Cosmodrama

Sieben Menschen, ein Affe und ein Hund. Sie alle befinden sich auf einer Weltraum-Mission ins Ungewisse, im philosophisch-ironischen Scifi-Kammerspiel Cosmodrama, das ebenfalls auf dem 43. Internationalen Filmwochenede in Würzburg gezeigt wurde.

8-10Cosmodrama
Science-Fiction-Film/Satire Frankreich 2015. 113 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Jackie Berroyer, Bernard Blancan, Emilia Derou-Bernal, Ortès Holz, Serge Larrivière, Sascha Ley, Emmanuel Moynot u.a. Drehbuch und Regie: Philippe Fernandez.

 

Cosmodrama_Poster

 

2015 – Odyssee ins Ungewisse

Irgendwo in den Weiten des Weltalls. Auf einem Raumschiff erwachen sieben Personen aus dem Kälteschlaf. Anscheinend haben sie sehr lange geschlafen, denn keiner der Reisenden kann sich daran erinnern, woher sie kommen oder wie die Mission aussieht. Nach und nach entdecken die Menschen ihre jeweiligen Aufgaben. Die Besatzung des Raumschiffes besteht aus einem Reporter (Bernard Blancan), einem Astrophysiker (Jackie Berroyer), einer Biologin (Sascha Ley), einer Ärztin ( Emilia Derou-Bernal), einem Semiologen und Musiker ( Ortès Holz) sowie einem Psychologen ( Emmanuel Moynot) und einem Mann in orangem Overall (Serge Larrivière), der als Servicekraft für Nahrungsausgabe und Putzen zuständig ist. Gemeinsam versucht die heterogene Truppe der Frage nachzugehen, warum sie hier sind. Während der Astronom bei der Erforschung neue Erkenntnisse gewinnt und der Reporter diese Theorien mit der Kamera dokumentiert, beginnt ausgerechnet der Psychologie allmählich daran zu verzweifeln, dass neue Antworten nur unzählige weitere Fragen nach sich ziehen und die Frage nach dem Sinn des Ganzen weiter offenbleibt…

Cosmodrama_Orientierung Desorientierte Raumfahrer

Französischer Film auf dem Festival, dem 43. Internationalen Filmwochenende in Würzburg, die dritte. Nach einem Abstecher in den Zirkus sowie in die kleine Welt einer Sozialphobikerin schickt mich (und die anderen 35 Zuschauer im ausverkauften kleinen Kinosaal 3 des Central im Bürgerbräu) Cosmodrama auf eine kuriose (und gändigerweise englisch untertitelte) Reise ins All. Die zweite Regie-Arbeit von Philippe Fernandez (geboren 1958) lässt sich am besten folgendermaßen beschreiben: eine kuriose Mischung aus Kubricks Weltraum-Epos 2001: Odyssee im Weltraum (1968), Carpenters Low-Budget-Parodie Dark Star (1974), der deutschen SciFi-Serie Raumpatrouille Orion (1966) sowie der Episode Mission ohne Gedächtnis von Star Trek: The Next Generation (1992; Staffel 5, Folge 14).

Die in satten Farbtönen gehaltene Innenarchitektur des Raumschiffes mit seinen pfirsichfarbenen, blauvioletten Korridoren und Räumen mit den funktional designten Möbeln wirkt als wäre die leider kurzlebige Science-Fiction-Serie Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion nicht in den 1960ern in schwarzweiß, sondern ein Jahrzehnt später und in grellen Farben produziert worden. Generell wird beim Szenenbild und den Kostümen auf retrofuturistisches Design gesetzt. Die Zukunft wie man sie sich in den 1970ern vorgestellt hat in einem Film aus dem Jahre 2015. Da passt es auch wunderbar ins Bild, dass der von Bernard Blancan gespielte Reporter scheinbar Rollkragenpullover nach Art der Uniform-Shirts von Captain Kirk und Co trägt. In Anlehnung an die reale Geschichte der Raumfahrt sind auch ein Affe und ein Hund mit an Bord.

Cosmodrama liefert weniger einen interspatialen als vielmehr einen interdisziplinären Trip zwischen Astrophysik, Philosophie und Psychologie. Expandiert das Universum, nachdem es durch einen Urknall entstanden ist oder hat es schon immer in seiner jetzigen Form existiert? Ist die Wahrscheinlichkeit, dass es noch weiteres intelligentes Leben irgendwo im All gibt wirklich so astronomisch gering? Diese und andere Fragestellungen werden in den Raum geworfen und diskutiert. Damit es nicht langweilig wird, erleben die Kosmonauten zwischenzeitlich merkwürdige Phänomene, vor allem in Form eines eigenartigen „Doppler-Effekts“, was natürlich auch für absurd-komische Situationen sorgt. Musikalisch untermalt wird das von psychedelischen Synthie-Orgel-Klängen, die zum Teil „live“ vom Semiologen (der wie Elektronikguru aussieht) performt werden und unaufgeregter Vibraphon-Fahrstuhlmusik. Mit seinen zum großen Teil erfahrenen, aber unverbrauchten Schauspielern taugt der Film sicherlich auch als intelligente Variante des aktuellen SciFi-Blockbuster Passengers.

Fazit: Am Ende von Cosmodrama sind weder die Personen des Films noch die Zuschauer wirklich schlauer, aber zumindest letztere um die Erfahrung einer knapp zweistündigen, entschleunigt-absurden Weltraumfahrt mit retrofuturistischem Design, philosopischen Fragen und schrulligen Charakteren reicher. 8 von 10 Punkten.

Cosmodrama_Musik
Der Semiologe greift in die Tasten…

Cosmodrama_Lounge
…und es wird getanzt
Cosmodrama_Psychologe
Sigmund Freuds Erbe verzweifelt langsam

Marius Joa, 29. Januar 2017. Bilder: Atopic Films.

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