Zuletzt schwächelten die Filme des „Marvel Cinematic Universe“ wieder etwas. In Phase 1 konnte das große Finale Avengers diese Scharte auswetzen. Doch wie verhält es sich mit Avengers: Age Of Ultron, dem zweiten Zusammentreffen der mächtigen Heldentruppe?
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Marvel’s The Avengers: Age Of Ultron
Comic-Adaption/Actionfilm USA 2015. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 142 Minuten. Kinostart: 23. April 2015.
Mit: Robert Downey Jr., Chris Evans, Mark Ruffalo, Chris Hemsworth, Scarlet Johansson, Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, Aaron Taylor-Johnson, Cobie Smulders, Linda Cardellini, Paul Bettany, Don Cheadle, Claudia Kim, Thomas Kretschmann, Samuel L. Jackson u.v.a. Drehbuch und Regie: Joss Whedon
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Age Of Overkill
Gemeinsam gelingt es den Avengers, eine Basis der Terror-Organisation HYDRA unter Baron von Strucker (Thomas Kretschmann) zu zerstören. Die agilen Recken treffen dabei aber auch auf das gefährliche Zwillingspaar Pietro „Quicksilver“ Maximoff (Aaron Taylor-Johnson) und Wanda Maximoff alias Scarlet Witch (Elizabeth Olsen). Die grenzenlose Energiequelle des erbeuteten Zepters von Loki möchte Tony „Iron Man“ Stark (Robert Downey Jr.) nutzen, um gemeinsam mit seinem Wissenschaftler-Kollegen Bruce „Hulk“ Banner (Mark Ruffalo) ein intelligentes Programm zur Friedenssicherung zu erschaffen. Doch das Experiment geht gehörig schief. Die künstliche Intelligenz namens Ultron (Original-Stimme: James Spader) entwickelt ein wahnsinniges Eigenleben inklusive der Schlussfolgerung, dass es Frieden auf Erden nur durch die Vernichtung der Menschheit gibt. Iron Man, Captain America (Chris Evans), Thor (Chris Hemsworth), Hulk, Black Widow (Scarlet Johansson) und Hawkeye (Jeremy Renner) haben es nun mit einem übermächtigen Gegner zu tun, der das Internet und sämtliche Maschinen zu kontrollieren vermag…
Clint Barton alias Hawkeye
Nach der gelungenen und temporeichen Superheldenzusammenkunft Avengers (2012) wünschte sich Autor und Regisseur Joss Whedon (Firefly, Serenity, Viel Lärm um Nichts) eine „kleinere“ und „persönliche“ Fortsetzung. Der Wunsch blieb leider Vater des Gedanken. Denn das in Phase 2 des Kinouniversums aus der Comicschmiede Marvel beheimatete Sequel macht genau das falsch, was auch bei allen anderen Blockbuster-Fortsetzungen schief läuft. Age Of Ultron besteht nämlich überwiegend aus immer irrsinnigeren, unübersichtlicheren und im Verlauf nur noch ermüdenden Actionszenen. Der erwartete nächste Höhepunkt des Filmreihe entpuppt sich leider als Tiefpunkt.
Nüchtern und etwas zynisch betrachtet ist Avengers: Age Of Ultron der perfekte Blockbuster für das 21. Jahrhundert, verfügt er doch über alle drei „wichtigen“ Grundbestandteile des Formats und davon jeweils mehr als reichlich: dolle Action, dolle Computereffekte und dolle Stars. Wer als Zuschauer so nebensächliche Dinge wie eine ausgewogene Story, tiefgreifene Charaktere und eine stringende Handlung erleben will, ist selbst Schuld wenn er sich für 13 bis 15 € (oder mehr?) diesen in 3D konvertierten, hohlen Streifen ansieht. Wer braucht schon dreidimensionale Figuren wenn die Bilder so ähnlich aussehen?
Dass sich Mastermind Joss Whedon, der für eigenwillige Serien wie Firefly bekannt wurde, irgendwann in diesen kommerziellen Größenwahn ergeben würde, war nur eine Frage der Zeit. Schließlich glänzt auch die von ihm mitentwickelte Marvel-Serie Agents Of S.H.I.E.L.D. nicht gerade durch Innovation. Whedons Handschrift erkennt man allenfalls an den teilweise witzigen Dialogen, die aber im Endeffekt fast nur auf knackig-oberflächliche Oneliner hinauslaufen. Der restliche Film wirkt als hätten ihn die Explosionsgurus Michael Bay (Transformers) und McG (Terminator: Die Erlösung) inszeniert.
Wie überaus aufallend das „MCU“ sich wieder selbst als sexistische Macho-Veranstaltung auch in „Avengers 2“ zelebriert (der einzige Film mit einer Heldin, Captain Marvel, ist für 2018 geplant). Die Damen der Schöpfung werden als Kampfmieze/Love Interest (Black Widow), Stichwortgeberin (Agent Maria Hill) und Handlungs-Gimmick (Scarlet Witch) verheizt. Tony Starks Vertraute Pepper Potts und Thors Wissenschaftler-Geliebte Jane Foster haben in dieser Testosteron-Oper gar keinen Platz. Aber auch bei den etablierten (sprich langweiligen oder langweilig gewordenen) männlichen Hauptfiguren bleibt man nur an der Oberfläche, trotz halbherziger Versuche aus der mannigfaltigen Truppe eine heterogene Mega-WG mit coolen Sprüchen zu machen.
Vielleicht würde die überbordende Zerstörungsorgie weniger anöden, wenn die Szenen dazwischen nicht so aufgesetzt und hingeschludert wirkten. Natasha „Black Widow“ Romanov und der sich unter entsprechenden Umständen in ein grünes Wutmonster verwandelnde Bruce Banner bekommen noch schnell eine Pseudo-Liebesgeschichte spendiert, die wahrscheinlich den Marketing-Zweck erfüllen soll, auch den weiblichen Zuschauern etwas zu bieten. Die übrigen Neben-Helden wie War Machine (Don Cheadle) oder Falcon (Anthony Mackie) dürfen ab und zu mal ein wenig mitspielen. Hauptsache sie treiben die Handlung Action voran und man muss sich ansonsten nicht wirklich mit ihnen beschäftigen. Dazu noch eine Party mit „Avengers & Friends“ und fertig ist der Superhelden-Mega-Burger mit gaaaanz viel Fleisch und möglichst wenig anderem.
Man kann es Joss Whedon beileibe nicht verübeln, dass er sich nach Age Of Ultron aus dem „MCU“ zurückzieht, bevor das übermächtige Studio mit dem roten Logo ihm noch den letzten Funken kreative Seele aussaugt. Sollen sich doch andere für den noch kommenden Blödbuster-Wahnsinn verheizen lassen. Drehbücher werden ohnehin nicht mehr benötigt, sondern lediglich detaillierte Storyboards für die ausufernden Actionsequenzen.
Fazit: „Avengers 2“ ermüdet den Zuschauer mit seiner Anhäufung völlig überzogener Actionszenen, die nur von unmotiviert eingeschobener Pseudohandlung unterbrochen werden. 3 von 10 Punkten.
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Die Zwillinge Quicksilver und Scarlet Witch
Die Avengers müssen gemeinsam kämpfen.
Marius Joa, 26. April 2015. Bilder: Disney/Marvel Studios.
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Empfehlung
Der aktuell beste Superheldenfilm
Birdman (9/10)
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