Mad Men: Staffel 7, Teil 2

Schon seit Jahren war das Ende der AMC-Serie Mad Men in greifbarer Nähe. Vermutlich um den Abschiedsschmerz zu mindern, wurde die siebte und letzte Staffel auf zwei Blöcke aufgeteilt. Den unnachahmlichen Schlusspunkt bildet die 92. Folge.

8-10Mad Men: Staffel 7, Teil 2 (Mad Men: Season 7, Part 2)
Gesellschaftsstudie/Drama-Serie USA 2015. 7 Folgen. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Gesamtlänge: ca. 330 Minuten.
Mit: Jon Hamm, Elisabeth Moss, Vincent Kartheiser, Christina Hendricks, January Jones, Jessica Paré, Kevin Rahm, Aaron Staton, Rich Sommer, Kiernan Shipka, Jay R. Ferguson, John Slattery u.v.a. Idee: Matthew Weiner.

 

Mad Men 7.2_Poster

Das Ende einer Ära

1970. Nachdem sich die Partner von Sterling Cooper & Partners darauf einigten, ihre Firma an den Marketingriesen McCann Erickson zu veräußern und dabei Prämien einzustecken, sind sie nun wenige Monate später nicht mehr so glücklich mit dieser Entscheidung. Um einen Interessenkonflikt zu vermeiden, verliert SCP immer wieder Kunden, deren Branchenkonkurrenten schon bei McCann unter Vertrag sind. Ken Cosgrove (Aaron Staton) wird gar entlassen, was er zum Anlass nimmt, die Stelle seines pensionierten Schwiegervaters bei einem Chemiekonzern einzunehmen und fortan seinen Ex-Kollegen „von der anderen Seite“ aus das Leben schwer zu machen. Joan Harris (Christine Hendricks), die einzig weibliche Führungskraft, trifft bei einer Dienstreise nach Kalifornien auf den draufgängerischen Mitfünfziger Richard (Bruce Greenwood), der von Anfang an seine Absichten nicht verhehlt. Im Büro sieht sich Joan immer wieder sexistischen Verhaltensweisen ihrer neuen männlichen Kollegen ausgesetzt. Auch Peggy leidet darunter, dass sie nicht wirklich ernst genommen wird. Erst nach langer Wartezeit erhält die erfolgreiche Werbetexterin überhaupt ein neues Büro in den Räumlichkeiten von McCann.

Kreativchef und Womanizer Don (Jon Hamm) hat mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen. Seine Scheidung mit der kanadischen Schauspielern Meagan (Jessica Paré) wird vollzogen, das gemeinsame Luxus-Appartment soll verkauft werden. Nach einer merkwürdigen Vision fühlt sich Don zur einsamen Kellnerin Diana Bauer (Elizabeth Reaser) hingezogen. Doch die Liaison währt nicht lange. Betty (January Jones), Dons erste Ex-Ehefrau, und Mutter der gemeinsamen drei Kinder Sally (Kiernan Shipka), Bobby und Gene, beginnt ihr Aufbau-Studium in Psychologie, nur um kurz darauf einen schweren Schicksalsschlag zu erleiden. Immerhin für Pete Campbell (Vincent Kartheiser) scheint es etwas besser zu laufen, wenn auch nicht beruflich. Die gemeinsame Tochter bringt ihn und Exfrau Trudy (Alison Brie) wieder etwas mehr zusammen. Der gealtere ehemalige SCP-Juniorchef Roger Sterling hat die wilden Tage nach seinen beiden gescheiteren Ehen hinter sich gelassen und sucht nun wieder Routine in seinem Leben.

Jon Hamm as Don Draper - Mad Men _ Season 7, Episode 14 - Photo Credit: Courtesy of AMCWas konnte man im Vorfeld der letzten Staffeln nicht für abenteuerliche Theorien zum Schicksal der einzelnen Figuren von Mad Men im World Wide Web entdecken. Meagan Draper werde anstelle von Sharon Tate das Opfer der Manson-Familie? Pete Campbell von einem Bären gefressen? Don Draper oder zumindest einer seiner Kollegen werde das Schicksal der ominösen Silhouette aus dem Vorspann erleiden und (sich) aus einem Hochhaus stürzen? Don werde als Greis in der Gegenwart gezeigt? Oder was noch am wahrscheinlichsten erschien aufgrund der immer wieder erlebten Visionen von kürzlich Verstorbenen: Don leidet/stirbt an einem Gehirntumor? Oder an einem Herzinfarkt?

Das Beste am Schlussakkord von Matthew Weiners authentisch komponierter Gesellschaftsstudie allerdings ist die Tatsache, dass all diese zum Teil äußerst reißerischen und unrealistischen, potenziellen Wendungen nicht passieren. Stattdessen kulminiert Mad Men in einem herrlich ambivalenten Finale, welches irgendwo zwischen rosiger und düsterer Zukunft, Hoffnung und fiesem Zynismus pendelt. Weiner und sein Autorenteam haben so über die Jahre hinweg mit den Erwartungen der Zuschauer gespielt, um sie dann ganz im Sinne der preisgekrönten Serie und der souverän-ruhigen Erzählweise zu unterlaufen.

Im Verlauf der ersten Episoden der finalen Halbstaffel beginnt quasi die Abschiedstournee einiger wichtiger Charaktere, die nach und nach die Werbeagentur Sterling Cooper & Partner und/oder die Geschichte der Serie verlassen, bis in der letzten Folge eine schöne Montagesequenz das „Schicksal“ der „verbleibenden Figuren zeigt.

Bis zur einmaligen Zieleinfahrt gerät das Vehikel Mad Men aber auch noch auf den einen oder anderen Irrweg. Teilweise wirken die einzelnen Storyelemente wenig zielstrebig. Vor allem die zweite Folge der letzten Halbseason hätte man sich fast völlig sparen können, zielen doch die einzelnen Elemente des Drehbuchs nur darauf ab, verschiedene Paare miteinander in die Kiste steigen zu lassen. In den letzten drei Folgen kommt dann auch die sprichwörtliche Reise des Antihelden Don Draper zu einem überraschenden Ende. Lange Zeit sieht es so aus als ob Dons Odyssee in den Westen ein Trip ohne Wiederkehr werden könnte. Oder doch eine Rückkehr mit Elixier? Jedenfalls ist es irgendwie eine Wohltat, dass der moderne Odysseus Don nach Jahrzehnten des persönlichen Stillstandes und immer wieder der gleichen Verhaltensmuster seinen Weg findet, wenn auch nicht zwingend zurück zu Heim und Familie.

Getreu dem Untertitel der finalen Halbstaffel geht mit dem Schlusspunkt dieser Serie wahrlich eine Ära zu Ende. Mad Men hat vor allem gezeigt, dass eine Zeitgeist-Serie topmodisch als auch authentisch sein kann ohne die Notwendigkeit einer reißerischen Inszenierung um der Action Willen. Äußerst selten ging es in Matthew Weiners Werbewelt unrealistische oder überzogen dramatisch zu. Und das alles muss eine andere TV-Produktion erst einmal nachmachen können. Als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Mad Men gilt die ebenfalls vom Sender AMC ins Leben gerufene Show Halt And Catch Fire, welche von jungen Computerpionieren in den frühen 1980ern handelt.

Obwohl die letzten Episoden von Mad Men bereits einen Tag nach US-Erstrausstrahlung auf dem deutschen Bezahlsender FOX Channel gesendet wurden, lässt eine DVD-Auswertung immer noch auf sich warten. Bisher kann man sich die sieben finalen Folgen nur auf Amazon Instant Video ansehen.

Fazit: Wenngleich der Motor kurz vor der Zielgeraden ein wenig stottert, so ist die finale Halbstaffel von Mad Men ein gelungener Schlussspurt mit wunderbar ambivalentem Ende. 8 von 10 Punkten.

Zur Abwechslung habe ich mich entschlossen anstatt der üblichen Bilder aus der besprochenen Serienstaffel von den Hauptfiguren (außer Don) je ein Bild aus der ersten Staffel und je eins aus den letzten Episoden gegenüberzustellen, um so die optische Veränderung zu verdeutlichen.

 

Peggy Olson_Season 1Peggy Olson_Season 7
Peggy Olson 1960 und 1970
Pete Campbell_Season 1Pete Campbell_Season 7
Pete Campbell 1960 und 1970
Betty Draper_Season 1Betty Francis_Season 7
Betty Draper 1960 und Betty Francis 1970
Sally Draper_Season 1Sally Draper_Season 7
Sally Draper 1960 und 1970
Joan Holloway_Season 1Christina Hendricks as Joan Harris - Mad Men _ Season 7B, Episode 8 - Photo Credit: Michael Yarish/AMC
Joan Holloway 1960 und Joan Harris 1970
Ken Cosgrove_Season 1Ken Cosgrove_Season 7
Ken Cosgrove 1960 und 1970
Harry Crane_Season 1Harry Crane_Season 7
Harry Crane 1960 und 1970
Stan_Season 4Stan_Season 7
Stan Rizzo 1964 und 1970
Roger Sterling_Season 1Roger Sterling_Season 7
Roger Sterling 1960 und 1970

Marius Joa, 23. August 2015. Bilder: AMC/Lionsgate.

Empfehlung
Die bisherigen Staffeln von Mad Men

Staffel 1 (7/10)
Staffel 2 (8/10)
Staffel 3 (8/10)
Staffel 4 (8/10)
Staffel 5 (9/10)
Staffel 6 (7/10)
Staffel 7, Teil 1 (8/10)


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