Um das Lichtspielhaus meiner Wahl kurz vor der Wiedereröffnung noch einmal zu unterstützten habe ich mir einen Film angesehen, der mittlerweile auch den Weg ins Heimkino gefunden hat. In Mein Ende. Dein Anfang wird ein junger Mann bei einem Banküberfall erschossen. Seine Freundin kann den Verlust nicht überwinden und findet Trost bei einem gebeutelten Familienvater…
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Mein Ende. Dein Anfang
Drama Deutschland 2019. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 111 Minuten. Kinostart: 28. November 2019.
Mit: Saskia Rosendahl, Edin Hasanovic, Julius Feldmeier, Michelle Barthel, Leonard Kunz u.v.a. Drehbuch und Regie: Mariko Minoguchi.
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Zufall oder Schicksal?
Seit zwei Jahren sind der Physiker Aron (Julius Feldmeier) und die Supermarktangestellte Nora (Saskia Rosendahl) zusammen. Das Glück des jungen Paares nimmt jedoch ein jähes Ende als Aron bei einem Banküberfall erschossen wird. Nora kann den Verlust ihrer großen Liebe nicht überwinden. Natan (Edin Hasanovic), der sich als Nachtwächter verdingt, erhält eine niederschmetternde Nachricht: seine kleine Tochter Ava hat Leukämie und benötigt eine kostspielige Therapie. Die Wege von Nora und Natan kreuzen sich. Doch steckt mehr als der Zufall dahinter?
Nora und Aron tanzen
Mein Ende. Dein Anfang ist der dritte Film, den ich mir über Kino On Demand gegen eine Gebühr ausgeliehen habe, um das (noch geschlossene) Kino meiner Wahl, das Central im Bürgerbräu in Würzburg, zu unterstützen. Interessanterweise ist es auch der dritte deutsche Beitrag (nach Freddy/Eddy und Electric Girl). Alle drei Werke haben gemein, dass sie sich in gewisser Hinsicht von “herkömmlichen” deutschen Produktionen unterscheiden. Beim Doppelgänger-Thriller Freddy/Eddy funktionieren die “Eigenheiten” über weite Strecken, bei Electric Girl leider nur bedingt. Mein Ende. Dein Anfang beweist, dass man ein bewegendes Drama auch auf eher ungewöhnliche Weise erzählen kann.
Die 1988 in München geborene Filmemacherin Mariko Minoguchi studiert nicht an einer Hochschule und hat sich die Fertigkeiten eines Filmschaffenden autodidaktisch angeeignet: durch das Drehen von Kurzfilmen, die Arbeit als Set-Assistentin beim Fernsehen und die Analyse der Filme ihrer Lieblingsregisseure wie Christopher Nolan. Was die Erzählstruktur angeht so erinnert Minoguchis Regiedebüt an Nolans rückwärts erzähltes Meisterwerk Memento (2000) oder dessen Vorgänger Following (1998). Eine ähnliche elliptische Erzählform gab es aus meiner Sicht auch im Science-Fiction-Drama Arrival (2016) von Denis Villeneuve. Dennoch liefert die Regisseurin und Drehbuchautorin hier bei weitem keinen Abklatsch. Im Gegenteil, Minoguchi “zerlegt” die verschiedenen Handlungsstränge und fügt sie virtuos zu einem neuen, kuriosen Ganzen wieder zusammen. An diesem überaus gelungenen Nebeneinander von Vergangenheit und Gegenwart hat natürlich auch der Schnitt von Andreas Menn (Hell, Finsterworld) einen großen Anteil. Die teils harten Übergange zwischen den einzelnen Szenen und Zeitebenen sorgen zwar für Irritation, aber diese Art der Disorientierung lässt die ganze Sache nur umso besser wirken.
Eine nonchronologische Erzählweise kann aber auch zum reinen Gimmick verkommen, wenn es der Geschichte nicht gelingt, zu fesseln oder zu berühren. Mein Ende. Dein Anfang funktioniert allerdings auf emotionaler Ebene und erreicht dies mit leisen, bewegenden Momenten, ohne ins Melodramatische abzudriften. Vor allem der Wechsel zwischen ernsten Szenen und der rückwärts erzählten Liebesgeschichte sorgen für eine gute Balance. Als Herzstück fungieren freilich die drei Hauptdarsteller: Saskia Rosendahl (Lore, Babylon Berlin) als Nora, Julius Feldmeier (Tore tanzt, Babylon Berlin) als Aron und Edin Hasanovic (Familie Braun, Hey Bunny) als Natan. Während Aron mit seinem “Philosophieren” über die Quantenphysik und der Frage nach Zufall oder Schicksal das (intellektuelle) Bindeglied der Handlung darstellt so stehen Nora und Natan insgesamt etwas mehr im Mittelpunkt.
Mein Ende. Dein Anfang ist seit dem 4. Juni 2020 auf DVD und BluRay erhältlich sowie bei Kino on Demand und anderen Streaminganbieterin abrufbar.
Fazit: Bewegendes und stark gespieltes Drama über Schicksal, Trauer und Hoffnung, das mit seiner nichtchronologischen Erzählweise glänzt. 9 von 10 Punkten.
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Nora trauert um Aron
Natan bangt um seine Tochter
Die erste Begegnung
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Marius Joa, 12. Juni 2020. Bilder: Telepool/Eurovideo.
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