Es wird wieder Zeit für den Horroctober. Den perfekten Start bietet der kuriose Tierhorror-Streifen Rabbits, mit einer überaus gefährlichen Horde gefräßiger Bestien, die auf Menschenjagd gehen…
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Rabbits (Night of the Lepus)
Science-Fiction-Horror USA 1972. FSK: keine Jugendfreigabe. 85 Minuten (PAL-DVD). Kinostart: 30. März 1973.
Mit: Stuart Whitman, Janet Leigh, Rory Calhoun, DeForest Kelley, Paul Fix, Melanie Fullerton, Chris Morell u.a. Nach dem Roman The Year of the Angry Rabbit von Russell Braddon. Drehbuch: Don Holliday und Gene R. Kearney. Regie: William F. Claxton.
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Angriff der Killerkaninchen
oder Irgendetwas stimmt mit Hasi nicht
Nachdem im US-Bundesstaat Arizona die Koyoten ausgestorben sind leidet die Ranch von Cole Hillman (Rory Calhoun) unter einer massiven Kaninchenplage, von welcher auch die umliegenden Ländereien betroffen sind. Die sich stark vermehrenden Nagetiere fressen die Ernte weg und graben die Erde um. Als Cole seinen alten Freund vom College, Elgin Clark (DeForest Kelley), um Hilfe bittet, nimmt Clark Kontakt zum Biologen-Ehepaar Roy (Sutart Whitman) und Gerry Bennett (Janet Leigh) auf. Roy gelang es durch den Einsatz von Fledermäusen eine Insektenplage zu neutralisieren. Ein neues Serum soll die Fruchtbarkeit der Langohren stark vermindern. Doch dummerweise gelingt einem der Versuchskaninchen die Flucht aus dem Labor. Die Folgen sind verheeren. Nach und nach greifen mutierte Riesenkaninchen die Umgebung an und hinterlassen nicht nur eine Spur der Verwüstung, sondern auch blutüberströmte Leichen. Cole, Elgin, Roy und Gerry versuchen mit den örtlichen Behörden der Bedrohung Herr zu werden. Indes setzen die Killerkaninchen unaufhaltsam ihren zerstörerischen Weg fort…
Das Konzept des völlig harmlos aussehenden, aber tödlichen Killerkaninchens kenne (und liebe) ich bereits aus der absurden Artusepik-Satire Die Ritter der Kokusnuss (1975) von und mit der britischen Kultkomiker-Truppe Monty Python. Bereits ein paar Jahre zuvor waren blutrünstige Langohren Inhalt eines Kinofilms. Lose basierend auf dem 1964 erschienenen, satirischen Science-Fiction-Roman The Year of the Angry Rabbit des australischen Schriftstellers Russell Braddon drehte Regisseur William F. Claxton, der diverse Western-Filme und auch Serienfolgen dieses Genres inszeniert hatte, einen leider ernstgemeinten Horrorfilm. Eigentlich der falsche Weg, um sich dem Thema anzunähern, doch abgesehen von dem fehlenden Humor macht Rabbits (Originaltitel Night of the Lepus) nicht alles falsch.
Wenn man einem Eintrag in der Trivia-Sektion der imdb.com-Seite von Rabbits glauben darf, sollte der Film eigentlich „Night of the Lepers“ heißen und ein Ripoff von George A. Romeros Zombie-Kultstreifen Die Nacht der lebenden Toten (1968; Night of the Living Dead) werden. Doch als einer der Chefs bei MGM die erste Skriptfassung während des Abendessens las, schüttete er Rotwein darüber und missverstand „Lepers“ als „Lepus“ (die lateinische Bezeichnung für Hasen). Angeblich als Witz gedacht, gefiel die Idee der Killerkaninchen aber der Tochter des namentlich nicht genannten MGM-Executives und so wurde das Skript völlig umgeschrieben.
Rabbits unterscheidet sich von anderen Filmen über tödliche Bedrohungen durch Tiere, Ungeheuer oder auch Naturkatastrophen recht wenig. Durch die Unachtsamkeit einer Figur wird eine Art Kettenreaktion ausgelöst, die fatale Folgen nach sich zieht. Danach versuchen die Verantwortlichen der aussichtslosen Lage Herr zu werden, wobei diverse Optionen ausprobiert werden, um eine Lösung zu finden. Die Geschichte hält sich nicht mit großen Einführungen auf, sondern kommt direkt zum Punkt. Immerhin wirkt die ganze Chose dadurch über weite Strecken nicht langweilig. Auch wenn das Budget sicherlich keinesfalls üppig ausfiel, so gehört Night of the Lepus keinesfalls zu den billig heruntergekurbelten Streifen, die früher vor allem die B-Movie-Kinos füllten. Erstaunlicherweise befinden sich sogar ein paar prominente Namen im Cast. Neben Stuart Whitman (Die Comancheros, Der längste Tag) und Janet Leigh (Psycho) als Forscherehepaar Bennett agieren der ebenfalls Western-erfahrene Rory Calhoun (Der Texaner, Wie angelt man sich einen Milionär?) als Farmer Hillman und der als Dr. McCoy in Raumschiff Enterprise (1966-69; 1978-1991) bekannt gewordene DeForest Kelley. Ein Fall von „Sie waren nicht mehr ganz jung und brauchten das Geld“? Vielleicht.
Neben Material aus Dokus über die Kaninchenplage in Australien zu Beginn setzte man ansonsten auf echte, lebende Kaninchen. Um zu zeigen, wie die knuddeligen Nager sich allmählich in der Zivilisation „ausbreiten“ und für eine „Spur der Verwüstung“ sorgen, ließ man viele Tiere einfach durch eine Modellstadt hoppeln. In Slow-Motion abgespielt und mit unheilschwangerer Musik und „schaurigen“ Sounds unterlegt sollen die Bilder für Angst und Schrecken beim Zuschauer sorgen. Ein Konzept, dass freilich nicht aufgehen kann. Denn Bilder von hoppelnden Kaninchen bleiben nunmal Bilder von hoppelnden Kaninchen und erscheinen ähnlich furchterregend wie Eichhörnchen oder Murmeltiere. Da hilft es auch kaum, wenn man vereinzelten Häschen Ketchup auf Schnäuzchen schmiert. Da wirken die überaus reißerischen Versprechungen auf dem Original-Poster („Hier lernt auch der Stärkste das Gruseln!“) und dem DVD-Cover („Nach diesem Film werden Sie keinen Streichelzoo mehr betreten!“) ziemlich behämmert.
Für die Szenen, in denen Menschen von den plötzlich carnivoren Kaninchen angegriffen werden, steckte man Menschen in Hasenkostüme. Diese sind glücklicherweise fast nicht zu sehen und dank der gelungenen Montage mit echten, springenden Häschen wirken diese Sequenzen gar nicht mal so peinlich. Mit Ausnahme des völlig unecht aussehenden Blutes. Wie solch ein Film allen Ernstes eine Altersfreigabe ab 18 (!) Jahren erhalten konnte, lässt sich mit heutigen FSK-Standards nicht erklären. Für Kinder ist dieser Streifen natürlich ungeeignet, aber 16jährige Zuschauer wird er kaum traumatisieren. Watership Down – Unten am Fluss (sowohl der Zeichentrickfilm von 1978 als auch die CGI-Miniserie von 2018) wirkt brutaler, auch ohne dass die Kaninchen zu Ungeheuern mutiert sind. Zu „Beruhigung“ werde ich mir jetzt noch ein paar Kaninchenvideos auf Youtube (wer braucht schon Katzenvideos?!) ansehen.
Fazit: Teils alberner, aber an sich ernstgemeinter Bunnysploitation-Streifen mit den niedlichsten Tierchen der Horrorfilm-Geschichte. 5 von 10 Punkten.
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Noch sind die Hoppelchen harmlos
Krisensitzung
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Marius Joa, 4. Oktober 2020. Bilder: Imperial Pictures/MGM.
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