Blood Diamond

Mit fünf Nominierungen (in verschiedenen Kategorien!) ist „Blood Diamond“ bei der diesjährigen Verleihung der Academy Awards ganz vorn dabei. Lena Stadelmann hat sich den neuesten Film von Edward Zwick angesehen.

Blood Diamond
Thriller, USA 2006. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 143 Minuten.
Mit: Leonardo DiCaprio, Djimon Hounsou, Jennifer Connelly, Arnold Vosloo, Kagiso Kuypers, Michael Sheen, Stephen Collins u.a. Regie: Edward Zwick

„DIA – Das ist Afrika!“

Das ist der zynische Ausspruch, mit dem Bestechung, Illoyalität, Rebellenübergriffe und Schmuggel, kurz: sämtliche illegalen Tätigkeiten gerechtfertigt werden, zumindest 1998 in Sierra Leone. Es herrscht Bürgerkrieg, Rebellen plündern Dörfer und massakrieren wahllos die Bewohner, darunter das Dorf des Fischers Solomon Vandy (Djimon Hounsou). Zwar kommt Solomon mit dem Leben davon, doch er wird von seiner Familie getrennt und muss als Sklave auf den Diamantenfeldern arbeiten. Dort findet er eines Tages einen vogeleigroßen Diamanten und versucht, ihn entgegen jeder Logik und den Regeln der Rebellen an den Aufsehern vorbeizuschmuggeln, um mithilfe des Diamanten seine Familie zu befreien. Doch kurz nachdem er den Diamanten vergraben hat, stürmen Regierungssoldaten die Felder und bringen sowohl die Rebellen als auch die Sklaven ins Gefängnis. Hier erfährt der Ex-Söldner Danny Archer (Leonardo DiCaprio), der wegen Diamantenschmuggels einsitzt, von dem riesigen Diamanten und bietet Solomon einen Deal an: Archer hilft ihm, seine Familie wieder zu finden und ihm beim Verkauf des Diamanten zu helfen, im Gegenzug erhält er einen nicht unerheblichen Anteil des Gewinns. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zu den Diamantenfeldern, doch die anhaltenden gewalttätigen Übergriffe der Rebellen machen ihr Vorhaben nicht unbedingt leichter, so dass Archer letztendlich auf die Hilfe der Journalistin Maddy Bowen (Jennifer Connelly) angewiesen ist, die die beiden in Presse-Fahr- und Flugzeugen mitnimmt, dafür aber eine exklusive Enthüllungsstory von Archer über die Machenschaften der Diamantenindustrie will.

Solomon (Djimon Housou) und Archer (Leonardo DiCaprio) in der Weite Afrikas.

In „Blood Diamond“ zeichnet Edward Zwick („Legenden der Leidenschaft“, „Last Samurai„) ein detailreiches Bild der Probleme Afrikas, manchmal fast schon zu detailreich: Bürgerkrieg, Sklavenarbeit, Diamantenschmuggel, Kindersoldaten … der Film wirkt teilweise einfach überladen. Zuviel muss erklärt werden, zuviel will auch Edward Zwick in aller Deutlichkeit zeigen, so zum Beispiel die „Ausbildung“ von Solomons Sohn Dia zum Kindersoldaten, nachdem ihn die Rebellen aufgegriffen haben. Es sind zweifellos alles Themen, die angesprochen werden müssen, auch weil zum Großteil (wie ja auch der Film plausibel macht) ein Problem zum nächsten führt. Dennoch liegt darin der Grund, weshalb der Film in der ersten Hälfte einige Längen hat, es werden zu viele Erzählstränge aufgebaut und die Spannung flaut (für einen Thriller) doch des Öfteren ab.

Das ist jedoch das einzig zu kritisierende, alle anderen Komponenten sind stimmig und teilweise überragend. Zwick zeigt Gewalt in ihrer brutalsten Form, ohne dabei die üblichen Ströme an Kunstblut einzusetzen. Fast scheint es, als ob dadurch alles noch grausamer wird, das Töten wird zur Alltäglichkeit, zum Spiel: Waffe anlegen, Schuss, ein Mensch liegt am Boden. Das einzige Motiv, das zum Synonym für Blut wird und stattdessen in die Kamera spritzt, ist die rote Erde, das Symbol für Afrika. Zwischen all die schockierende Gewalt in beinahe jeder Situation schneidet Zwick betörend schöne Landschaftsbilder von Afrika, grün bewaldete Hügel, saftige Wiesen und Sonnenuntergänge im Panoramaformat, die die anarchistische Brutalität noch sinnloser erscheinen lassen.

Passend dazu ist auch die Filmmusik von James Newton Howard konzipiert: elegische Instrumentalstücke, die mit rhythmischem Trommeln unterlegt sind, wechseln sich ab mit aufdringlichen Rap-Songs zur Untermalung der Rebellenszenen und folkloristisch anmutenden Liedern, die die wenigen friedlichen Szenen in der Hauptstadt Freetown begleiten.

Absolut herausragend sind jedoch die beiden Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio und Djimon Hounsou, der zwar für einen Oscar in der Kategorie bester Nebendarsteller nominiert ist, was aber nur damit zu erklären sein kann, dass DiCaprio in der Kategorie bester Hauptdarsteller nominiert ist und die Academy wohl beiden eine Auszeichnung zugestehen will. Im Film kann nämlich keine Abstufung zwischen den beiden hergestellt werden, sie tragen ihn gemeinsam. Beide zeigen eine unglaubliche Wandlungsfähigkeit innerhalb des Films, Hounsou („Amistad“, „Gladiator“) als verzweifelter Familienvater Solomon, der seine Familie aus dem Flüchtlingslager und seinen Sohn aus den Fängen der Rebellen retten will und nur in dieser Verzweiflung ein einziges mal gewalttätig wird, jedoch nicht kühl und berechnend, wie den ganzen Film über getötet wird, sondern beinahe animalisch. Ebenso DiCaprio, der charmant den Schmuggler verkörpert, aber in Extremsituationen den kalkulierenden und brutalen Ex-Söldner zeigt, der seit seiner Kindheit in einer Welt voller Gewalt aufgewachsen ist. Der stärkste Teil des Films ist das letzte Drittel, in dem hauptsächlich nur diese beiden interagieren und das in einer Intensität, die ihresgleichen sucht.

Angenehm unaufdringlich ist dagegen die Beziehung zwischen Archer und der Journalistin Maddy gehalten, die sich hauptsächlich in zynischen Dialogen abspielt und bis auf eine Szene am Schluss eigentlich keine weibliche Figur erfordert. Connellys Darstellung fällt zwar gegen die der Protagonisten etwas ab, ist aber solide und authentisch und passt sich so gut in den gesamten Film ein.

Fazit: Schockierender und berührender Thriller, der Probleme anspricht, die in Europa oft zu gern übersehen werden. 8 von 10 Punkten.


Solomon kämpft verzweifelt um seinen Sohn.

Zwischen Archer und Maddy (Jennifer Connelly) bahnt sich etwas an.

Archer und Solomon auf der Flucht vor den Rebellen.
Lena Stadelmann, 13. Februar 2007. Bilder: Warner


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