Therapie für einen Vampir

Und weiter im Horroctober-Programm, erneut mit einem Film aus meinem physischen SuF. In Therapie für einen Vampir sucht ein Jahrhunderte alter Blutsauger Rat bei niemand Geringerem als Sigmund Freud, dem Urvater der Psychoanalyse.

Therapie für einen Vampir
alternativ: Der Vampir auf der Couch
Horrorkomödie Österreich, Schweiz 2014. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 84 Minuten (PAL-DVD). Kinostart: 10. September 2015.
Mit: Tobias Moretti, Jeanette Hain, Cornelia Ivancan, Dominic Oley, David Bennent, Karl Fischer, Lars Rudolph u.a. Drehbuch und Regie: David Ruehm.

 



Wenn der Biss abhanden gekommen ist

Wien, 1932. Der berühmte Psychoanalytiker Sigmund Freud (Karl Fischer) erhält Besuch von einem neuen, ungewöhnlichen Patienten. Grad Geza von Kösznöm (Tobias Moretti), ein uralter Vampir, schildert dem renommierten Therapeuten dass er seines ewigen Lebens überdrüssig sei und vor allem Gattin Elsa ihn unendlich nerve. Das Problem der Gräfin:als Vampir kann sie sich nicht im Spiegel sehen und weiß somit niht ob sie auch wirklich schön ist. Freud rät dem Grafen, die Ehefrau von einem Maler malen zu lassen. Als der Vampir das Porträt von Lucy (Cornelia Ivancan), der Verlobten des Malers Viktor (Dominic Oley) entdeckt erkennt er in der jungen Frau seine vor Jahrhunderten verlorene große Liebe Nadilla. Grad Geza versucht alles, um Lucy für sich zu gewinnen, während Elsa sich von Viktor malen lässt. Als die Gräfin jedoch bemerkt, dass ihr Gatte einer anderen Frau nachsteigt, beginnt ein turbulenter, kleiner Ehekrieg…

 Graf Kösznoms Diener

Seit schätzungsweise zwei bis drei Jahren führt die DVD zu Therapie für einen Vampir (der in Österreich unter dem Titel Der Vampir auf der Couch veröffentlicht wurde) ein quasi untotes Dasein als Bestandteil meines Stapels ungesehener Film (SuF). Dem musste ich Abhilfe schaffen. Anlass dazu bot der „Horroctober“, wenngleich hier freilich kein Horrorfilm im klassischen Sinne vorliegt. Regisseur David Ruehm (Die Flucht [1992], Azzurro [1996]) liefert mit seinem Streifen im Grunde eine Beziehungskomödie mit Blutsaugern ab, also eine Art Dracula meets Der Rosenkrieg.

Was passiert wenn Graf Dracula und seine Ehefrau sowohl einander als auch das ewige Leben ziemlich satt haben? Ruehm macht aus dieser Prämisse in knackig-kurzweiligen 80 Minuten einen turbulenten Liebesreigen, in welchem die Story ein paar Haken schlägt. Auch unsterbliche Blutsauger haben nämlich so viele im Grunde alltäglichen Probleme und können manchmal nicht so recht aus ihrer fahlen Haut auch wenn sich die Gräfin hier in ein Tier zu verwandeln vermag. Mit einem Budget von sechs Millionen Euro hatte die österreichisch-schweizerische Ko-Produktion sicherlich nicht die Mittel für ausufernde Dekors wie andere Beiträge des Genres, macht aber das Beste aus seinem Setting. Gekonnt werden hier bekannte Motive aus Vampirfilmen (sowie ihren literarischen Vorlagen) mit Themen wie Emanzipation, Eitelkeit, Identität und Liebe vermischt.

Therapie für einen Vampir lebt auch von seinen gekonnten Timing und dem pointierten Dialogwitz. Seine große Stärke zieht die Horrorkomödie aber aus dem bis in die Nebenrollen top besetzten Cast. Vom genüsslich agierenden Tobias Moretti (Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm) als Graf, Jeanette Hain (Babylon Berlin) als blutdürstige Gräfin, Cornelia Ivancan (Bullyparade – Der Film) als Lucy über David Bennent (Oskar Matzerath aus Die Blechtrommel) als Kösznoms Diener Radul, Lars Rudolph (Der WiXXer) als Koch zu Karl Fischer (Sergente Vianello aus der ARD-Krimiserie Donna Leon) in der Rolle des behäbigen Sigmund Freud. Die große filmische Offenbarung wird hier nicht geboten, aber Vampir-Fans mit Selbstironie können ruhig zubeißen zugreifen.

Therapie für einen Vampir ist seit dem 19. Oktober 2015 auf DVD bzw. 3. November 2015 auf BluRay erhältlich sowie auf diversen Streamingportalen abrufbar.

Fazit: Kurzweilige, amüsante Blutsauger-Screwball-Komödie mit glänzend aufgelegten Darstellern. 7 von 10 Punkten.

Der Graf umgarnt die junge Lucy…
…während die Gräfin von Lucys Verlobtem gemalt werden will
Freud und sein neuer Patient

 


Marius Joa, 9. Oktober 2019. Bilder: MFA +.

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