2012

Nach Independence Day und The Day After Tomorrow macht Regisseur Roland Emmerich einmal mehr das, was er scheinbar am besten kann: Die Welt in Schutt und Asche legen. Aber überzeugt der zweieinhalb Stunden lange Katastrophenfilm auch? Oder verzettelt sich Emmerich in ein CGI-Feuerwerk? Johannes Michel war im Kino.

2012
Katastrophen-Thriller, USA 2009. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 158 Minuten. Deutscher Kinostart: 12. November 2009
Mit: John Cusack, Amanda Peet, Chiwetel Ejiofor, Thandie Newton, Oliver Platt, Thomas McCarthy, Woody Harrelson, Danny Glover u.v.a. Regie: Roland Emmerich

Seelenlos und schwachsinnig

Nein, Charakterdarsteller braucht Blockbuster-Regisseur Roland Emmerich nicht. Wichtig sind ihm bombastische Effekte, Katastrophen und infantile Geschichten. Dabei steckt in 2012 eigentlich viel mehr, nämlich die Frage, wie die Menschheit eine Verschiebung der Kontinentalplatten in Kombination mit dem Ansteigen des Meeresspiegels überleben könnte. Wer genau hinschaut, findet die Antwort in 2012, vieles bleibt aber im Dunkeln.

Im Jahr 2009 entdeckt der Wissenschaftler Dr. Adrian Helmsley (Chiwetel Ejiofor) zusammen mit einem indischen Kollegen, dass die Erde, wie wir sie kennen, nicht mehr lange existieren wird. Der Grund: Explosionen auf der Sonne lassen die Temperatur des Erdkerns dermaßen ansteigen, dass Vulkanausbrüche und Kontinentalplatten-Verschiebungen den Planeten völlig neu formen werden. Für die Menschheit bedeutet dies schlicht das Ende. Also entwickelt er mit Carl Anheuser (Oliver Platt), dem Chefberater des US-Präsidenten (Danny Glover) einen Plan, wie Teile der Bevölkerung überleben könnten: In gigantischen Archen sollen Politiker, Intellektuelle und Reiche das Inferno überstehen und die Erde neu bevölkern. Eines der ersten Gebiete, in dem der Wandel zuschlagen soll, ist der Yellowstone Nationalpark. Gerade dort will kurz vor der Katastrophe der Romanautor Jackson Curtis (John Cusack) mit seinen Kindern zelten – und wundert sich über die vielen Absperrungen. Als er mit Hilfe des Einsiedlers und Regierungsskeptikers Charlie Frost (Woody Harrelson) die Pläne der Regierung aufdeckt, schnappt er sich seine Kinder, seine Ex-Frau und deren neuen Liebhaber, um auf einer der rettenden Archen zu kommen – auch ohne Bordkarte.

Autor Curtis trifft den irren Frost.

Fangen wir einmal mit dem Positiven an: Selten fesselte ein Weltuntergangs-Film den Zuschauer derart auf dem Kinosessel wie 2012. Selten waren die Spezialeffekte, insbesondere wenn das Element „Wasser“ mit von der Partie war, derart perfekt wie in 2012. Als Computerspiel hätte Emmerichs Werks sicher alle Preise abgeräumt, die zu vergeben sind. Klar: Ab und zu könnten die Effekte noch etwas gehaltvoller und nicht derart inhaltsleer sein – aber das lässt sich aufgrund der grandiosen Bilder verschmerzen.

Viel schlimmer sind da die zahlreichen anderen Schwächen von 2012 – und die Liste ist schier endlos. Ein Hauptproblem von Emmerich waren schon immer die Charaktere, die in seinen Geschichten wenig Platz eingeräumt bekommen, zur stereotyp sind und sich nicht entfalten können. So kann in 2012 selbst ein John Cusack absolut nichts von seiner Schauspielkunst zeigen. Er macht einfach seinen Job, wäre aber beliebig austauschbar. Das sollte nicht sein.

Aber auch damit könnte der Filmfan noch leben. Was allerdings keinesfalls passieren sollte, ist das Hinabgleiten ins (unfreiwillig) Komische. Einen großen Beitrag dazu leistet Woody Harrelson als durchgeknallter Yellowstone-Bewohner und Piratensender-Betreiber Charlie Frost. Jede Minute, die er über die Leinwand flimmert, kostet dem Film Punkte und dem Zuschauer Nerven. Peinliche Dialoge, unglaubwürdige Geschichten und sinnfreie Aktionen von ihm und zahlreichen anderen Figuren in 2012 strapazieren doch gehörig. Hinzu kommen Lücken in der Geschichte, amerikanischer Nationalpatriotismus und übertriebene Heldenzeichnungen. Auch der Grund für die Katastrophen auf der Erde wird zu wenig beleuchtet, ebenso wie die zugrunde liegende Legende der Mayas, die für 2012 den Weltuntergang voraussagte.

Fazit: Unterhaltsamer Endzeit-Film, der allerdings viel zu viele Fragen offen lässt und zu oft einfach nur peinlich ist. Auch das versöhnliche Ende mit „es wird alles wieder gut und wir bevölkern die Erde neu“ ist schwach. 4 von 10 Punkten.


Plant die Evakuierung: Carl Anheuser.

Dr. Adrian Helmsley in der Air Force One mit der Tochter des US-Präsidenten.

Bleibt trotz Gefahr in Washington: Präsident Wilson.
Johannes Michel, 23. November 2009. Bilder: Sony.

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