The Bad Batch

Mit dem Vampir-Western A Girl Walks Home Alone At Night (2014) gelang der iranisch-amerikanischen Regisseurin Ana Lily Amirpour ein starkes Langfilmdebüt. Nach Jahren habe ich mich anlässlich des diesjährigen Horroctobers an ihre zweite Regie-Arbeit herangewagt: The Bad Batch.


The Bad Batch
Endzeitdrama USA 2016. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 119 Minuten.
Mit: Suki Waterhouse, Jason Momoa, Jayda Fink, Keanu Reeves, Jim Carrey, Yolanda Ross u.v.a. Drehbuch und Regie: Ana Lily Amirpour.

 


Von Kannibalen und Kaninchen

Die USA in naher Zukunft: In einem abgesperrten Gebiet in der texanischen Wüste werden Menschen ausgesetzt, die in der Gesellschaft nicht mehr willkommen sind. Die als “Bad Batch” gebrandmarkten Ausgestoßenen finden sich in einer gesetzlosen Welt wieder, so auch die junge Arlen (Suki Waterhouse). Gleich an ihrem ersten Tag in der Wüste wird sie von Kannibalen-Bodybuildern, angeführt von Miami Man (Jason Momoa), verschleppt, die Arlen einen Arm und ein Bein amputieren. Kurze Zeit später gelingt ihr mit einem Skateboard die Flucht. In der Wüste wird sie von einem stummen Einsiedler (Jim Carrey) gefunden, der sie nach Comfort bringt, einer Siedlung, die vom charismatisch-geheimnisvollen Guru und Dealer The Dream (Keanu Reeves) geführt wird. Dank einer Beinprothese kann Arlen bald wieder laufen. Sie möchte Rache an den Kannibalen nehmen…

A Girl Walks Home Alone Night war nicht nur in seiner Eigenschaft als erster iranischer Vampir-Western ein Kuriosum. Regisseurin und Autorin Ana Lily Amirpour (geboren 1980 in England als Kind iranischer Eltern) lieferte mit ihrem erstan abendfüllenden Spielfilm, der von einer Vampirin handelt, die eine Kleinstadt heimsucht, einen herrlich stylishen und entschleunigten Arthouse-Genre-Hybrid in schwarz-weiß, irgendwo zwischen Spaghetti-Western, Tarantino und Jarmusch, eklektischer Musikauswahl beim Soundtrack inklusive. Für ihren zweiten Film The Bad Batch drehte Amirpour in den Wüstenregionen Kaliforniens. Passend dazu gestaltet sich die ganze Szenerie recht karg.

Die Kannibalen-Thematik empfand ich natürlich als ziemlich krank und grenzwertig, doch handelt es sich hier nicht um einen brutalen Torture-Porn-Schocker. Insgesamt passiert in den knapp zwei Stunden relativ wenig. Abgesehen von kurzen Gewaltspitzen, die dann gnädigerweise auch nicht so deutlich gezeigt werden, entpuppt sich The Bad Batch als leiser, langsam inszenierter und narrativ sehr spärlicher Endzeit-Western mit Augenmerk auf reduzierten, teils menschenleere Wüstenpanoramen. Ähnlich wie in Amirpours Erstling wird lange Zeit wenig oder nichts gesprochen, was auch damit zusammenhängt, dass die Filmemacherin unter einer Gehörverlust von 30 Prozent leidet und daher den Schwerpunkt auf das Visuelle setzt.

Ein stilsicheres Gesamtpaket aus einem Guss wie bei “A Girl” kann das vorliegende Werk aus meiner Sicht nicht ganz abliefern. Doch die Symbiose aus schweigsamer Post-Apokalypse und einem eigenwillig zusammengestellten, aber doch stimmungsfördernden Soundtrack, dieses Mal mit Schwerpunkt auf dem amerikanischen Elektronik-Duo DARKSIDE, besitzt durchaus ihren Reiz. Quasi als hätte der ungarische Regisseur Béla Tarr, bekannt für seine völlig ruhigen, abstrakten Filme, Mad Max gedreht. Ana Lily Amirpour sind bei The Bad Batch außerdem zwei Besetzungscoup geglückt. Neben Suki Waterhouse (Stolz und Vorurteil und Zombies) als Heldin Arlen und Jason Momoa (Stargate Atlantis, Game of Thrones) tritt Jim Carrey als völlig verhärmter, stummer Einsiedler auf und Keanu Reeves gibt den hippen Guru, nur echt mit Pornobalken!

Obwohl mich ihr zweiter Streifen nicht so begeistern konnte, dürfte es interessant bleiben, die Karriere von Ana Lily Amirpour weiter zu verfolgen. In den letzten Jahren inszenierte sie vereinzelt auch Serien-Folgen, darunter die zweite Folge der zweiten Staffel von Legion sowie zwei Episoden der Neuauflage von Twilight Zone (2019/20). Ihr dritter Spielfilm Mona Lisa and the Blood Moon befindet sich in der Post Production.

The Bad Batch ist seit dem 22. September 2017 bei Netflix abrufbar.

Fazit: Erzählerisch sehr minimalistischer, visuell durchaus eindrucksvoller Endzeit-Streifen, der dem Zuschauer einiges abverlangt. 6 von 10 Punkten.

 

 

Marius Joa, 30. Oktober 2020. Bilder: Netflix.

 

 

 


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner