Ein vergleichsweise kleiner, britischer Film war der große Sieger der Oscar-Verleihung 2011. The King’s Speech handelt vom späteren englischen König George VI., der wegen seines Stotterns den Rat eines eigenwilligen Therapeuten sucht.
The King’s Speech
Historiendrama/Biografie UK/USA 2010. FSK: ohne Altersbeschränkung. 114 Minuten (PAL-DVD). Kinostart: 17. Februar 2011.
Mit: Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Guy Pearce, Michael Gambon u.v.a. Regie: Tom Hooper. Drehbuch: David Seidler.
Der König, der keiner sein wollte
Prinz Albert von England, Herzog von York (Colin Firth), leidet seit Kindheit unter seinem Stottern. Das wäre an sich kein Problem, denn Albert ist nur der zweite Sohn von König George V. (Michael Gambon) und als Thronfolger ist der ältere Bruder David (Guy Pearce) auserkoren. Doch als er bei einer Rede für das Radio versagt, besteht Handlungsbedarf. Nach einer Odyssee bei verschiedenen Ärzten findet Alberts Ehefrau Elizabeth (Helena Bonham Carter) den australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue (Geoffrey Rush), der so ganz und gar unkonventionelle Methoden bevorzugt. Albert lehnt die Behandlung zuerst ab. Als sein Bruder wegen der Beziehung zu der mehrmals geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson (Eve Best) in Ungnade fällt, ändern sich die Verhältnisse und Verpflichtungen schlagartig und der Ersatz-Thronfolger muss ran…
Etwas überraschend gewann bei der Oscar-Verleihung 2011 nicht der Facebook-Film The Social Network in den Königskategorien bester Film und beste Regie, sondern The King’s Speech, der sich um den späteren König George VI von England dreht und wie er sein Stottern mit der Hilfe eines australischen Therapeuten in den Griff bekam. Für manche mag es ein Beleg für die konservative Haltung der Oscar-Academy sein, dass ein Film über einen unfreiwilligen Monarchen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts obsiegte und nicht ein Zeitgeist-Streifen über die Anfänge eines aktuellen Internetphänomens. Doch wäre dies eine etwas einseitige Betrachtungsweise. Denn The King’s Speech ist kein durch Prunk gedopter, altbackener Kostümfilm, sondern ein unspektakulär, dezent aber wirkungsvoll inszeniertes Werk.
Regisseur Tom Hooper, der vor seiner Kinofilmkarriere hochkarätige TV-Produktionen wie die HBO-Mehrteiler Elizabeth I (2005) und John Adams (2008) drehte, inszenierte das „Königsdrama“ sehr ruhig und minimalistisch. Durch die wenigen Außenaufnahmen und die Kameraeinstellungen wird eine Atmosphäre der Klaustrophobie erzeugt. Prinz Albert ist kein Hochglanz-Royal, sondern ein Mann, der sich von seinen Verpflichtungen eingeengt fühlt und mit dem neuen Medium Rundfunk aufgrund seines Stotterns auf dem Kriegsfuß steht. Die Darsteller, allen voran Colin Firth, der für sein Spiel den Oscar als bester Hauptdarsteller erhielt, und Geoffrey Rush als umstrittener Sprachtherapeut, überzeugen durch ruhige Performances ohne theatralische Momente.
Drehbuchautor David Seidler (Onassis, der reichste Mann der Welt), der selbst unter Stottern leidet, recherchierte den Stoff bereits in den frühen 1980er. Auf Bitten von Königinmutter Elizabeth („Queen Mum“), der Witwe Georges VI, vollendete Seidler das Skript erst nach ihrem Tod, wobei es zwischenzeitlich als Theaterstück geplant war.
Die therapeutische Beziehung zwischen Logue und seinem royalen Patienten wird im Film zeitlich stark vereinfacht. Da sich die Geschichte fast ausschließlich auf diesen Aspekt beschränkt, bleibt wenig Raum für Übriges. Die umstrittene Liebesgeschichte zwischen Prinz David/König Edward und der Amerikanerin Wallis Simpsons ist nur kurz wirklich präsent und dabei etwas einseitig dargestellt. Diesem Thema widmete sich Popikone Madonna mit dem von ihr inszenierten Film W.E.
Fazit: Unspektakulär inszeniertes und souverän gespieltes „Königsdrama“ der etwas anderen Art. 8 von 10 Punkten.
Albert und Ehefrau
Albert zweifelt an Lionels Methoden
Marius Joa, 26. März 2013. Bilder: Senator Film.
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