In der sechsten Staffel geriet die erzählerisch souveräne Drama-Serie Mad Men ein wenig aus dem Ruder. Kehrt nun wieder Ruhe ein? Und wie wirkt sich bei der finalen Season die Aufteilung auf zwei Hälften aus?
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Mad Men: Staffel 7, Teil 1 (Mad Men: Season 7, Part 1)
Gesellschaftsstudie/Drama-Serie USA 2014. 7 Folgen. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Gesamtlänge: ca. 315 Minuten.
Mit: Jon Hamm, Elisabeth Moss, Vincent Kartheiser, Christina Hendricks, January Jones, Jessica Paré, Kevin Rahm, Aaron Staton, Rich Sommer, Kiernan Shipka, Ben Feldman, Jay R. Ferguson, Allan Havey, Harry Hamlin, Robert Morse, John Slattery u.v.a. Idee: Matthew Weiner.
Der Anfang vom Ende
1969. Zwei Monate nachdem er von seinen Partnern bei Sterling Cooper & Partners wegen eines Gefühlsausbruches vor Kunden beurlaubt wurde, hält Werbefachmann Don Draper (Jon Hamm) noch heimlich Kontakt zur Firma. Weder seiner aktuellen Ehefrau Megan (Jessica Paré), die derzeit in Kalifornien ihre Schauspielkarriere vorantreibt, noch Exfrau Betty (January Jones) oder Tochter Sally (Kiernan Shipka) hat Don etwas von seiner “Freistellung” gesagt. Auch Agenturgründer Roger plagen familiäre Probleme. Während er sich ausgiebig mit jüngeren Frauen und Drogen beschäftigte, hat seine Tochter Margaret (Elizabeth Rice) ihren Ehemann und den gemeinsamen kleinen Sohn verlassen und sich in eine Hippie-Kommune auf einer Farm geflüchtet. In der Agentur kommt es immer wieder zu Konflikten über Marschrichtung und Kompetenzen bei Gewinnung sowie Betreuung von Kunden. Pete Campbell (Vincent Kartheiser) und Ted Chaough (Kevin Rahm) bilden die Außenstelle an der sonnigen Westküste. Als Don wieder bei seiner Firma vorstellig wird bieten ihm die anderen Partner Jim Cutler (Harry Hamlin), Joan Harris (Christina Hendricks), Bert Cooper (Robert Morse) und Roger einen neuen Arbeitsvertrag an, allerdings mit harschen Verhaltensregeln. Zu ihrer Überraschung willigt Don ein. Fortan untersteht er als Texter dem älteren Lou Avery (Allan Havey), seinem Nachfolger als Kreativchef. Das Kreativteam um Peggy Olson (Elisabeth Moss), Michael Ginsberg (Ben Feldman) und Stan Rizzo (Jay R. Ferguson) kommt mit Lou nicht wirklich zurecht.
Harry, Pete, Peggy und Don sehen sich die Mondlandung im Fernsehen an
Die Tage von Mad Men sind gezählt. Im Jahr 2015 wird die zurecht gefeierte US-Serie planmäßig nach sieben Staffeln enden. Um den Abschied ein wenig hinauszuzögern wurde die letzte Season auf zwei Hälften aufgeteilt. Die ersten sieben Folgen wurden dieses Jahr gesendet, die letzten sieben Episoden gibt’s 2015. Ähnlich verfuhr US-Kabelsender AMC auch mit Breaking Bad, einer anderen preisgekrönten Drama-Serie.
Man soll bekanntlich aufhören wenn’s am Schönsten ist. Matthew Weiner, Schöpfer und Chefautor von Mad Men, hatte schon lange vorgesehen, dass seine Serie nicht endlos weitergehen sollte. Das macht aus vielerlei Hinsicht Sinn. Denn am Ende der ersten Halbzeit der finalen Staffel befinden wir uns im Jahr 1969. Die verschiedenen Charaktere sehen sich die Mondlandung von Neil Armstrong & Co im Juli 1969 im Fernsehen an. Auch die Werbeweltsaga steht vor einem “Giant Leap”, quasi “where no mad men has gone before” nämlich in die 1970er Jahre. Denn bisher war Mad Men im Zeitgeist- und geschehen der 1960er fest verortet.
Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten, was sich bei Sterling Cooper & Partners in einem riesigen Computer manifestiert, dem die Kreativlounge Platz machen muss. Besonders der junge Werbetexter Ginsberg hat mit dieser “feindlichen Übernahme” so seine Probleme und der Zuschauer fühlt sich an den berühmtesten Rechner der Kinogeschichte erinnert. Nur eines von mehreren Filmzitaten.
AMC erster Serienhit hat bisher auch noch kaum Abnutzungserscheinigungen, auch wenn das Verhalten einiger Charaktere, vor allem natürlich von Hauptfigur Don Draper, sich kaum ändert. Etwas aus der Reihe wirkte die sechste Staffel. Das sonst so authentisch und seelenruhig erzählte Mad Men war plötzlich untypisch surreal geworden, was nicht so ganz passte. Die Rückkehr in die Erfolgsspur wird mit Teil von Season 7 wieder erreicht. Trotz der turbulenten Situation der Werbeagentur und ihrer Mitarbeiter. Schließlich stirbt in der siebten Folge einer der wichtigen Figuren und eine neue Chance für Sterling Cooper & Partners eröffnet sich.
Vom Weg abgekommen wirkt allerdings Protagonist Don über weite Strecken. Zu Beginn arbeitet er gar nicht und hat nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit große Mühe die Anforderungen zu erfüllen, auch weil die anderen Partner seinen Wert für die Firma nicht mehr zu schätzen wissen und ihn eigentlich los werden wollen. Eine Krise durchläuft auch Peggy Olson, die ja bekanntlich durch kontinuierlich gute Arbeit den Aufstieg von der Sekretärin zur erfolgreichen Werbetexterin geschafft hat. Aber nach der Trennung von ihrem Freund und einer unglücklichen Wohnsituation fragt sich die Karrierefrau ob sie wirklich alles richtig gemacht hat.
Bei sieben Folgen kann man natürlich nicht die gleiche Stoffdichte erwarten wie bei den bisher üblichen 13 Episoden. Matthew Weiner und seinem Autorenteam gelingt es dennoch äußere sowie innere Konflikte der Charaktere organisch weiter zu treiben oder neue geschickt einzufügen. Wobei der Handlungsstrang um Betty Draper mittlerweile ziemlich auf der Stelle tritt. Als regelmäßiger Zuschauer weiß man nicht erst seit kurzem, dass Dons glamouröse Ex-Frau mit ihren Kindern nicht zurecht kommt. Aber vermutlich wird dieser nicht immer so relevante Teil des Gesamtgefüges beibehalten, um die Entwicklung von Tochter Sally, die in Staffel sieben bereits vierzehn Jahre alt ist, weiter zu verfolgen. Deren 15jährige Darstellerin Kiernan Shipka hat gemeinsam mit ihrer Rolle eine große Entwicklung hinter sich, vom Grundschulkind zum Teenie.
Doch wie wird Mad Men sich in den letzten Folgen entwickeln und enden? Etwa mit einem 85jährigen Don Draper im Jahre 2011? Ein größerer Zeitsprung ganz zum Schluss erscheint ja auch irgendwie sinnvoll. Aber dann bitte keinen künstlich auf alt geschminkten Jon Hamm.
Mad Men – The Final Season: Teil 1 erscheint am 27. November 2014 auf DVD.
Fazit: In Halbzeit eins der finalen Staffel kehrt Mad Men wieder voll zu seinen Stärken zurück: ruhige Inszenierung und unaufgeregte Erzählweise, natürlich wie immer stilvoll aufgemacht. 8 von 10 Punkten.
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Ein Partnermeeting ohne Don.
Marius Joa, 16. November 2014. Bilder: Lionsgate/Universal.
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Die bisherigen sechs Staffeln
Mad Men: Staffel 1 (7/10)
Mad Men: Staffel 2 (8/10)
Mad Men: Staffel 3 (8/10)
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Mad Men: Staffel 5 (9/10)
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