurücklehnen, das Hirn ausschalten und sich an der unfreiwilligen Komik, die den Film in gewisser Hinsicht erträglich macht, erfreuen. Man fühlt sich bei Königin Ming von Atlantis und ihrem Magier Ramir an die Comic-Reihe Flash Gordon erinnert, denn letzterer sieht wirklich wie der böse Tyrann Ming aus. Ob sich daraus Rückschlüsse auf die Lektüre der Kostümdesigner ziehen lassen?

Was Darsteller und Charaktere angeht, so sollte sich der Zuschauer hier keine falschen Hoffnungen machen. Kirk Morris, der Italiener ist und eigentlich Adriano Bellini heißt, kann hier weder viel falsch noch viel richtig machen, Er prügelt sich in modischer Jogginghose durch die Reihen der blauen Teletubby-Ninjas und hat immerhin auch einen zweiten Gesichtsausdruck. Piero Lulli wirkt als Bösewicht Ramir zwar mitunter verschlagen, ist aber im Grunde nur eine Witzfigur. Generell ist es der Ernsthaftigkeit nicht sehr dienlich, wenn Prinzessin Virna von der deutschen Stimme von Milhouse van Houten aus Die Simpsons gesprochen wird. Doch die deutsche Fassung macht eine Sache goldrichtig. Ihr ist es zu verdanken, dass Kampf um Atlantis einer der wenigen (oder vielleicht sogar der einzige) Sandalenfilme ist, in denen der Held seinen richtigen griechischen Namen HERAKLES (!) hat. Erstaunlich ist es zudem, dass die Produktion erst dreißig Jahre nach Erscheinen ihre Erstausstrahlung und damit Deutschland-Premiere im Fernsehen erhielt.

Fazit: Ausgelutschte Thematik, fade Inszenierung. Doch dank unfreiwilliger Komik und grellbunter Kostüme für Trash-Fans von gewissem Unterhaltungswert. 3 von 10 Punkten.


Phaser auf Töten!

Kurzes Techtelmechtel mit der Palastwache.

DVD-Features

Sprache: Deutsch

Bonusmaterial

e-m-s Trailer
Bildergalerie

Marius Joa, 6. Juni 2010. Bilder: e-m-s.

Empfehlungen
Dieser Film könnte Ihnen gefallen, wenn Sie folgende Filme mochten…

Herkules und die Königin der Amazonen (3/10)
Herkules erobert Atlantis (6/10)


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner