Gerade noch pünktlich zum 25jährigen Jubiläum erschien Ende 1991 der sechste und letzte Kinofilm mit der kompletten originalen Crew des Raumschiffes Enterprise. Doch Star Trek VI ist mehr als nur eine Ehrenrunde.
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Star Trek VI – Das unentdeckte Land (Star Trek VI – The Undiscovered Country)
Science-Fiction-Film USA 1991. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 105 Minuten.
Mit: William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, James Doohan, Walter Koenig, Nichelle Nichols, George Takei, Kim Cattrall, Christopher Plummer, David Warner, Brock Peters, Kurtwood Smith, Rosanna DeSoto, Iman, Mark Lenard u.v.a. Regie: Nicholas Meyer. Drehbuch: Nicholas Meyer und Denny Martin Flinn. Nach Gene Roddenberry.
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Perestroika im Weltall
Die U.S.S. Excelsior unter Captain Hikaru Sulu (George Takei) wird im All von einer wuchtigen Schockwelle erfasst. Wie sich herausstellt ist diese auf die Explosion des klingonischen Mondes Praxis zurück zu führen. Auf Praxis befand sich die Hauptenergie-Versorgung der Klingonen, die aufgrund einer Schädigung ihrer planetaren Atmosphäre durch die Explosion nur noch begrenzte Sauerstoffkapazitäten besitzen. Gorkon (David Warner), Kanzler des klingonischen Hohen Rates, erklärt seine Absicht, Friedensverhandlungen mit der Föderation zu beginnen und den 70 Jahre andauernden Konflikt zu beenden. Gorkons Schiff und seine Mannschaft um Tochter Azetbur (Rosanna DeSoto) sowie General Chang (Christopher Plummer) sollen ausgerechnet von der U.S.S. Enterprise unter dem Kommando von Captain James T. Kirk (William Shatner) durch den Föderationsraum eskortiert werden. Nach einem eher misslungenen offiziellen Staatsdinner auf der Enterprise, bei welchem vor allem Animositäten ausgetauscht wurden, wird das Klingonenschiff scheinbar von Kirks Schiff angegriffen, während zwei unbekannte Attentäter Gorkon und weite Teile seiner Besatzung erschießen. Kirk und Dr. McCoy (DeForest Kelley) versuchen die Situation noch zu retten, werden aber als Mörder von Gorkon zu lebenslanger Haft im Arbeitslager auf dem eisigen Mond Rura Penthe verurteilt. Captain Spock (Leonard Nimoy) hat unterdessen das Kommando auf der Enterprise übernommen und untersucht die Ungereimtheiten während des Attentats auf die Klingonen mit der Hilfe seiner Kollegen Uhura (Nichelle Nichols), Chekov (Walter Koenig) und Chefingenieur Scotty (James Doohan)…
Captain Kirk trifft Kanzler Gorkon
Gerade noch im Jahres des 25jährigen Jubiläums von Star Trek – Raumschiff Enterprise feierte der sechste Kinofilm (und der letzte mit der kompletten Original-Besatzung) im Dezember 1991 seine Premiere. Die deutschen Fans mussten sich noch bis März 1992 gedulden bis sie in den Genuss der Leinwand-Abschiedsvorstellung ihrer in Würde gealterten Helden kamen.
Nie zuvor und auch nie wieder danach bezog sich eine Story aus den großen Weiten des Star-Trek-Universums so direkt auf reale politische Verhältnisse wie Das unentdeckte Land. Regie führte wie schon bei Star Trek II: Der Zorn des Khan Nicholas Meyer, der außerdem am Drehbuch zu Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart beteiligt war. Star Trek-Schöpfer Gene Roddenberry war zwar aufgrund seiner sich kontinuierlich verschlechternden Gesundheit nicht mehr direkt an der Produktion von Teil VI beteiligt, kritisierte aber die düstere Atmosphäre und die Ambivalenz der Charaktere deutlich, vor allem weil er seine Original-Serie als optimistische Utopie nicht mehr repräsentiert sah. Roddenberry starb am 24. Oktober 1991 an Herzversagen, zwei Tage nachdem er einen ersten Rohschnitt von Das unentdeckte Land gesehen hatte.
Trotz oder vielleicht gerade wegen der Budgetkürzungen, die auf die eher mäßigen Einspielergebnisse des Vorgängers zurück zu führen sind, überzeugt Teil VI als punktgenauer geradliniger Film mit nur wenigen Actionszenen aber einer unheilschwangeren und düsteren Grundstimmung. Die alte Garde um Kirk, Spock und McCoy wird mit gravierenden politischen Veränderungen konfrontiert und geraten dabei mitten in eine Verschwörung, die einen Frieden zwischen dem Klinischen Reich und der Föderation unbedingt verhindern will. Kurz vor dem Ende seiner Dienstzeit als Sterneinflottenoffizier muss vor allem Captain James (Tiberius!) Kirk seinen Hass gegen die alten Feinde, von denen einer seinen einzigen Sohn auf dem Gewissen hat (siehe Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock), überdenken. Die Protagonisten einer dieses Mal stark politisch motivierten Space Opera lernen also auch im recht fortgeschrittenen Alter noch dazu. Uralte Differenzen werden schließlich begraben. Wenn das nicht im Sinne der Vision Roddenberrys ist.
General Chang
Star Trek VI funktioniert auch deshalb so gut weil es mit General Chang einen wirklich eindrucksvollen Gegenspieler gibt. Der am Theater ausgebildete kanadische Schauspieler Christopher Plummer (Das Kabinett des Doktor Parnassus) darf als „Kalter Krieger“ mit besonders martialischem Gebaren Shakespeare rauf und runter zitieren. Dabei lässt Chang den überschätzten Khan aus Star Trek II wie einen zweitklassigen Filmbösewicht aussehen. In Das unentdeckte Land (der Titel stammt aus Hamlets „Sein oder nicht sein“-Monolog) wimmelt es nicht nur von unzähligen Zitaten aus der Feder des großen englischen Barden sondern es werden auch munter historische Anspielungen und Querverweise geliefert („Erde, Hitler, 1938.“ – „Nur Nixon konnte nach China gehen.“).
Auch wenn vielleicht hier und da die von den Vulkaniren so in den Mittelpunkt gestellte Logik nicht ganz funktioniert, so hätte es kaum eine bessere Abschiedsvorstellung für Captain (ehemals Admiral) James T. Kirk (William Shatner), Captain/Botschafter Spock (Leonard Nimoy, 1931-2015), Dr. Leonard McCoy (DeForest Kelley, 1920-1999), Commander/Chefingenieur Montgomery „Scotty“ Schott (James Doohan, 1920-2005), Commander Ravel Chekov (Walter Koenig), Commander Uhura (Nichelle Nichols) sowie Captain Hikaru Sulu (George Takei) geben können. Bevor der wirkliche Abspann beginnt verewigen sich die Hauptdarsteller mit Autogrammen in den unendlichen Weiten des Weltraums.
2016 feiert das Raumschiff Enterprise (die Originalserie) ihr 50jähriges Jubiläum. Neben dem 13. Kinofilm (dem dritten der neuen Zeitlinie), Star Trek Beyond, können sich Fans auch darauf freuen, dass ab November alle Filme und Serien bei Netflix verfügbar sein werden. Im Januar 2017 startet mit Star Trek: Discovery eine komplett neue Serie, bei welcher u.a. Nicholas Meyer als Co-Autor und Produzent mitwirkt.
Fazit: Star Trek VI überzeugt als geradliniger Politthriller von galaktischen Ausmaßen und liefert neben einer zeitnahen Aufarbeitung vom Ende des Kalten Krieges unzählige weitere überwiegend literarische Referenzen. Ein Plädoyer für die Überwindung von Vorurteilen und Rassismus. 8 von 10 Punkten.
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Die Enterprise macht sich auf den Weg
Captain Sulu von der Excelsior
Abschied von der Original-Crew
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Marius Jona, 31. Juli 2016. Bilder: Paramount.
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