Ed Wood (1924-1978) gilt gemeinhin als der schlechteste Regisseur aller Zeiten. Vor 60 Jahren erschien sein „Opus Magnum“: der Alien-Horror-Streifen Plan 9 from Outer Space…
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Plan 9 aus dem Weltall (Plan 9 from Outer Space)
Science-Fiction/Horrorfilm USA 1959. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 75 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Gregory Walcott, Mona McKinnon, Duke Moore, Tom Keene, Carl Anthony, Paul Marco, Tor Johnson, Dudley Manlove, Joanna Lee, John Breckinridge, Vampira, Bela Lugosi, Tom Mason u.a. Drehbuch und Regie: Edward D. Wood Jr.
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Aliens, Untote und ein falscher Umhangträger
Bevor wir nun zur eigentlichen Filmkritik kommen, ein paar einleitende Worte von einem guten Freund von mir, dem Medium Notthiswell:
„Willkommen, meine Freunde! Wir sind alle interessiert an der Vergangenheit, denn in ihr verharren viele von uns für den Rest ihres Lebens. Denn früher war bekanntlich alles besser. Diese Tatsache wird immer so sein. Und denkt daran, meine Freunde, vergangene Ereignisse wie dieser Film werden euch lange Zeit verfolgen. Ihr seid interessiert an unbekannten, an geheimnisvollen, an unerklärlich schlechten Filmen. Deswegen sind wir seit gestern schon hier. Und wir bringen euch zum ersten Mal eine unvollständige Rezension über das, was in diesem unfassbaren Film passiert. Wir geben euch all die alternativen Fakten, die lediglich auf den geheimen Aussagen der armen Seelen basieren, welche die erschreckende Qual der wiederholen Sichtung überlebt haben. Die Vorfälle, die Schauplätz, meine Freunde, wir können das Geheimnis nicht länger für uns behalten; lasst uns das schuldige Vergnügen belohnen und die unschuldig Vergnügten bestrafen. Meine Freunde, könnt ihr die schockierenden Fakten über inkompetente Alien aus dem Weltall aushalten?“
Schon seit Jahren versucht eine Alienrasse Kontakt mit den Bewohnern der Erde aufzunehmen. Doch die Pläne 1 bis 8 der Besucher sind fehlgeschlagen. Die außerirdischen Offiziere Eros (Dudley Manlove) und Tanna (Joanna Lee) werden nun mit der Umsetzung von Plan 9 beauftragt. Dieser sieht die Auferweckung einzelner Toter vor. Als erstes entsteigen zwei kürzlich Verstorbene aus ihren Gräbern: ein alter Mann (Bela Lugosi/Tom Mason) und seine ebenfalls gerade verschiedene, jüngere Gattin (Vampira). Die Polizei unter Inspektor Clay (Tor Johnson) tappt trotz Taschenlampe im Dunkeln. Pilot Jeff Trent (Gregory Walcott) wird während eines Fluges von einer fliegenden Untertasse überrascht. Als die Raumschiffe verstärkt über Kalifornien schwirren, beauftragt man das Militär um Colonel Tom Edwards (Tom Keene) mit dem Angriff auf die Invasoren am Himmel, der allerdings wirkungslos bleibt. Da die Situation auf dem Friedhof außer Kontrolle gerät und auch Jeffs Ehefrau Paula (Mona McKinnon) von den Untoten angegriffen wird nehmen Jeff, Lieutenant Harper (Duke Moore) und Colonel Edwards die Dinge selbst in die Hand…
Die aktuelle Staffel der Tele 5-Sendereihe SchleFaZ, in welcher die Moderatoren Oliver Kalkofe und Peter Rütten sich die schlechtesten Filme aller Zeiten gemeinsam mit dem geneigten Zuschauer ansehen, nutzte ich am 23. August 2019 zu meiner Zweitsichtung von Plan 9 from Outer Space, dem berüchtigtsten aller Machwerke von Ed Wood. Bei meiner Erstsichtung vor neun Jahren (kurz vor Ende des Films fielen – kein Witz! – die deutschen Untertitel der DVD aus) empfand ich den Streifen als recht langweilig. Das hat sich mittlerweile geendet. Sicherlich auch wegen der Kommentare von Kalkofe und Rütten kam ich teilweise aus dem Lachen nicht mehr heraus.
Man kann „Plan 9“ mit zwei völlig gegensätzlichen Herangehensweisen begegnen. Einerseits bietet es sich an Ed Woods legendäre Regie-Arbeit wegen der unzähligen Fehler von vorne bis hinten zu zerreißen: das muntere Hin- und Herspringen der Handlung zwischen Tag und Nacht, die zahllosen anderen Anschlussfehler, die wackelnden Grabkulissen aus Pappe, die sichtbaren Drähte, an welchen die fliegenden Untertassen befestigt sind, die eigentlich nur im Kreis herumgehenden Untoten, die völlig schwachsinnige Story, die billigen Kostüme (der Chef der Aliens trägt einen alten Fummel aus einem Mittelalter-Theaterstück!) usw. Dazu kommen holprige Darstellerleistungen, peinliche Dialoge und die alberne Einleitung vom seinerzeit bekannten Medium Criswell. Andererseits kommt es schon fast einer übermenschliche Leistung nahe, dass es Wood (weder mit Geld noch Talent gesegnet) geschafft hat, unter den gegebenen Voraussetzungen einen Film zu drehen und zu veröffentlichen, der 60 Jahre später noch für Furore sorgt. Heuzutage würde ein vergleichbare Produktion nicht einen einzigen Drehtag erleben. Als einfachen Trash sollte man Plan 9 from Outer Space keinesfalls abtun. Wood war von seiner Vision überzeugt. Ein Dillettant vor dem Herrn, der gegen alle Widrigkeiten seine Filme machte und dessen Begeisterung sich auch auf andere übertrug. Im Biopic Ed Wood (1994) von Tim Burton, mit Johnny Depp in der Titelrolle und Martin Landau in einer oscarprämierten Performance als Bela Lugosi, wurde dem berüchtigten Regisseur ein Denkmal gesetzt.
Ursprünglich sollte „Plan 9“ übrigens „Grave Robbers from Outer Space“ heißen, doch dieser Arbeitstitel störte die Geldgeber der Produktion, eine Baptistengemeinde aus Kalifornien. Einer der Gemeindevorsteher und nebenbei Woods Vermieter, J. Edward Reynolds, agierte als ausführender Produzent und übernahm eine kleine Rolle als einer der beiden Totengräber. Als Grundbedingung für die Finanzierung mussten sich alle Mitglieder des Filmteams taufen lassen. Dass sein geplanter Hauptdarsteller, der als Vampirfürst Dracula in Tod Brownings gleichnamigen Film von 1931 bekannt gewordene Bela Lugosi, vor Drehbeginn im Alter von 73 Jahren verstarb, hielt Wood ebenfalls nicht davon ab, seinen guten Freund in Erscheinung treten zu lassen. Dazu wurden einfach noch mit Lugosi aufgenommenes Material neue Szenen hinzugefügt, in denen der untote Mann von einem Double (Tom Mason, der Chiropraktiker von Ed Woods Ehefrau) verkörpert wurde, der sich einfach den Umhang vors Gesicht hält, schlicht und ergreifend weil er so gut wie keine Ähnlichkeit mit dem verstorbenen Darsteller besaß! Die beiden anderen untoten Figuren wurden vom schwedischen Ex-Wrestler Tor Johnson und der finnisch-amerikanischen Schauspielerin Maila Nurmi, die als Kunstfigur Vampira Kultstatus erreichte, verkörpert. Ehrlich gesagt finde ich Vampiras Präsenz in „Plan 9“ durchaus gruselig, was sicherlich auf ihre abartige Wespentaille (für welche Nurmi vor den Dreharbeiten tagelang hungerte) und die unnatürlich langen Finger zurückzuführen ist. Die Entstehungsgeschichte des Streifens ist gespickt mit diversen weiteren Anekdoten und Trivia.
In einer Sache tut man Ed Wood in der Rezeption seines vorliegenden Werkes Unrecht. Denn Plan 9 from Outer Space liegt in fast allen erhältlichen Fassungen im falschen Bildformat, nämlich in 4:3 (Full Screen), vor. Bei der ursprünglichen aufgeführten Kinoversion im 16:9-Format (Widescreen) sind nämlich manche der bekannten Fehler (wie die Drähte der fliegenden Untertassen oder das Mikrofon in einer Cockpit-Szene) aufgrund des Bildausschnittes nicht zu sehen. Ist das nun wirklich der schlechteste Film aller Zeiten? Ich würde sagen nein. Denn gerade weil Edward D. Wood Jr ein ziemlich chaotisches Endprodukt ablieferte, geriet sein Name nicht in Vergessenheiten. Hätte Wood einfach nur lieblose Machwerke à la The Asylum abgeliefert, so würde ihn heutzutage niemand mehr kennen.
Plan 9 from Outer Space ist seit 2010 nicht nur in einer kolorierten Fassung, sondern auch mit deutscher Synchronisation auf DVD erhältlich. Die deutschen Dialoge passen sich dem Niveau der Originalfassung recht gut an.
Fazit: Was den überwiegend unfreiwilligen Unterhaltungswert angeht, so hätte Ed Woods größtes Werk Plan 9 from Outer Space nach meiner Ansicht die Wertung 7 von 10 verdient. Aber bei etwas kritischer Betrachtung bleiben dann eher 3 von 10 Punkten.
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Bela Lugosi war eigentlich schon tot…
…aber es gab da dieses Double
Die Aliens Tanna und Eros
Die untote Vampira
Criswell warnt die Zuschauer
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