Leon muss sterben

Ein todkranker junger Mann hat eine Maschine entwickelt, mit deren Hilfe er weiterleben kann. Doch aus der Zukunft kommt eine Killerin, die ihn töten soll, um eine katastrophale Zukunft zu verhindern, in Leon muss sterben, dem ersten gemeinsamen Film der „Obsessive Filmmakers“ Lars Henriks und Nisan Arikan (Performaniax).

Leon muss sterben
Science-Fiction-Komödie Deutschland 2017. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 73 Minuten.
Mit: Nisan Arikan, Phillip Spreen, Viktoria Staiber, Alexander F. Obe u.a. Drehbuch und Regie: Lars Henriks.

 


„Do cyborgs dream of electric breakfast?“

Leon (Philip Spreen) ist Mitte 25 und todkrank. Er hat nur noch etwa einen Monat zu leben und verbringt seine letzten Wochen vor allem mit Fernsehen, Biertrinken, Enten füttern. In seinem Keller hat Leon eine revolutionäre Maschine entwickelt, die es ihm erlaubt, seinen Verstand in einen Computer hochzuladen. Doch diese Erfindung hat folgenschwere Konsequenzen für die Zukunft. 100 Jahre später sterben die meisten Menschen nicht mehr, weil sie digital ewig weiterexistieren und sich Roboterkörper bedienen können. Gegen diese digitale Tyrannei kämpft eine Gruppe von Rebellen, welche die Auftragskillerin Aqua (Nisan Arikan) in die Vergangenheit schicken, um Leon zu töten und so die Zukunft zum Positiven zu ändern. Doch Aqua muss feststellen, dass sich ihr Auftrag alles andere als einfach gestaltet…

Leon muss sterben ist die erste gemeinsame Arbeit der Schauspieler/Filmemacher Lars Kokemüller alias Lars Henriks und Nisan Arikan. Die beiden hatten sich bereits als 17jährige auf der Schauspielschule kennen gelernt, aber erst einige Jahre später unter dem Label „Obsessive Filmmakers“ kreativ und dann auch privat zusammengefunden. Henriks begann schon als Kind, erste Filme zu machen. Er spielte eine der Hauptrollen in der australisch-deutschen Jugendserie In Your Dreams (2013-2015) und veröffentlichte ab 2012 Kurz- und Langfilme unter dem Label „Radikal und Arrogant“, darunter die Horrorkomödie Warum Hans Wagner den Sternenhimmel hasst (2013) und das Indie-Musical How to be a Homewrecker (2017). Arikan war bisher unter anderem in diversen Fernsehserien wie Rentnercops, Morden im Norden und Merz gegen Merz sowie im TV-Film Kückückskind (2012) zu sehen.

Wie würde Terminator aussehen, ließe man das ganze Actiongetöse einfach weg und reduzierte das Geschehen aufs Wesentliche? Die Antwort auf diese Frage liefert das vorliegende Werk. Anstelle von endlosen Materialschlachten gibt es hier nämlich nicht nur ein philosophisch unterfüttertes Szenario sondern auch eine trotz aller absurder Umstände überaus bodenständige Liebesgeschichte. Aqua, die Killerin aus der Zukunft, soll Leon töten. Doch als sie ihn kennenlernt und sich die beiden allmählich näher kommen, versucht Aqua entgegen den Anweisungen ihrer Kontaktperson (Viktoria Staiber) Leon zu überreden, seine bahnbrechende Erfindung nicht zu nutzen. Was der todkranke Titelheld und die Frau aus einer anderen Zeit zusammen erleben lässt sich vermutlich am besten mit einer Indie-RomCom irgendwo zwischen Before Sunrise und Vergiss mein nicht! (Eternal Sunshine of the Spotless Mind) umschreiben.

Leon muss sterben gerät aber nicht nur wegen der inhaltlichen Ausrichtung zum kleinen Kuriosum, sondern vor allem wegen seiner ultimativen No-Budget-Produktion. Gedreht wurde im Guerilla-Stil in Hamburg. Für die Szenen in Leons Zuhause stellte Titeldarsteller Philip Spreen seine eigene Wohnung zur Verfügung. Die ganze Filmcrew bestand im Grunde nur aus einer Handvoll Personen. Lars Henriks schrieb das Drehbuch, führte Regie, komponierte den stylishen Elektronikscore sowie zwei Songs, übernahm gemeinsam mit Christian Grundey (Kamera, Kostüme, Ausstattung, visuelle Effekte, Tonmischung) und Hauptdarstellerin Nisan Arikan (auch verantwortlich für Kostüme und Ausstattung) den Schnitt und produzierte gemeinsam mit Oscar Pavlo und David Waller während Arikan wiederum als einer der Co-Produzenten fungierte. Obwohl das Endergebnis mit dem Einsatz von Spielzeugpistolen und der Bauweise von Leons Erfindung in bester Raumpatrouille Orion-Manier teils wie ein undefinierbarer Fanfilm wirkt so erscheint die generelle Machart keinesfalls billig. Henriks, Arisan und Co machen das Beste aus ihrern begrenzten Möglichkeiten. Wer auf großen Effekt-Overkill sowie packende Actionszenen verzichten, sich mit tiefsinnigen Gesprächen bzw. holprigen Raufereien begnügen kann, der wird mit diversen Genre-Referenzen, etwa zu Terminator, Matrix, Planet der Affen, Das fünfte Element und Blade Runner (siehe Überschrift) belohnt.

Leon muss sterben ist unter dem englischen Titel Leon must die bei Amazon Instant Video erhältlich.

Fazit: Mit einfachsten Mitteln produzierter Lofi-Hybrid aus philosophischer Science-Fiction und absurder Liebeskomödie. 7 von 10 Punkten.


Marius Joa, 16. Januar 2021. Bilder: Obsessive Filmmakers/Amazon.

 

 

 

 

 


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Kommentare

Eine Antwort zu „Leon muss sterben“

  1. Avatar von Gnislew

    Es freut mich echt, dass du diesen Regisseur für dich entdeckt hast.

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