Im Februar 1988 kam mit Wall Street ein Film in die Kinos, den man genauso vor einem Jahr neu hätte veröffentlichen können – als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise. Kurz bevor der Nachfolger Wall Street 2 – Geld schläft nicht anläuft, haben wir uns den Film erneut angesehen – und waren begeistert.
Wall Street
Drama, USA 1987. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 126 Minuten. Deutscher Kinostart: 18. Februar 1988
Mit: Michael Douglas, Charlie Sheen, Martin Sheen, Daryl Hannah, Tamara Tunie, Franklin Cover, Hal Holbrook u.a. Regie: Oliver Stone
Money, Money, Money
Nein, die Finanzwelt ist nicht böse. Auch wenn uns so manche Politiker vermitteln wollen, dass nur die Banken für die Finanzkrise des Jahres 2008 verantwortlich waren, greift dieser Vorwurf zu kurz. Vielmehr geht es um Fehler im System, die sich ohne große Angst vor Strafverfolgung ausnutzen lassen – und natürlich um die Gier Einzelner. Genau diese Thematik griff Oliver Stone 1987/88 mit seinem Film Wall Street auf.
Bud Fox (Charlie Sheen) verschiebt zwar tausende Dollar pro Tag, das große Geschäft macht er allerdings nicht. Denn als Wertpapierberater besteht seine Rolle lediglich darin, reichen Kunden Aktien zu verkaufen. Das will er nicht länger hinnehmen und arbeitet schon seit Monaten daran, endlich den Großinvestor Gordon Gekko (Michael Douglas) kennenzulernen. An dessen Geburtstag ergibt sich schließlich die Chance und Fox wird vorgelassen. Gekko erwartet von Fox einen Geheimtipp, den er glücklicherweise parat hat. Ab diesem Zeitpunkt gehört Fox zum Gekko-Team und lernt, wie sich an der Börse so richtig Geld machen lässt, allerdings nicht immer mit legalen Methoden. Denn Gekko geht bei seinem Investitionen über Leichen, die Zukunft von Unternehmen und Arbeitsplätzen bedeutet im Nichts. Für Bud Fox spielt das keine Rolle, bis sich Gekko an einer Fluggesellschaft, für die sein Vater Carl (Michael Sheen) als Techniker arbeitet, vergreift und sie abwickeln will. In diesem Moment beschließt Fox seinen Ausstieg und schmiedet einen Plan, wie er Gekko auf die Pelle rücken kann.
Finanzinvestor Gekko dirigiert sein Personal.
Gordon Gekko gilt gemeinhin als skrupelloser Investor und ist ein Inbegriff für das unregulierte Börsensystem geworden. Aber: Ohne das System gäbe es Gekko nicht. Das macht Oliver Stone in Wall Street auch Börsen-unerfahrenen Zuschauern klar. Die Voraussetzung ist allerdings, jede Minute dranzubleiben und keine Entwicklung zu verschlafen, sonst bleiben am Ende Fragen über Fragen. Wall Street ist also ein den Zuschauer fordernder Film, mal eben zwischendurch lässt er sich zwar sehen, aber nicht verstehen.
Michael Douglas und Charlie Sheen, damals gerade etwas über 20 Jahre alt, stellen zuerst einmal zwei Gegenentwürfe dar und haben dennoch mehr gemeinsam, als zu Beginn des Films ersichtlich wird: Sie stammen beide nicht aus der gesellschaftlichen Oberklasse, wollen sich hocharbeiten (oder haben das schon) und sind bereit, Dinge zu tun, die sich jenseits jeder Legalität bewegen. Einen gravierenden Unterschied gibt es aber dennoch: Der eine tut dies um jeden Preis, der andere hört rechtzeitig auf sein Gewissen. Michael Douglas liefert eine der besten Leistungen seiner Karriere ab und bekam zurecht den Oscar als bester Hauptdarsteller und einen Golden Globe. Charlie Sheen wurde zwar nicht mit Preisen überhäuft, mimt den jungen Börsenaufsteiger aber sehr glaubwürdig. Gut gefällt auch Michael Sheen als Gewerkschaftsführer und Flugzeugtechniker. Für Sheen-Fans ist der Film damit allein schon deshalb ein Muss, um einen der seltenen gemeinsamen Auftritte von Vater und Sohn zu verfolgen.
Fazit: Grandioses Börsendrama mit hervorragenden Schauspielern, einer gelungenen Story und viel Material zum Nachdenken. Für hibbelige Teenies, die nicht mitdenken wollen, allerdings nicht geeignet. 9 von 10 Punkten.
Bud Fox an seinem Arbeitsplatz. Man beachte insbesondere die für die damalige Zeit modernen Computer.
Michael und Charlie Sheen als Vater und Sohn.
Johannes Michel, 20. Oktober 2010. Bilder: Fox
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