The Tourist

Für sein Spielfilmdebüt Das Leben der Anderen gewann Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck den Auslandsoscar. Sein zweiter Streifen ist der mit Topstars besetzte Thriller The Tourist, der spannende Unterhaltung verspricht. Mal sehen.

 

 

2-10The Tourist
Thriller USA/Frankreich 2010. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 99 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Angelina Jolie, Johnny Depp, Paul Bettany, Steven Berkoff, Timothy Dalton u.v.a. Regie: Florian Henckel von Donnersmarck.

 

The Tourist_DVD

 

Agententhriller auf Valium

Der geheimnisvolle Alexander Pearce ist einer der am meisten gesuchten Männer der Welt. Interpol jagt ihn, weil er der britischen Regierung 744 Millionen Pfund Steuern schuldet. Den brutalen Gangsterboss Shaw (Steven Berkoff) hat Pearce gar um mehr als zwei Milliarden erleichtert. Daher hat sich der Gejagte mit der Hilfe modernster plastischer Chirurgie ein neues Gesicht verschafft. Seiner Geliebten Elise (Angelina Jolie) schreibt Pearce, sie möge sich im Zug nach Venedig doch einen Mann suchen, der ihm an Statur ähnlich sei. Elise trifft auf Frank Tupelo (Johnny Depp), einen unscheinbaren Mathematiklehrer. In Venedig angekommen beziehen die beiden eine Luxussuite. Kurz darauf wird Frank von Killern gejagt und anschließend von der Polizei in Gewahrsam genommen…

The Tourist_Zug Elise trifft Frank

Der aus einer alten Adelsfamilie stammende Filmemacher Florian Henckel von Donnersmarck veröffentlichte nach einigen Kurzfilmen 2006 mit Das Leben der Anderen sein Langfilm-Debüt. Das vielfach umjubelte Drama um die Überwachung von Privathaushalten der DDR durch die Staatssicherheit katapultierte den jungen Regisseur mit dem Gewinn des Oscars für den besten fremdsprachigen Film 2007 in den Olymp des Mainstream-Films. Sein zweites großes Filmprojekt wurde das englischsprachige Remake des französischen Thrillers Anthony Zimmer (2005). Henckel von Donnersmarck schrieb das Drehbuch um und nach diversen Umbesetzungen standen für die beiden Hauptrollen die A-List-Stars Angelina Jolie und Johnny Depp zur Verfügung.

Zugegeben, ich habe Das Leben der Anderen leider noch nicht gesehen. Und ich denke auch, dass er den Jubelhymnen gerecht wird. Ganz anders gestaltet sich das bei The Tourist. Denn der hauptsächlich an tollen Schauplätzen in Venedig gedrehte Thriller entpuppt sich leider als ziemlicher Reinfall.

Als erstes fällt die überaus lahme Inszenierung auf. Eigentlich darf man bei einem Film, in welchem es um die Hatz nach eine Art Superverbrecher geht, rasante Verfolgungsjagden erwarten. The Tourist versagt hier auf ganzer Linie. Stattdessen wirken die betreffenden Szenen langweilig und fade. Spannung kommt hierbei nicht auf. Sonst eigentlich auch nicht. Da passt es wirklich ins Bild, dass es sich beim Drehbuch um eine Ansammlung von Oberflächlichkeiten handelt, die in der völlig haarsträubenden und abgedroschenen Schlusspointe kulminieren.

Irgendwie haben sich die Macher gedacht, dass es für einen guten Thriller reicht, die beiden Hollywoodikonen Angelina Jolie und Johnny Depp in Venedig aufeinander treffen zu lassen. Während Depp sich mit Elektrozigarette auf Autopilot-Schleichfahrt bewegt, fällt PR-Gigantin Jolie vor allem durch die drei Kilogramm Makeup auf ihrem Gesicht sowie die unpassenden Perücken auf. So etwas wie Chemie oder gar erotische Spannung kommt hier nicht einmal im Ansatz auf. Auch die weiteren Darsteller können aufgrund der nicht ausgearbeiteten Figuren nichts herausholen. Wir sehen Paul Bettany (A Beautiful Mind) als schlecht gelaunten Chef der Interpol-Einsatztruppe und Steven Berkoff (Octopussy) als noch mieser gelaunten Gangsterboss, der schon einmal einen seiner Handlanger wegen Inkompetenz mit dem Metermaß des gerade zufällig anwesenden Schneiders erdrosselt. Oho.

Ach ja und Alt-007 Timothy Dalton hat noch eine kleine, eigentlich völlig unbedeutende Rolle. Das passt irgendwie ins Gesamtbild. Denn insgesamt wirkt The Tourist als würde man James Bond Valium in einen Wodka Martini mischen oder aber als hätte Uwe Boll einen Agentenfilm gedreht. Das hätte er dann aber mit einem Zehntel des völlig überzogenen Budgets von 100 Millionen Dollar geschafft. Wohin die ganzen Millionen wohl geflossen sind? Vermutlich wurde damit die HFPA, die zuständige Organisation für die Golden Globes, bestochen. Denn wie lässt sich sonst erklären, dass The Tourist, der weder absichtlich noch unfreiwillig lustig ist, drei Globe-Nominierungen in der Sparte „Komödie oder Musical“ erhielt.

Bei der Golden Globe-Verleihung 2011 machte sich Moderator und Komiker Ricky Gervais diesbezüglich über den Film lustig. Im vergangenen Jahr sei fast alles dreidimensional gewesen, außer die Charaktere in The Tourist. Außerdem sei es Unsinn, dass die Hollywood Foreign Press (HFPA) den Film nur nominiert haben, um mit Angelina Jolie und Johnny Depp feiern zu können. Sie hätten auch Bestechungsgelder erhalten, so Gervais.

Fazit: Lahmer Pseudo-Thriller, der in fast allen Belangen versagt und das Potenzial seiner prominenten Darsteller gleichermaßen wie das überhöhte Budget völlig verschwendet. 2 von 10 Punkten.

 

The Tourist_Frank mit Tauben
Frank mit Venedigs bekanntesten Tierchen.

 

 

 

Marius Joa, 19. Juni 2013. Bilder: Kinowelt.


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