Coup (2019)

Ein kurioser Bankraub, ungeschönte 80er-Ästhetik, Luxus Down Under und ein entspannter Erzähler. Das alles und mehr gibt es in Coup von Regisseur Sven O. Hill, gezeigt und ausgezeichnet auf dem 46. Internationalen Filmwochenende in Würzburg.

Coup
Krimikomödie Deutschland 2019. 81 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Daniel Michel, Tomasz Robak, Paula Kalenberg, Laurens Walter, Kolja Wyrowski u.a. Drehbuch und Regie: Sven O. Hill

Bad Banker oder The German Bank Job

1988. Ein norddeutscher Bankangestellter (Daniel Michel), außerdem junger Familienvater und Motorrad-Rocker, hat die Idee für den perfekten Coup. Dank einer Lücke im System seines Arbeitgebers schafft er gemeinsam mit zwei Komplizen (Tomasz Robak, Kolja Wyrowski) zweieinhalb Millionen Mark beiseite, zahlt diese auf ein Konto in Luxemburg ein und flüchtet nach Australien, um dort in Saus und Braus zu leben. Seine Freundin (Paula Kalenberg) und der gemeinsame Sohn sollen baldmöglichst nachkommen. Doch die Lebensgefährtin weigert sich überraschend. Soll der „Bankräuber“ allein den Luxus am anderen Ende der Welt genießen oder in die Heimat zu Frau und Kind zurückkehrten, auf die Gefahr hn, dass er verhaftet wird?

 Gelangweilt vom Bank-Job

Das kuriose an der Geschichte von Coup: diese ist tatsächlich so – oder so ähnlich – passiert und zwar im Sommer 1988. Zwar hat Regisseur Sven O. Hill, der bisher überwiegend als Kameramann bei Dokumentationen agierte, die Story fiktional mit Schauspielern und gespielten Szenen adaptiert, doch der echte Täter von damals erzählt das Geschehene auf dem Off. Dessen typisch hanseatische, trocken-lässige Erzählungen und Kommentare sorgen für herrlich ironischen Charme mit einem Hauch Großstadtrevier.

Im Alltag pendelt der Protagonist zwischen zwei eigentlich nicht so vereinbaren Lebenswirklichkeiten. Zum einen die des fleißigen Bankers, der seine Arbeitszeit in einem Großraumbüro zubringt, und zum anderen die alternative Welt der Motorrad-Rocker. Nach der Arbeit in der Bank im Rocker-Outfit in den Club bis in die Puppen feiern, am nächsten Morgen kurz frischmachen, zurück in den Smoking und wieder zur Arbeit. Ein Doppelleben, welches man auf Dauer nur in jungen Jahren durchhält, so meine Vermutung. Und dennoch war dem jungen Mann dieses wilde Leben damals nicht genug.

Doch nicht nur die narrative Erdung spricht für Coup, sondern auch die generelle Machart. So lassen Hill (der neben nicht nur Regie führte und das Drehbuch schrieb, sondern auch für Kamera und Schnitt verantwortliche zeichnete) und sein Team in den Spielszenen mit wenig Budget und dennoch gekonnt Ästhetik sowie Feeling der 1980er Jahre aufleben, vor allem in dem von Rauch, Zigaretten, Alkohol und (zu später Stunde) Bierleichen vollen Clubraum. Wie der Regisseur beim Q&A nach der Vorstellung auf dem Filmwochenende verriet wurden Kulissen, Requisiten und Kostüme den Originalfotos stark nachempfunden. Als weitere Erzählform bietet der Film gelegentliche Zeichentricksequenzen, etwa zu Beginn als der „Ex-Bankräuber“ Stationen seiner Jugend Revue passieren lässt. Ein probates Mittel, um Szenen zu realisieren, die aufgrund der kargen finanziellen Mitteln sonst nicht machbar gewesen wären.

Bei einem kurzen Gespräch erklärte mir Sven O. Hill dass Coup voraussichtlich im Oktober diesen Jahres mit 30 Kopien in die Kinos kommen wird. Beim Publikumspreis des Würzburger Filmwochenendes erreichte sein Film den dritten Platz.

Fazit: Kuriose, lakonische Mischung aus hanseatisch-entschleunigtem Heist-Movie, Interview-Doku und Animationssequenzen, die einen ungewöhnlichen, aber wahren „Bankraub“ behandelt. 8 von 10 Punkten.

 


Rocker unter sich

Flug in der ersten Klasse

 

Marius Joa, 9. Februar. Bilder: Salto Film. Teaserlogo: Filmwochenende Würzburg.
Die Cloud wurde mit Wordart.com erstellt.

 


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