Knapp ein Vierteljahrhundert nach der ersten Folge hat die britische Kultsitcom Absolutely Fabulous ihren Weg auf die große Leinwand gefunden. Der Film zur Serie über die Abenteuer der beiden hemmungslos hedonistischen PR-Tanten Eddy und Patsy startet diese Woche auch in den deutschen Kinos…
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Absolutely Fabulous – Der Film (Absolutely Fabulous – The Movie)
Komödie/Satire UK 2016. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 91 Minuten. Kinostart: 8. September 2016.
Mit: Jennifer Saunders, Joanna Lumley, Julia Sawalha, Jane Horrocks, June Whitfield, Indeyarna Donaldson-Holness, Robert Webb, Chris Colfer, Lulu, Kate Moss, Marcia Warren u.v.a. Regie: Mandie Fletcher. Drehbuch: Jennifer Saunders. Nach der Serie von Jennifer Saunders und Dawn French.
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„Gut zu leben ist die beste Rache!“
Das zügellose Lotterleben der selbstsüchtigen, unreifen PR-Unternehmerin Edina „Eddy“ Monsoon (Jennifer Saunders) und ihrer besten Freundin, der Alkohol, Nikotin und junge Männer verschleißenden Mode-Redakteurin Patsy Stone (Joanna Lumley) scheint jäh zu enden. Denn Eddy hat kein Geld mehr. Zu allem Überfluss kündigt ihr zweiter Ex-Ehemann Marshall (Christopher Ryan) an, das aufwändig renovierte Haus nicht weiter abzubezahlen. Doch irgendwie muss Geld her! Als Eddy zufällig erfährt, dass Supermodel Kate Moss (Kate Moss) ihre PR-Agentur wechseln möchte, will die erfolglose Möchtegern-Trendsetterin die Gelegenheit beim Schopfe packen und sich diesen potenzialträchtigen Kunden sichern. Doch im Eifer des Gefechts wird Kate bei einerm Fashon-Event vom Balkon in die Themse gestürzt und für tot gehalten. Eddy und Patsy werden als Mordverdächtige von Polizist Nick, dem neuen Freund von Eddys verantwortungsvoller und biederer Tochter Saffy (Julia Sawalha) befragt. Mit Saffys 13jähriger Tochter Lola (Indeyarna Donaldson-Holness) im Schlepptau fliehen die beiden Ladies außer Landes, direkt an die Riviera in Südfrankreich. Dort wollen Eddy und Patsy ein neues Leben beginnen sowie einen reichen Mann zur finanziellen Absicherung finden…
Eddy und Patsy geraten in Schwierigkeiten
Alles begann 1990 mit einem Sketch namens „Modern Mother And Daughter“ in der britischen Comedy-Reihe French & Saunders, benannt nach den Hauptdarstellerinnen Dawn French (Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia) und Jennifer Saunders (Shrek 2). Daraus entwickelte Saunders schließlich ihr Meisterstück, die langlebige Sitcom Absolutely Fabulous. Mit Unterbrechungen lief die Serie von 1992 und 2012, mit fünf regulären Staffeln und gut einem halben Dutzend Specials. Nach langem kreativen Prozess kündigte Saunders, die nicht nur die Hauptrolle der Edina „Eddy“ Monsoon spielt, sondern auch alle Drehbücher selbst verfasste, schließlich eine Filmversion an. Nach zwei Monaten Dreharbeiten in England und Südfrankreich von Oktober bis Dezember 2015 premierte Absolutely Fabulous – Der Film im Sommer auf der Insel und läuft nun auch auf deutschen Kinoleinwänden.
„Ab Fab“, so die Kurzbezeichnung der Kultserie, spielt in der Welt der Reichen und Schönen, der Modeschaffenden und ihrer Entourages, der Londoner High Society und Promi-Szene. Hier lebt und arbeitet (gelegentlich) Eddy Monsoon, die über ihre eigene PR-Agentur Celebrities wie Emma Bunton (früher Spice Girls) und Sängerin Lulu (bekannt etwa für den Titelsong zum Bond-Film Der Mann mit dem Goldenen Colt) betreut, wobei die wirkliche Arbeit nicht von Eddy, sondern von ihrer intellektuell beschränkten und immer grellbunt gekleideten Assistentin Bubble (Jane Horrocks), die in ihrer eigenen Welt zu leben scheint, getan wird. Immer an Eddys Seite, die kettenrauchende und dauertrinkende Patsy Stone, die zwar pro Forma ein Modemagazin herausgibt, aber selten wirklich etwas damit zu tun hat. Doch auch Eddy ist kein Kind von Traurigkeit. Wenn sie nicht gerade die x-te erfolglose Diät macht oder mit wechselnden, zweifelhaften Methoden sich selbst zu finden sucht, sind die beiden Damen was Party machen und diverse Substanzen zu konsumieren angeht unzertrennlich. Im Grunde stecken die langjährigen besten Freundinnen immer noch in der Hippie-Zeit fest. Den krassen Gegensatz verkörpert Eddys Tochter Saffron „Saffy“ Monsoon (zu Beginn der Serie 16, im Film ca. 40 Jahre alt), die zwar recht bieder und langweilig wirkt, aber schon immer reif und verantwortungsvoll agierte, auch wenn ihre Ehe mit einem afrikanischen Prinzen, aus der Tochter Lola hervorging, gescheitert ist. Das Monsoon-Damen-Trio komplettiert die von June Whitfield gespielte Großmutter, die zwischen naiver Neugier und Senilität schwankt.
Diese fünf „Hauptfiguren“ (kurioserweise alle von Schauspielerinnen dargestellt, deren Vornamen mit einem „J“ beginnen) stehen auch in der Kino-Adaption der im Vereinigten Königreich beliebten Britcom im Mittelpunkt, wobei die mittlerweile 90jährige (!) June Whitfield als Oma Monsoon diesmal verständlicherweise keine so große Rolle spielt. Dafür sind aber die altbekannten Stars aus Mode und Fernsehen, die sich in gewohnter Manier die Klinke in die Hand geben auch zahlreich vorhanden. Neben den bereits genannten üblichen Verdächtigen sind es im Film über 50 Personen, von Gwendoline Christie (Game Of Thrones) über Jon Hamm (Mad Men) bis zu Rebel Wilson (Pitch Perfect).
Wie es für eine Leinwandversion einer erfolgreichen Serie gehört ist hier alles ein wenig größer und bunter. Aber Absolutely Fabulous bleibt sich auch in diesem „Zelluloid-Fatsuit“ treu und zelebriert einen wunderbaren bissigen, zeitweise bitterbösen Abgesang auf die egomanische und überaus dekadente Welt der Mode und Medien. Auch ohne die gewohnten Lacher des Live-Publikums zünden die Gags und zu kaum einer Zeit wird der Anschein erweckt, man wolle sich hier an neue Zuschauer anbiedern und ihnen den ganzen Rummel zu erklären versuchen. „Ab Fab – The Movie“ ist die vielleicht beste Kinofilm-Adaption einer britischen Fernsehserie seit langem. Da lässt es sich auch verschmerzen, dass der Film schon wieder zu Ende geht als der Plot gerade richtig ins Rollen gekommen ist.
Fazit: „Ab Fab“ funktioniert mit seiner bissigen Satire auf die Eitel- und Oberflächlichkeiten der Mode- und Promiwelt auch ohne Live-Publikumslacher als Kinofilm, obgleich man aus der Geschichte inhaltlich ein wenig mehr hätte herausholen können. 8 von 10 Punkten.
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Sängerin Lulu und „Modeikone“ Bubble
„Pat“ Stone auf Brautschau
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Marius Joa, 7. September 2016. Bilder: Fox Searchlight.
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