Berberian Sound Studio

Vom 14. bis 17. März 2013 fand in Würzburg zum 39. Mal das Internationale Filmwochenende statt. Einer der Beiträge war Berberian Sound Studio, in welchem ein britischer Geräuschemacher einen italienischen Horrorfilm vertonen soll.

 

 

8-10Berberian Sound Studio
Psychothriller/Experimentalfilm UK 2012. 92 Minuten. Original mit deutschen Untertiteln. Kinostart: 13. Juni 2013.
Mit: Toby Jones, Cosimo Fusco, Antonio Mancino, Tonia Sotiropoulou u.v.a. Drehbuch und Regie: Peter Strickland.

 Berberrian Sound Studio_Poster

 

Neulich im Tonstudio

In den 1970er Jahren reist der britische Geräuschemacher Gilderoy (Toby Jones) nach Italien um einen Film des italienischen Regisseurs Santini (Antonio Mancino) zu vertonen. Im Tonstudio angekommen wird Gilderoy von Produzent Francesco (Cosimo Fusco) umschmeichelt, muss allerdings feststellen, dass es sich bei dem zu bearbeitenden Film „The Equestrian Vortex“ nicht wie vermutet, um einen Historienfilm sondern um ein Werk aus dem Genre „giallo“ (italienisches Thrillergenre um Mordserien an Frauen) handelt. Für den schüchternen Briten wird die Arbeit am Film immer merkwürdiger und die Bedingungen immer absurder…

Das Hauptthema des 39. Internationalen Filmwochenendes in der unterfränkischen Domstadt Würzburg ist Migration. Der Brite Peter Strickland, Regisseur und Autor des Filmbeitrags Berberian Sound Studio, lebt selbst seit Jahren in Osteuropa. In seinem zweiten Spielfilm schickt er einen britischen Tontechniker in die düstere Welt eines italienischen Tonstudios, in welchem gerade ein giallo-Film über ein verfluchtes Kloster vertont wird, das von den Geistern bestialisch ermordeter „Hexen“ heimgesucht wird. Für die Hauptfigur Gilderoy und auch den Zuschauer wird das Ganze nach und nach zu einem surrealen Trip, bei welchem die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion, Kunst und Künstler, Traum und Wirklich immer mehr verschwimmen. Die verstörende Atmosphäre wird besonders durch den Soundtrack der britischen Band Broadcast erzeugt.

Weil hier der Blick hinter die Kulissen und der langwierige Prozess der Nachbearbeitung im Vordergrund stehen, bekommt man den Film im Film bis auf den Vorspann nicht zu Gesicht. Typisch für italienisches Kino entsteht hier der komplette Ton eines Films nicht beim Drehen, sondern erst hinterher im Studio. Diverse Frauen sprechen die Dialoge ein, schreien sich die Seele aus dem Leib ins Mikro hinein, um dann doch wieder ersetzt zu werden, weil sie dem Regisseur nicht „gefallen“.

Um die schaurigsten Folter- und Mordmethoden zu vertonen, werden verschiedene Sorten von Gemüse (!) zerhackt, zerschnitten, auf den Boden geworfen und schließlich gekocht. Diese Gegenüberstellung von Ursache und Wirkung verleiht dem Film einen besonders absurden Humor. Da wird aus dem „Berberian“ im Titel eher ein „Barbarian“. Im anschließenden Regie-Gespräch nach der Kinovorstellung gibt Regisseur Strickland übrigens zu, dass die Gemüse-Toneffekte in der Postproduktion in Wirklichkeit durch Fleisch-Bearbeitung erzeugt wurden.

Fazit: Ein surrealer Tonstudio-Trip, bei dem sich vor allem die Hauptfigur im falschen Film wähnt. 8 von 10 Punkten.

 

Marius Joa, 17. März 2013. Bilder: Illuminations Films/Warp X.

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