Zum Endspurt des diesjährigen Horroctobers gibt es heute einen ganz aktuellen Film, der seit Donnerstag in den deutschen Kinos läuft. In Bodies Bodies Bodies von Regisseurin Halina Reijn gerät eine Party mit Mord-im-Dunkeln-Spiel gehörig außer Kontrolle.
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Bodies Bodies Bodies
Horrorthriller USA 2022. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 95 Minuten. Kinostart: 27. Oktober 2022.
Mit: Amandla Stenberg, Maria Bakalova, Myha’la Herrold, Rachel Sennott, Chase Sui Wonders, Pete Davidson, Lee Pace u.a. Drehbuch: Sarah DeLappe. Regie: Halina Reijn.
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Sieben kleine Partygäste
Seit kurzem ist Sophie (Amandla Stenberg), die nach einem erfolgreichen Entzug die Finger von Alkohol und Drogen lassen will, mit Bee (Maria Bakalova) zusammen. Die beiden tauchen sehr zur Überraschung der anderen Gäste bei der Hurricane-Party von Sophies bestem Freund David (Pete Davidson) auf, welche dieser im großzügigen Anwesen seiner verreisten Eltern veranstaltet. Außerdem sind Podcasterin Alice (Rachel Sennott) mit ihrem viel älteren Liebhaber Greg (Lee Pace), Davids Freundin, die Schauspielerin Emma (Chase Sui Wonders) und die sportliche Jordan (Myha’la Herrold) zu Gast. Als der Hurrikan beginnt zieht sich die Partygesellschaft ins Haus zurück und beginnen ausgelassen mit lauter Musik, Alkohol und Drogen zu feiern. Sophie schlägt vor Bodies Bodies Bodies zu spielen. Doch schon bald wird aus dem Mörder-im-Dunkeln-Spiel blutiger Ernst, als in Folge des Sturms der Strom ausfällt und eine echte Leiche gefunden wird…
Die Niederländerin Halina Reijn (geboren 1975) war seit den 1990ern ausschließlich als Schauspielerin tätig, unter anderem in Black Book (2006) von Paul Verhoeven und Operation Walküre (2008) von Bryan Singer, jeweils gemeinsam mit ihrer besten Freundin Carice van Houten (Game of Thrones), bevor sie im Verlauf der 2010er Jahre begann als Autorin, Produzentin und Regisseurin zu arbeiten. Reijns Regie-Debüt Instinct, über eine von van Houten gespielte Psychologin, welche sich in einen Sexualstraftäter verliebt, erschien 2019. 2020 folgte die von Reijn und van Houten geschaffene, im Rotlichtmillieu angesiedelte Krimiserie Red Light. Bodies Bodies Bodies ist das englischsprachige Debüt der Filmemacherin.
Sogenannte „Mord-im Dunkel“-Spiele (wie etwa Die Werwölfe vom Düsterwald) erfreuen sich schon seit Langem großer Beliebtheit auf Geburtstagsfeiern und anderen Parties. Dabei wird per Los ein Mitspieler als „Mörder“ ausgewählt, der im Dunkeln seine Opfer antippt, worauf diese sich dann leblos auf den Boden legen müssen. Sobald die erste „Leiche“ gefunden wird versuchen alle Gäste oder einer als „Detektiv“ ausgeloster, einzelner Gast herauszufinden, wer der Täter ist. Ein solches Szenario eignet sich natürlich perfekt als Aufhänger für einen Whodunit-Krimi oder Slasher, in welchem aus dem Spiel bitterer Ernst für die Figuren wird. Das Konzept von Bodies Bodies Bodies erscheint daher nicht wirklich neu, doch verpassen Drehbuchautorin Sarah DeLappe und Halina Reijn dem Ganzen einen modernen Anstrich, in Form einer Mischung aus Survival-Thriller und Satire auf die Generation Z, welche die Geburtsjahrgänge 1995 bis 2010 umfasst (oder auch 1997 bis 2012) und deren Mitglieder auch als Post-Millenials bezeichnet werden.
Dafür fährt der Film ein Ensemble aus angesagten Jungstars auf: Amandla Stenberg (Die Tribute von Panem, The Hate U Give), Maria Bakalova (Borat: Anschluss Moviefilm, The Bubble [2022]), Rachel Sennott (Shiva Baby) und Pete Davidson (The King of Staten Island, The Suicide Squad [2021]), Markenzeichen Augenringe. Den Altersdurchschnitt hebt der 44jährige Lee Pace (Pushing Daisies, The Fall [2006], Hobbit-Trilogie) etwas an. Mit Ausnahme von Bakalovas Bee, welche im Gegensatz zu den anderen Gästen nicht aus gut betuchtem Elternhaus kommt, daher als Außenseiterin fungiert und aus deren Sicht die Geschichte über weite Strecken erzählt wird, erweisen sich alle anderen Figuren als unsympathische, verzogene „rich kids“, für die man als Zuschauer*in wenig Sympathien empfindet.
Dass die ganze Angelegenheit dann doch sehr spannend bleibt liegt vor allem am Setting, dessen Beschränkungen und Auswirkungen konsequent durchgezogen werden. Ein Großteil des Films spielt in nur von Mobiltelefonen, Taschenlampen und Knicklichtern erhellter Dunkelheit, wodurch auch das Publikum nie mehr sehen kann als die handelnden Personen. Kameramann Jasper Wolf (Monos – Zwischen Himmel und Hölle) musste die Darsteller*innen daher instruieren, die Beleuchtung richtig zu gestalten, was aber sehr gut gelang. Mindestens genauso spannend erweist sich die Dynamik der Charaktere untereinander als sich das Szenario immer mehr zuspitzt. Denn anstatt sich gegen die unbekannte Bedrohung zusammen zu tun kommen in der Extremsituation nicht nur die schlechten Eigenschaften zu Tage, sondern entladen sich auch diverse aufgestaute Konflikte und die Figuren werfen mit Anschuldigungen um sich. Das wirkt bisweilen auch bei den Performances etwas überzogen entbehrt aber nicht eines gewissen Unterhaltungswertes. Sicherlich auch weil man als Normalsterblicher, der nicht aus reichem Haus kommt sich den teils egoistisch-narzisstischen Figuren überlegen fühlt. Doch kann ich als Angehöriger der Generation Y nicht beurteilen wie die Post-Millenials genauso auf den Film und seine fast beiläufig präsentierte, absrude Auflösung reagieren.
Fazit: Spannende, bisweilen etwas überzogene Mixtur aus Slasher und Satire über verzogene „rich kids“. 7 von 10 Punkten.
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Partystimmung am Pool
Greg und Gastgeber David
Überlebenskampf der Girls
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Marius Joa, 30. Oktober 2022. Bilder: Sony.
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