Three Thousand Years of Longing

Eine allein lebende Literaturwissenschaftlerin trifft auf einen Flaschengeist, der ihr drei Wünsche erfüllen möchte, in George Millers Three Thousand Years of Longing, mit Tilda Swinton und Idris Elba in den Hauptrollen.


Three Thousand Years of Longing
Fantasydrama Australien, USA 2022. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 109 Minuten. Kinostart: 1. September 2022.
Mit: Tilda Swinton, Idris Elba, Ece Yüksel, Matteo Bocelli, Oğulcan Arman Uslu, Burcu Gölgedar u.v.a. Nach Der verliebte Dschinn von A.S. Byatt. Drehbuch: George Miller und Augusta Gore. Regie: George Miller.


 

 

Vom Fluch und Segen der Wunscherfüllung

Alithea Binnie (Tilda Swinton) ist eine erfolgreiche Literaturwissenschaftlerin aus London, die im Fachbereich Narratologie einen internationalen Ruf genießt. Privat hat sie sich nach ihrer Scheidung in einem einsamen Leben ohne Partner, Familie und Freunde gemütlich eingerichtet. Gelegentlich leidet sie unter Halluzination. Während einer Konferenz in Istanbul erwirbt Alithea auf einem Basar eine mysteriöse Flasche. Beim Versuch das alte Gefäß zu reinigen entspringt diesem plötzlich ein Dschinn (Idris Elba). Der Flaschengeist fragt Alithea nach ihren Herzenswünschen. Doch die Narratologin weiß aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung mit Erzählungen unterschiedlichster Art um die Gefahren der Erfüllung von Wünschen. Schließlich erzählt ihr der Dschinn was er in den 3.000 Jahren seit seiner ersten Einkerkerung in der Flasche so alles erlebt hat…

Die Bandbreite des Filmemachers George Millers ist ziemlich groß. Neben der originalen Mad Max-Reihe (1979/1981/1985) und der umjubelten späten Fortsetzung Mad Max: Fury Road (2015) drehte der 1945 geborene Australier auch Werke wie Die Hexen von Eastwick (1987), das auf wahren Begebenheiten beruhende Drama Lorenzos Öl (1992) den Familienfilm Ein Schweinchen namens Babe (1995) sowie dessen Fortsetzung (1998) und das animierte Pinguin-Musical Happy Feet (2006). Sieben Jahre nach dem vierten Mad Max-Teil hat Miller endlich seinen neuen Film veröffentlicht, der zwischen philosophischem Kammerspiel und epischem Märchen wandelt.

Die Konstellation erinnert natürlich an 1001 Nacht, jene umfassende Sammlung morgenländischer Erzählungen, die seit Jahrhunderten die Weltliteratur beeinflusst. So auch die britische Schriftstellerin A.S. Byatt (geboren 1936), welche die Kurzgeschichte The Djinn in the Nightingale’s Eye (dt. Der verliebte Dschinn) als Teil ihrer gleichnamigen Geschichtensammlung von 1994 schrieb. Diese Short Story diente Miller und seiner Tochter Augusta Gore als Inspiration für das gemeinsam verfasste Drehbuch. Eigentlich sollte Three Thousand Years of Longing schon ab März 2020 gedreht werden, doch wie bei vielen anderen Filmen der letzten Jahre, machte die sich weltweit just in jenem Monat ausbreitende Corona-Pandemie diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Die Dreharbeiten konnten schlussendlich von November 2020 bis Januar 2021 stattfinden.

Nach Sichtung des Trailers könnte der nicht ganz richtige Eindruck entstehen, bei TTYoL handele es sich um einen großen Fantasy-Blockbuster, mit allerlei epischen Szenen. Wie es der Titel vermuten lässt umspannen die Erzählungen des Dschinns dreitausend Jahre, aber im Kern bleibt die Story bei Alithea und ihrem ungewöhnlichen Gast respektive bei dessen auf drei Geschichten aufgeteilten wichtigen Begegnungen. Große Schlachtszenen oder Action-Setpieces sucht man vergeblich. Und das ist auch gut so. Denn auch ohne eine besonders epische Ausrichtung bietet die 60-Millionen-Dollar-Produktionen vor allem in den bebilderten Geschichten des Flaschengeistes tolle Locations, opulente Kostüme und Kulissen sowie beeindrucke visuelle Effekte, welche nicht zu überladen wirken. Dazu hat Tom Holkenborg aka JunkieXL, den ich ansonsten mit plumpen Bombast-Getöse wie bei Batman V Superman: Dawn of Justice (2016) assoziiere, einen angenehm unaufgeregt schönen Score mit orientalischem Flair komponiert. Den wehmütigen Titelsong Cautionary Tale singt Matteo Bocelli, der auch eine kleine Rolle im Film hat und sein musikalisches Talent wohl auch seinem berühmten Vater Andrea Bocelli zu verdanken hat.

Als viel interessanter als großer Effekte-Overkill erweist sich die Dynamik zwischen den beiden Hauptcharakteren und die bitteren Erkenntnisse aus den Erzählungen, die sich freilich auch auf die fast wie eine Einsiedlerin lebende Alithea und deren Selbstwahrnehmung auswirken. Tilda Swinton als etwas schrullige Literaturwissenschaftlerin mit etwas merkwürdigem (schottischen?) Akzent und Idris Elba (Luther [Serie], Thor [2011]) als zwischen Weisheit und Schwermut wechselnder Dschinn bilden hier ein sehr gut harmonierendes Leinwandpaar, das sich trotz der magischen Fähigkeiten von Letzerem auf Augenhöhe begegnet. Schade, dass dieser schöne Film an der Kinokasse gefloppt ist.

Three Thousand Years of Longing ist seit dem 9. Dezember 2022 auf DVD und BluRay erhältlich sowie als kostenpflichtiger Stream bei diversen Anbietern.

Fazit: Wundervolles Fantasymärchen von George Miller über die Widersprüchlichkeit der menschlichen Natur. 8 von 10 Punkten.

 

Alithea findet eine Wunderlampe…
 

…welcher der Dschinn entsteigt
 
 
Die hochbegabte Zefir

 


Marius Joa, 30. Dezember 2022. Bilder: Leonine.

 


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