Sky Captain And The World Of Tomorrow

Luftschiffe docken am Empire State Building an, Wissenschaftler werden ermordet, riesige Roboter überfallen New York. Die einzige Rettung: Ein abenteuerlustiger Pilot und eine verbissene Reporterin… Kann so ein Film fuktionieren? Oder: Kann so ein Film nicht funktionieren? Sarah Böhlau über Sky Captain And The World Of Tomorrow.

Sky Captain And The World Of Tomorrow
Action-Animation, USA 2004. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 106 Minuten.
Mit: Jude Law, Gwyneth Paltrow, Angelina Jolie, Giovanni Ribisi, Ling Bai, Michael Gambon u.v.a.
Regie & Drehbuch: Kerry Conran.

In einer nicht allzu fernen Vergangenheit

Immer mehr Filme werden komplett vor Bluescreens gedreht, man denke etwa an Zack Snyders 300. Die unbegrenzten optischen Möglichkeiten, die diese Drehweise einräumt, verführen die Filmemacher meist zu visuellen Grenzüberschreitungen. Aber so spektakulär solche Bilder sind, so bedauerlich ist es doch, wenn sie alle anderen Elemente des Films in den Schatten stellen (und man im Dunkeln kämpfen muss). Erinnern wir uns an die neuen Star Wars- Filme, deren ausgefeilte Computernanimation leider kein Geld für ein Drehbuch mit ordentlichen DIALOGEN übrig ließ. Aber es geht auch anders. Mit der Low Budget-Produktion Sky Captain and the World of Tomorrow legte Kerry Conran 2004 einen Film vor, der eine atemberaubende visuelle Ästhetik mit eine tollen Story und klasse Dialogen zu verbinden weiß.

New York, im sepia-farbenen 1940: Die ehrgeizige Journalistin Polly Perkins (Gwyneth Paltrow) recherchiert im Fall mehrerer spurlos verschwundener Wissenschaftler. Kurz darauf wird in Manhattan der Katastrophenalarm ausgerufen: Riesige Roboter mit einem Totenkopfzeichen auf der Brust marschieren in die Innenstadt ein und stehlen Generatoren. Auch in anderen Teilen der Welt tauchen riesige Maschinen aus dem Nichts auf und nehmen Energiereserven mit.
„Da mittlerweile die militärischen Ressourcen überall auf der Welt nahezu ausgeschöpft sind, müssen die Staatschefs dieser Welt wieder einmal die Dienste der Elitetruppen von Sky Captain und seinen Söldnern in Anspruch nehmen, um diese geheimnisvollen Ereignisse zu enträtseln.“

Das klingt nach einem Auftrag! Joe Sullivan alias Sky Captain (Jude Law) kommandiert seine Flugstaffel auf einer kleinen Insel vor der ostamerikanischen Küste. Zusammen mit dem genialen Erfinder Dex (Giovanni Ribisi) nimmt er sich der Sache an, kommt aber nicht viel weiter. Da erscheint Polly Perkins auf dem Stützpunkt und bietet die Ergebnisse ihrer Nachforschungen an – als Gegenleistung für die Exklusivrechte an der Story. Joe willigt nur mit zusammengebissenen Zähnen ein, denn Polly ist eine Nervensäge – und seine Exfreundin. Polly sabotierte (wie Joe behauptet) vor drei Jahren in Asien absichtlich sein Flugzeug, um an eine Story zu kommen. Joe dagegen ging (wie Polly behauptet) während seiner Stationierung dort fremd.
Als die Roboter Joes Stützpunkt in Schutt und Asche legen und Dex entführen, muss sich das streitbare Expaar notgedrungen zusammen auf die Suche machen. Der Schlüssel zu den Ereignissen scheint eine steng geheime deutsche Forschungseinrichtung zu sein, die noch vor dem ersten Weltkrieg von einem Mann namens Totenkopf ins Leben gerufen wurde. Dummerweise hat Polly an diesem Punkt eine entscheidende Information zurückgehalten …

Über mehrere Jahre lang bastelte Computerfreak Kerry Conran an einem Kurzfilm, den er vor einem selbstbebauten Bluescreen in seinem Appartment aufnahm, als Schauspieler seine Freunde. Die Idee kam an, eine Produktionsfirma fand sich, das Drehbuch wurde ausgearbeitet, Spezialisten eingestellt, Schauspieler angeheuert. Aus Conrans Kurzfilm wurden die ersten Minuten von Sky Captain and the World of Tomorrow.
Es spricht allein schon für sich, dass sich bis in die kleinsten Nebenrollen hinein großte Stars überreden ließen, in diesem besonderen Projekt aufzutreten – alle ohne Bezahlung. Neben Jude Law und Gwyneth Paltrow geben sich so zum Beispiel auch Angelina Jolie, Michael Gambon und Giovanni Ribisi die Ehre. Zugegeben, ein wirkliches Loch in die Zeitplanung der Schauspieler sollte die Arbeit bei Sky Captain nicht geschlagen haben – die eigentlichen Dreharbeiten dauerten nur wenige Tage.

Der Film ist ein liebevolles kleines Kunstwerk. Bis ins Details finden sich getreue Darstellungen und Zitate alter Comics, Filme und Werbetafeln. Da ist zum Beispiel eine Kinovorstellung von Der Zauberer von Oz, während der sich Polly mit ihrem Informanten trifft. Die Szenen des Filmklassikers werden in den Film eingebunden. Sky Captain and the World of Tomorrow ist eine Liebeserklärung an die Zukunftvisionen und die Trashcomics der 20er, 30er und 40er Jahre und eine Hommage an das Kino im ganz Allgemeinen. Die Reminizensen zu großen Szenen der Filmgeschichte sind zahlreich und deutlich.
Abgesehen von der Animation lässt auch das Drehbuch wenig zu wünschen übrig. Der Film erzählt schnell und mit einem sauber ausgeführten Spannungsbogen – nur gelegentlich wird länger innegehalten, um die Wunder der Computeranimation gebührend zu würdigen. Für Lacher sorgen die intelligent geschriebenen Zankereien von Joe und Polly, wobei zwischen den beiden Streithähnen noch genügend romantische Gefühle unter der Oberfäche brodeln.

Die Macher von Sky Captain lebten offensichtlich die Fantasien ihrer Comicjugend aus. Joes Maschine beispielsweise verwandelt sich während des Sturzflugs ins Meer mal eben in ein Unterwasserflugzeug. („Dex hat an der Maschine rumgebastelt. Die Idee hat er aus einem von seinem Comicheften.“)

Erwähnenswert sind liebevollen Special Features der DVD, die aus einem mehr als ausführlichen Making-Of, diveresen Kommentaren, Gag Reels und gelöschten Szenen bestehen. Auch der Original-Kurzfilm ist auf der DVD vertreten. Und ganz nebenbei: Die Welt wird beben? WER denkt sich solche Untertitel aus?!

Fazit: Schmuckstück jeder DVD-Sammlung! 10 von 10 Punkten.


Ermitteln: Joe (Jude Law) und Polly (Gwyneth Paltrow).

Sky Captain, bitte kommen!

Applaus für die Grafikabteilung!
Sarah Böhlau, 22. Oktober 2007. Bilder: UIP.


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