Von wegen billiger Abklatsch von Kick-Ass! Im gleichen Jahr wie Matthew Vaughns Adaption des eigenwilligen Comics veröffentlichte Indie-Regisseur James Gunn ebenfalls einen Film über einen maskierten Helden: Super. Doch Gemeinsamkeiten haben diese beiden Streifen darüber hinaus eher wenig.
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Super – Shut Up, Crime! (Super)
Actionfilm/Satire USA 2010. FSK: keine Jugendfreigabe. 92 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Rainn Wilson, Ellen Page, Liv Tyler, Kevin Bacon, Nathan Fillion u.a. Drehbuch und Regie: James Gunn.
The American Way Of Justice
Eigentlich ist Frank Darbo (Rainn Wilson) ein ziemlicher Loser. Doch der Küchengehilfe zehrt von zwei wirkich guten Dingen, die ihn in seinem Leben widerfahren sind. Einst half er einem Polizisten, einen Taschendieb fest zu nehmen. Außerdem ist Frank mit der liebevollen und wunderschönen Sarah (Liv Tyler) verheiratet. Doch als Sarah wieder in ihre eigentlich schon überwundene Drogensucht hinabrutscht und mit dem schmierigen Unterweltboss Jacques (Kevin Bacon) durchbrennt, ist Frank verzweifelt. Da trifft ihn eine Vision von Gott. Außerdem erscheint ihm der kostümierte Bibel-TV-Held „Der heilige Rächer“ (Nathan Fillion). Für Frank ist klar, er wird ein maskierter Kämpfer für das Gute. Als „Blutroter Blitz“ streift Frank, nur bewaffnet mit einer Rohrzange, durch die Straßen seiner kleinen Heimatstadt und kämpft gegen Taschendiebe, Pädophile und Drängler. Als Sidekick drängt sich ihm die durchgeknallte Comic-Verkäuferin Libby (Ellen Page) alias „Blitzie“ auf. Nach ersten Erfolgen will Frank nur noch eins: Sarah aus den Fängen des Schurken Jacques befreien…
Der Blutrote Blitz!
Bevor Filmemacher James Gunn mit Guardians Of The Galaxy den neuesten Film des „Marvel Cinematic Universe“ drehte, inszenierte und schrieb er fast ausschließlich kostengünstig produzierte Indie-Filme, vor allem für die Billighorrorfilmschmiede Troma Entertainment (Atomic Man, Tromeo & Julia). Wie man aus einem minimalen Budget einen professionellen Film macht, scheint also die Spezialdisziplin des 44jährigen Amerikaners gewesen zu sein. Das beweist er auch mit Super – Shut up, Crime!, einer bitterbösen Satire über einen übergewichtigen Normalo, der sich als maskierter Held für „das Gute“ versucht. Ähnlichkeiten mit der Comicverfilmung Kick-Ass (nach der Vorlage von Mark Millar) sind nur rudimentär. Menschen ohne Superkräfte wollen Superhelden sein. Das war’s auch schon. Während Matthew Vaughns Film auf teils erfrischende Weise Nerd-Phantasien wahr werden lässt, suhlt sich Gunns Machwerk ungehemmt in der Absurdität seines Szenarios. Wo Kick-Ass zwar brutal und gleichzeitig doch irgendwie bieder ist, geht Super einen großen Schritt weiter.
Die Brutalität des (Anti-)Helden und vielmehr noch seines weiblichen Sidekicks, deren Gewaltpotenzial besonders hoch ist, lassen zu keiner Zeit gepflegte Actionunterhaltung aufkommen. Man fühlt sich als Zuschauer entweder von der Gewalt abgestoßen oder staunt über die Härte. Super ist bei aller Überzeichnung und Absurdität wohl der realistischste und ehrlichste „Superheldenfilm“. Hier haben die maskierten „Kämpfer für das Gute“ nicht nur keine übermenschlichen Kräfte, sondern auch keine Skrupel die Bösen zu Brei zu schlagen, egal ob sie jetzt wirklich schuldig sind oder nicht.
Die Geschichte kombiniert ins Absurde überdosierte Zutaten aus bekannten Superheldenfilmen mit beißender, aber äußerst treffender US-Gesellschaftskritik. Besonders einprägsam ist eine Montageszene, in welcher Frank und Libby sich für den großen Showdown wappnen, indem sie ausgiebigst im örtlichen Waffenladen shoppen gehen. Wie passend, dass sich auch der Name des Regisseurs fast genau wie das englische Wort für Schusswaffe schreibt. Die übermäßige Neigung zur Gewalt, die den Alltag in den USA nicht selten dominiert (siehe etwa die Erschießung unbewaffneter afroamerikanischer Verdächtiger durch die Polizei), treibt Gunn mit seinem Film auf die Spitze und setzt sozialkritische Nadelstiche, die richtig wehtun, eben weil sie so treffend sind.
Super funktioniert auch deswegen so gut, weil die Beteiligten das Beste aus dem schmalen Budget von nur 2,5 Millionen Dollar gemacht haben. So gaben sich die Darsteller um die bekannten Stars Liv Tyler (Herr der Ringe), Ellen Page (Juno, X-Men: Zukunft ist Vergangenheit) und Kevin Bacon (X-Men: Erste Entscheidung) mit dem Mindestlohn der US-Schauspielergewerkschaft zufrieden. Kamera, Schnitt, Musik und Effekte erwecken sogar den Eindruck einer teureren Produktion.
Fazit: Derbe, aber zielgenaue Satire über reaktionäres Vigilantentum, religiösen Wahn und verblendete „Helden“. 8 von 10 Punkten.
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